Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei sowie Anti-Korruptions-Organisationen zeigen sich empört ob des möglichen Wechsel des Ex-Kanzleramtsministers Ronald Pofalla in den Vorstand der Deutschen Bahn. "Es kann nicht sein, dass Großunternehmen wie Daimler oder Deutsche Bahn sich mit hohen Gehältern Insiderkontakte zur Bundesregierung einkaufen", kritisierte die Organisation LobbyControl. Sie forderte eine gesetzliche Sperrzeit von drei Jahren für die Übernahme von Lobbytätigkeiten. Linke-Chefin Katja Kipping sprach sich für eine fünfjährige Karenzzeit aus.
Pofalla ist laut Medienberichten als Vorstand bei der bundeseigenen Bahn im Gespräch. Laut "Saarbrücker Zeitung" soll der 54-Jährige ein neues Ressort für die Unternehmensstrategie und Kontakte zur Politik übernehmen. Pofalla hatte seinen Posten im Kanzleramt Ende des Jahres geräumt und angekündigt, er wolle sein Bundestagsmandat behalten und nach einer Auszeit in die Wirtschaft wechseln.
Als Kanzleramtsminister habe der Merkel-Vertraute in der vergangenen Legislaturperiode insgesamt neun Mal Gespräche mit Vertretern der Deutschen Bahn geführt, ergab eine Anfrage der Linken. Ein Vorstandsjob bei der Bahn wird in der Regel mit 1,3 bis 1,8 Millionen Euro im Jahr vergütet. Die Bundesregierung will die Personalie nicht bewerten. Regierungssprecher Georg Streiter sagte, "was Herr Pofalla tut oder nicht tut, liegt nicht in der Hand der Bundesregierung".
Kritik von SPD und von Bahn-Konkurrenten
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Ulrich Kelber (SPD), sagte der "Passauer Neuen Presse", es entstehe der Eindruck, dass der bisherige Kanzleramtsminister "gezielt gekauft wird". Schließlich sei Pofalla "nicht als Technikvorstand" im Gespräch. Der Konzernführung geht es laut Kelber einzig und allein um die Regierungskontakte des CDU-Politikers, sollten sich die Berichte über den Wechsel bestätigen. Es sei "nicht gut, wenn man aus einem Ministeramt direkt in eine erkennbar auf Lobbyismus gerichtete Funktion wechselt".
Bahn-Konkurrenten fürchten bei einem Wechsel von Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla in den Vorstand des Staatskonzerns einen Rückschlag für den Wettbewerb.
"Auf der einen Seite will die Bundesregierung fairen Wettbewerb auf der Schiene, auf der anderen Seite tut sie alles, ihn zu torpedieren", sagte der Hauptgeschäftsführer des Privatbahn-Verbandes Mofair, Engelbert Recker. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen sprach von einem schlechten Signal: "Die DB hat immer schon Einflussreiche aus der Politik eingekauft", sagte Vorstandschef Ludolf Kerkeling. "Aus der Wettbewerbssicht sehe ich das sehr, sehr kritisch."
"Auf der einen Seite will die Bundesregierung fairen Wettbewerb auf der Schiene, auf der anderen Seite tut sie alles, ihn zu torpedieren", sagte der Hauptgeschäftsführer des Privatbahn-Verbandes Mofair, Engelbert Recker. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen sprach von einem schlechten Signal: "Die DB hat immer schon Einflussreiche aus der Politik eingekauft", sagte Vorstandschef Ludolf Kerkeling. "Aus der Wettbewerbssicht sehe ich das sehr, sehr kritisch."
Eine Frage des politischen Anstands
Transparency Deutschland sprach von einem Verfall politischer Sitten. Pofalla werde sein Bundestagsmandat zurückgeben müssen, sagte der Geschäftsführer Christian Humborg dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet warnte davor, den Wechsel von Spitzenpolitikern in die Wirtschaft zu verteufeln. "Man sollte es prinzipiell begrüßen, wenn es einen Wechsel gibt zwischen Wirtschaft und Politik", sagte Laschet am Freitag der Nachrichtenagentur dpa in Düsseldorf. "Aber jedes Mal, wenn ein solcher Fall auftritt, gibt es eine wilde öffentliche Diskussion." Die Debatte über einen möglichen Wechsel Pofallas sei völlig überzogen. Pofalla habe als Chef des Kanzleramts viele Erfahrungen gesammelt, die für jedes internationale Unternehmen von Bedeutung seien. "Das hat nichts mit Selbstbedienungsmentalität oder Lobbyismus zu tun."
"Wie ticken eigentlich diese Leute?"
Der Wirtschaftsethiker Ulrich Thielemann reiht die Causa Pofalla ein in Spenden der BMW-Eigner an die Union und den Wechsel des früheren Staatsministers im Bundeskanzleramt, Eckart von Klaeden (CDU), in die Daimler AG als Leiter der Abteilung Politik und Außenbeziehungen. Thielemann sagte im Deutschlandfunk, in der politischen Kultur habe ein Wechsel und wiederholt eine Grenzüberschreitung stattgefunden. "Es geht weniger darum, scheint mir, politisch zu gestalten, politische Programmatiken umzusetzen", sagt in der politischen Kultur habe ein Wechsel und wiederholt eine Grenzüberschreitung stattgefundene Thielemann, "sondern es geht eigentlich darum, sogenannte Kompetenz an den Tag zu legen und, wie man so sagt, Karriere zu machen".