Grundrechtsverwirkung
Ex-Bundestagspräsident Thierse begrüßt Petition gegen AfD-Politiker Höcke

Der ehemalige Bundestagspräsident Thierse hat eine Petition begrüßt, die einen Entzug der Grundrechte des Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Höcke erwirken will. Dieser sei eine Gefahr für die Demokratie.

    Björn Höcke, AfD-Fraktionschef in Thüringen.
    Björn Höcke, AfD-Fraktionschef im Thüringer Landtag, (picture alliance / dpa / Martin Schutt)
    Thierse sagte im Deutschlandfunk, das Instrument der Grundrechtsverwirkung sei in der Verfassung ausdrücklich für Demokratiefeinde vorgesehen. Eine juristische Prüfung eines solchen Verfahrens sei daher sinnvoll. Höcke sei ein Rassist, der die Freiheiten der Verfassung gegen diese anwende, betonte der SPD-Politiker. "Die Geschichte lehrt uns: Wenn die Demokratie nicht rechtzeitig und entschlossen genug gegen ihre Feinde reagiert, dann ist die Gefahr übergroß. Das ist unsere deutsche Erfahrung, die wir ernst nehmen sollten", sagte Thierse.
    Der Verfassungsrechtler Alexander Thiele sagte im Deutschlandfunk Kultur, man sollte sich gut überlegen, ob man das Instrument der Grundrechtsverwirkung oder des Parteiverbots heranziehe. Eine Grundrechtsverwirkung habe es in der deutschen Geschichte noch nicht gegeben. Bisher habe es vier Versuche gegeben, die aber alle vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert seien.
    Die Petition wurde vor knapp zwei Monaten von einer Privatperson auf der Plattform des Kampagnen-Netzwerks "Campact" gestartet. Darin werden die Bundestagsabgeordneten der Ampel-Parteien sowie von Union und Linke dazu aufgerufen, die Bundesregierung zu einem entsprechenden Antrag beim Bundesverfassungsgericht zu bewegen. Bis Dienstagnachmittag kamen mehr als eine Million Unterschriften zusammen. Ab 50.000 Unterstützern muss sich der Petitionsausschuss des Bundestags mit einer öffentlichen Petition befassen und Gelegenheit zur Anhörung geben.

    Hohe Hürden für Grundrechtsentzug

    Die Möglichkeit der Grundrechtsverwirkung ist im Grundgesetz geregelt und
    soll die Demokratie gegen Gefährder schützen. In Artikel 18 heißt es, wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit, die Lehrfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis, das Eigentum oder das Asylrecht "zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht, verwirkt diese Grundrechte".
    Entzogen werden können etwa das aktive und passive Wahlrecht. Die Hürden für einen solchen Schritt sind allerdings hoch. Nachgewiesen werden muss, dass von dem Betroffenen eine "ernsthafte Gefahr" für die freiheitlich demokratische Grundordnung ausgeht. Vier frühere Anträge auf Grundrechtsverwirkung hat das Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen.

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    Diese Nachricht wurde am 17.01.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.