Silvia Engels: Die Weltgesundheitsorganisation nutzt den heutigen Weltgesundheitstag regelmäßig dazu, um auf besonders drückende Probleme für kranke Menschen weltweit aufmerksam zu machen. In diesem Jahr stellt sie die zunehmende Resistenz von Krankheitskeimen gegen Antibiotika in den Mittelpunkt. Neben der Weltgesundheitsorganisation nutzen auch große Privatorganisationen wie die 60 Milliarden Dollar schwere Bill-und-Melinda Gates-Stiftung den heutigen Tag, um über eigene Projekte zu informieren. Mein Kollege Friedbert Meurer hat mit dem Stiftungsgründer und früheren Microsoft-Chef Bill Gates in Berlin gesprochen.
Friedbert Meurer: Herr Gates, Anlass für Ihren Besuch hier in Deutschland ist ja, dass Sie Unterstützung für Ihre globale Impfinitiative und –Kampagne suchen wollen. Ist für Sie Impfungen, Impfstoffeentwicklung, der Schlüssel, um Krankheit in Afrika und anderen Ländern zu bekämpfen?
Bill Gates: Impfstoffe sind ein ganz entscheidendes Element bei dieser Bemühung, wenn wir das tun, was wir tun müssen, nämlich den ärmsten Menschen dabei helfen, sich selbst zu ernähren, ihr eigenes Leben zu führen. Ich möchte die Geschichte all dessen erzählen. Die deutsche Entwicklungshilfe hat große Erfolge erzielt und ich möchte zeigen, wie diese großzügige Hilfe eben bei jenen, die mehr zu geben bereit sind, etwas beigetragen hat zu diesen großen Erfolgen, die bereits erzielt worden sind.
Meurer: Sie sind ja einer der ganz großen Technologiepioniere. Ist das jetzt auch Ihr Ansatz, mit modernen Technologien Hunger und Krankheit in der Welt zu bekämpfen? Vielleicht setzen Sie zu sehr auf technologische Lösungen?
Gates: Nun, wenn Sie Impfstoffe als technisch bezeichnen, dann bin ich mehr als erfreut darüber, denn Impfstoffe sind in der Tat ein ganz wichtiges Mittel. Sie kosten fast nichts, keine ärztliche Hilfe ist vonnöten und einer der Gründe, weshalb es uns gelungen ist, die Kindersterblichkeit von über 20 Millionen pro Jahr im Jahr 1960 auf etwas über acht Millionen im vergangenen Jahr zu senken, ist eben, dass wirksame Impfstoffe entwickelt worden sind. Kinderlähmung konnte so fast vollständig ausgerottet werden, eine Krankheit, an der früher Hunderttausende von kleinen Kindern jedes Jahr starben. Wenn es auch gelänge, Malaria ähnlich zu besiegen, wäre es ein Triumph für die gesamte Menschheit, ähnlich dem, den man über die Pocken gefeiert hat, der einzigen Krankheit, die eben tatsächlich vollständig ausgerottet worden ist.
Meurer: Die Bedeutung von Impfstoffen ist auch in Deutschland natürlich unumstritten. In unserer Diskussion spielt eher eine Rolle, dass Hunger und Krankheit bekämpft werden können durch mehr Gerechtigkeit in der Welt und durch einen fairen Welthandel. Ist das auch Ihr Ansatz?
Gates: Nun, alle sind für mehr Gerechtigkeit und es ist ja in der Tat ungerecht, wenn ein Kind stirbt, wenn es sich nicht richtig entfalten kann, weil es irgendwelche Schädigungen am Gehirn davonträgt wegen einer Sache, die bei der Geburt geschehen ist. Mehr als ein Drittel aller afrikanischen Kinder sind behaftet mit solchen Ansteckungskrankheiten, mit Malaria, mit Durchfall, alles das, was sie bereits beim Beginn ihres Lebens mit sich schleppen müssen, und deswegen ist diese Selbstverpflichtung zu 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes für Entwicklungshilfe so wichtig. Wenn wir das erfüllen, können wir mehr Gerechtigkeit in die Welt bringen, und zwar zu Kosten von wenigen Tausend Dollar je gerettetem Kind. Dadurch können wir die Krankheiten zurückdrängen und wir können auch dadurch überraschenderweise das Bevölkerungswachstum nach unten drücken. Wenn wir das alles nicht tun, werden wir nicht die Mittel haben, um allen Kindern Bildung zu sichern, um Stabilität und auch Umweltstandards in dem von uns gewünschten Maße umzusetzen.
Meurer: Sie haben 90 Prozent Ihres Vermögens in die Stiftung gesteckt, oder haben noch vor, das zu tun. Dazu kommt das viele Geld von Warren Buffett, bekannter US-Finanzinvestor. Sie haben eine Initiative gestartet, The Giving Pledge, fordern andere Milliardäre weltweit auf, mindestens die Hälfte ihres Vermögens für die Foundation, oder überhaupt für wohltätige Zwecke auszugeben. Sagen Sie, ich gebe das Geld lieber einer Stiftung, als es dem Staat per Steuern anzuvertrauen?
