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"Eva Stories"
Holocaust-Gedenken auf Instagram

Es ist eine neue Form des Gedenkens an den Holocaust: Eine Instagram-Story soll die Geschichte eines 13-jährigen Mädchens namens Eva aus Ungarn erzählen, das 1944 im deutschen Vernichtungslager Auschwitz ermordet worden war. Mit "Eva Stories" wollen die Macher junge Menschen für das Thema sensibilisieren.

Von Tim Aßmann |
Die Werbung für ein neues Holocaust-Gedenkprojekt in Israel hängt an einer Wand. Auf dem digitalen Plakat steht auf Hebräisch: "Eva Stories. Wenn ein Mädchen während des Holocaust Instagram gehabt hätte".
"Eva Stories" - Neues Holocaust-Gedenken über Instagram (dpa / Robert Messer )
Das Mädchen mit den langen dunkelbraunen Locken, der Mütze und dem blauen Mantel steht in einem Park und filmt sich selbst.
Eine berühmte Reporterin wolle sie werden, erzählt die 13 Jahre alte Eva und sie lädt die Instagram-Nutzer dazu ein, ihre Geschichte zu verfolgen. Die Eva-Geschichten basieren auf den Tagebüchern der ungarischen Jüdin Eva Heyman, die von den Nazis in Auschwitz ermordet wurde. Die Verfilmung der Tagebücher für Instagram hat der israelische Hightech-Milliardär Mati Kochavi finanziert, der aus einer Familie von Holocaust-Überlebenden stammt.
"Die Idee entstand bei einem Gespräch darüber, wie die Erinnerung an den Holocaust wach gehalten werden kann. Das geht nicht nur mit Museen und Büchern, da muss der richtige Weg gefunden werden. Also dachten wir uns: "Okay, wo befinden sich alle? Welche sozialen Plattformen gibt es?" Und eine davon ist natürlich Instagram. Dort ist tagtäglich das Publikum, das uns interessiert. Aber es ist andere Inhalte gewohnt. Wir haben uns also überlegt, wie die Geschichte des Holocausts über diese Plattform vermittelt werden kann."
Alles mit dem Smartphone gefilmt
In insgesamt 70 kurzen Bildergeschichten wird das Schicksal von Eva Heyman vom Einmarsch der Wehrmacht in Ungarn bis zur Deportation nach Auschwitz erzählt. Die 13-Jährige wird von einer Schauspielerin dargestellt, die das Geschehen selbst filmt. Die Eva-Stories wurden komplett mit dem Smartphone aufgenommen. Gedreht wurde überwiegend in der Ukraine. Von der Aufmachung her erinnern die Filme zum Teil an Hollywood-Kino.
Die "Eva Stories" sind ein Versuch die Erinnerung an den Massenmord wach zu halten und junge Leute mit dem Thema zu erreichen. In Israel wo nun am nationalen Holocaust-Gedenktag an die Opfer der Shoah erinnert wird, gibt es bereits eine breite Diskussion darüber, wie dieses Gedenken künftig aussehen soll. Neue Wege der Vermittlung sind dringend nötig, glaubt die Soziologin Yifat Gutman von der Ben Gurion Universität in Beersheba.
"Bisher hatten die Zeitzeugen, als diejenigen, die vor Ort waren und mit eigenen Augen alles miterlebten, eine einzigartige Position. Augenzeugen haben eine moralische Autorität und Berechtigung. Die Aussagen der Holocaustüberlebenden flossen in die Forschung ein, aber vor allem prägten sie das Gedenken."
Die Zeitzeugen werden weniger und bald wird es niemanden geben, der so über den Massenmord berichten kann. Manche Museen und Gedenkstätten haben Hologramme produziert, in denen Holocaust-Überlebende ihre Geschichten erzählen. Können auch die "Eva Stories" auf Instagram ein Weg sein, um zu verhindern, dass die Erinnerung verblasst und vielleicht ganz verschwindet. Die Soziologin Yifat Gutmann klingt skeptisch.
"Dieses Projekt geht einen eigenen, nichtstaatlichen Weg und richtet sich direkt an die Jugendlichen mit ihren Worten und ihrer Bildsprache. Abzuwarten bleibt, ob wirkliches Interesse geweckt wird oder das Thema zusammen mit anderen Informationen einfach vorbei zieht."
Andere Zielgruppen bei Instagram erreichen
Zu oberflächlich, dem Thema nicht angemessen. Dieser Vorwurf gegen die "Eva Stories" wurde schon vor dem Start der Kurzgeschichten erhoben. Es geht uns darum Zielgruppen zu erreichen, die bisher nichts über den Holocaust wussten, sagt Regisseur und Produzent Mati Kochavi.
"Es ist oberflächlich und ist es auch wieder nicht. Es bietet ein sehr hohes Niveau an Intimität. Es setzt kein Vorwissen voraus. Es erzählt, als würde man nichts wissen."
Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem war an dem Projekt nicht beteiligt, findet den Ansatz soziale Medien in das Gedenken einzubinden im Grundsatz aber richtig. Mati Kochavi ließ auf haushohen Werbetafeln entlang der Tel Aviver Stadtautobahn für seine "Eva Stories" werben, die schon vor dem Start mehr als 360.000 Follower auf Instagram hatten. Großes Interesse ist den Geschichten also sicher, ob sie nachhaltig das Bewusstsein schärfen und an die Schrecken des Holocaust erinnern können, muss sich noch zeigen.