Eigentlich durften Fußballer alles, das weiß Sven Laforce aus eigener Erfahrung zu berichten. Bei der Fußball-WM 2006 war er wie auch bei einigen olympischen Spielen als Dopingkontrolleur im Einsatz. Vom Turnier damals in Deutschland erzählt er: "Der Athlet durfte alles machen, was er wollte. Er wurde gedeckt vom Anti-Doping-Beauftragten der FIFA und der hat uns angeordnet, den Athleten allein zu lassen, nicht mit auf Toilette zu gehen, was auch schon zur damaligen Zeit ein Unding war. Aber trotzdem: Wir mussten das Spiel mitmachen."
Inzwischen spielt er das Spiel nicht mehr mit. Sven Laforce hat aufgehört bei der schwedischen Doping-Kontroll-Firma IDTM, die von der Nada, der Nationalen Anti-Doping-Agentur beauftragt wurde. Am Ende seiner Karriere erhebt Laforce Vorwürfe auch in Richtung des Anti-Dopingkampfes hierzulande, zum Beispiel berichtet er von Kommunikationsdefiziten mit der Nada: "Entweder fühlt man sich falsch verstanden oder sie wollen gar nicht antworten – mit sie meine ich die Nada – auf die Probleme, die wir Kontrolleure an der Basis haben."
Mangelnde Effiktivität
Dazu gehören Probleme in der Zusammenarbeit mit den Sportverbänden und Athleten, aber auch die laut Laforce schlechte Bezahlung für die Helfer bei den Dopingkontrollen, häufig Schüler und Studierende, die nach Aussage von Laforce eine Tagespauschale von maximal 35 Euro bekämen. Er prangert aber auch die mangelnde Effektivität der Kontrollen an.
Weltweit testet die Nada so viele Sportler wie keine andere Anti-Doping-Agentur. 2017 zeigten von den entnommenen Proben aber nur 0,5 % eine Auffälligkeit: "Zwölf Athleten an einem Tag innerhalb von zwei, drei Stunden während eines Trainingslagers. Das hat nichts mit Effektivität oder intelligenter Kontrolle zu tun", erzählt Sven Laforce aus seinem Kontrolleurs-Alltag.
"System funktioniert im Rahmen der Möglichkeiten"
"Ich hab auch schon den einen oder anderen Kommentar eines Bundestrainers vernommen: 'Ach, jetzt seid ihr endlich da. Wir haben euch schon viel früher erwartet.'" Damit sei schon alles gesagt über die Effektivität der Kontrollen, findet der Ex-Kontrolleur. Statt gut vorbereiteter Zielkontrollen sei die schiere Masse an Tests wenig zielführend: "Von daher glaube ich schon, dass es der Abschreckung dient, aber ob es wirklich saubere Athleten schützt, kann ich nicht garantieren."
Manuela Schmermund, Sportschützin und Athletensprecherin im Deutschen Behindertensportverband, die selbst nach eigener Aussage seit 2012 keinen Dopingtest mehr über sich ergehen lassen musste, hält die Debatte für richtig, verteidigt aber die Nada: "Dass man unterschiedliche Strategien angehen kann, wann welche Kontrollen gemacht werden sollen, darüber lässt sich sicher diskutieren. Das finde ich gar nicht so verwerflich, da kann man unterschiedliche Ansätze verfolgen, aber ich glaube das System funktioniert hier in Deutschland im Rahmen der Möglichkeiten."
"Kontrollsystem dringend verbesserungsbedürftig"
Welche Möglichkeiten das sind und wie groß der Wille ist, wirklich Dopingsünder zu überführen, daran macht Ex-Kontrolleur Laforce ein Fragezeichen. Niemand wolle wirklich einen Doping-Fall, nicht bei den Verbänden, nicht einmal bei der Nada. Und deshalb sei nicht nur das Kontrollsystem seiner Meinung nach dringend verbesserungsbedürftig. Laforce sieht auch noch Potential im sogenannten Ergebnismanagement. Also bei der Frage: was passiert eigentlich, wenn eine Probe eine Auffälligkeit zeigt, vielleicht sogar positiv ist? Dann wird der zuständige Verband des Sportlers informiert.
Ein Schwachpunkt für den Ex-Dopingkontrolleur: "Denn ein Verband braucht diese Ergebnisse gar nicht, sondern das sollte die Nada verwalten, vielleicht eine übergeordnete wie die Wada oder ein befreundeter, benachbarter Agenturverband wie die französische Anti-Doping-Agentur oder Swiss Anti-Doping, sodass die Nationalen Anti-Doping-Agenturen unter sich Doping-Fälle aufdecken können."