Gates: Nun, ich bin der größte Steuerzahler in den USA. Ich habe mehr als sieben Milliarden Dollar an Steuern bezahlt, und ich habe das immer gerne gemacht. Die Staaten spielen also eine Schlüsselrolle bei diesen Bemühungen. Wohltätigkeitsorganisationen können neue Ideen einbringen, sie können Dinge ausprobieren und dadurch ihren unverwechselbaren Beitrag leisten. Die Wohlhabenden dazu zu bringen, mehr zu spenden, früher mit dem Spenden anzufangen und auf klügere Weise zu spenden, ist eine wichtige Aufgabe. In den USA sind mittlerweile schon 60 Milliardäre zusammengekommen, die sich zu dieser Selbstverpflichtung bereit erklärt haben, und wir hoffen, dass noch weitere sich anschließen werden. Das ist eine ganz wichtige Arbeit und es macht auch Freude, das zu tun.
Meurer: Wie viel hat der Bill Gates von heute gemeinsam mit dem Bill Gates, wie ihn die Welt kennt, der in den 80er-Jahren Software in der Garage in Seattle ausgetüftelt hat?
Gates: Nun, damals habe ich mir ganze Nächte um die Ohren geschlagen und geradezu fanatisch daran gearbeitet, zusammen mit Microsoft, um hier Lösungen zu ersinnen. Jetzt habe ich meine Kräfte auf die Stiftung gerichtet und ich genieße das ganz erheblich. Ich bin ein bisschen älter geworden, ich habe jetzt eine Familie, ich verbringe also nicht mehr so viel Zeit mit dem Arbeiten in den Nächten. Aber die langfristig angelegte Zusammenarbeit, die Unterstützung für Wissenschaftler bei der Analyse von Problemen, das alles sind doch Fertigkeiten, die ich bei Microsoft gelernt habe und die ich jetzt der Stiftung zugutekommen lassen kann. Mein Lernen geht ständig weiter. Ich besuche Afrika, ich habe vor zwei Wochen Indien besucht, überall lerne ich hinzu und ich liebe diesen Gewinn an Wissen und es macht auch Riesenspaß, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die mit Herz und Seele bei der Sache sind.
Meurer: In Deutschland sind wir im Moment vor allen Dingen aufgeschreckt und betroffen durch das, was in Japan passiert ist. Nun gelten wir Deutschen als etwas Technik-skeptisch. Ist Japan und das Unglück von Fukushima ein Beispiel, dass wir an dieser Stelle an die Grenzen des technologischen Fortschritts herangetreten sind?
Gates: Nun, aufs Ganze gesehen hat die Technik bedeutende Verbesserungen ins Leben gebracht, wenn man sich das mal vergleicht mit dem, wie es vor 200 Jahren aussah, als die mittlere Lebenserwartung 36 Jahre betrug - sie hat sich also seither mehr als verdoppelt -, als 30 Prozent der Kinder vor dem fünften Geburtstag wegstarben. Die verbesserte Fähigkeit im Lesen und Schreiben, die Ausweitung der Rechte, alles das sehe ich als Verbesserung. Ich möchte lieber heute leben als vor 200 Jahren, und Technik spielt bei diesen Verbesserungen eine Schlüsselrolle. Wir dürfen natürlich nicht naiv und unbedarft sein, wenn es um die Herausforderungen der Technik geht, ob es nun der Kohleabbau ist, oder Atomenergie, oder auch die Zulassung von neuen Medikamenten. Bei alledem muss man sehr bedacht und vorsichtig zu Werke gehen und ich bin erfreut festzustellen, dass die führenden Länder, also USA und Deutschland, tatsächlich diese Verpflichtung sehr ernst nehmen.
Meurer: Ich danke Ihnen sehr für das Gespräch, Herr Gates. Danke schön und auf Wiedersehen!
Gates: Thank you!
Engels: Friedbert Meurer im Gespräch mit dem Stiftungsgründer und früheren Microsoft-Chef Bill Gates.
Die Gates Foundation von Bill und Melinda Gates (englischsprachig)
Bill Gates tritt ab - Letzter großer Auftritt des Microsoft-Gründers in Las Vegas
Friedbert Meurer: Herr Gates, Anlass für Ihren Besuch hier in Deutschland ist ja, dass Sie Unterstützung für Ihre globale Impfinitiative und –Kampagne suchen wollen. Ist für Sie Impfungen, Impfstoffeentwicklung, der Schlüssel, um Krankheit in Afrika und anderen Ländern zu bekämpfen?
Bill Gates: Impfstoffe sind ein ganz entscheidendes Element bei dieser Bemühung, wenn wir das tun, was wir tun müssen, nämlich den ärmsten Menschen dabei helfen, sich selbst zu ernähren, ihr eigenes Leben zu führen. Ich möchte die Geschichte all dessen erzählen. Die deutsche Entwicklungshilfe hat große Erfolge erzielt und ich möchte zeigen, wie diese großzügige Hilfe eben bei jenen, die mehr zu geben bereit sind, etwas beigetragen hat zu diesen großen Erfolgen, die bereits erzielt worden sind.
Meurer: Sie sind ja einer der ganz großen Technologiepioniere. Ist das jetzt auch Ihr Ansatz, mit modernen Technologien Hunger und Krankheit in der Welt zu bekämpfen? Vielleicht setzen Sie zu sehr auf technologische Lösungen?
Gates: Nun, wenn Sie Impfstoffe als technisch bezeichnen, dann bin ich mehr als erfreut darüber, denn Impfstoffe sind in der Tat ein ganz wichtiges Mittel. Sie kosten fast nichts, keine ärztliche Hilfe ist vonnöten und einer der Gründe, weshalb es uns gelungen ist, die Kindersterblichkeit von über 20 Millionen pro Jahr im Jahr 1960 auf etwas über acht Millionen im vergangenen Jahr zu senken, ist eben, dass wirksame Impfstoffe entwickelt worden sind. Kinderlähmung konnte so fast vollständig ausgerottet werden, eine Krankheit, an der früher Hunderttausende von kleinen Kindern jedes Jahr starben. Wenn es auch gelänge, Malaria ähnlich zu besiegen, wäre es ein Triumph für die gesamte Menschheit, ähnlich dem, den man über die Pocken gefeiert hat, der einzigen Krankheit, die eben tatsächlich vollständig ausgerottet worden ist.
Meurer: Die Bedeutung von Impfstoffen ist auch in Deutschland natürlich unumstritten. In unserer Diskussion spielt eher eine Rolle, dass Hunger und Krankheit bekämpft werden können durch mehr Gerechtigkeit in der Welt und durch einen fairen Welthandel. Ist das auch Ihr Ansatz?
Gates: Nun, alle sind für mehr Gerechtigkeit und es ist ja in der Tat ungerecht, wenn ein Kind stirbt, wenn es sich nicht richtig entfalten kann, weil es irgendwelche Schädigungen am Gehirn davonträgt wegen einer Sache, die bei der Geburt geschehen ist. Mehr als ein Drittel aller afrikanischen Kinder sind behaftet mit solchen Ansteckungskrankheiten, mit Malaria, mit Durchfall, alles das, was sie bereits beim Beginn ihres Lebens mit sich schleppen müssen, und deswegen ist diese Selbstverpflichtung zu 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes für Entwicklungshilfe so wichtig. Wenn wir das erfüllen, können wir mehr Gerechtigkeit in die Welt bringen, und zwar zu Kosten von wenigen Tausend Dollar je gerettetem Kind. Dadurch können wir die Krankheiten zurückdrängen und wir können auch dadurch überraschenderweise das Bevölkerungswachstum nach unten drücken. Wenn wir das alles nicht tun, werden wir nicht die Mittel haben, um allen Kindern Bildung zu sichern, um Stabilität und auch Umweltstandards in dem von uns gewünschten Maße umzusetzen.
Meurer: Sie haben 90 Prozent Ihres Vermögens in die Stiftung gesteckt, oder haben noch vor, das zu tun. Dazu kommt das viele Geld von Warren Buffett, bekannter US-Finanzinvestor. Sie haben eine Initiative gestartet, The Giving Pledge, fordern andere Milliardäre weltweit auf, mindestens die Hälfte ihres Vermögens für die Foundation, oder überhaupt für wohltätige Zwecke auszugeben. Sagen Sie, ich gebe das Geld lieber einer Stiftung, als es dem Staat per Steuern anzuvertrauen?
Gates: Nun, ich bin der größte Steuerzahler in den USA. Ich habe mehr als sieben Milliarden Dollar an Steuern bezahlt, und ich habe das immer gerne gemacht. Die Staaten spielen also eine Schlüsselrolle bei diesen Bemühungen. Wohltätigkeitsorganisationen können neue Ideen einbringen, sie können Dinge ausprobieren und dadurch ihren unverwechselbaren Beitrag leisten. Die Wohlhabenden dazu zu bringen, mehr zu spenden, früher mit dem Spenden anzufangen und auf klügere Weise zu spenden, ist eine wichtige Aufgabe. In den USA sind mittlerweile schon 60 Milliardäre zusammengekommen, die sich zu dieser Selbstverpflichtung bereit erklärt haben, und wir hoffen, dass noch weitere sich anschließen werden. Das ist eine ganz wichtige Arbeit und es macht auch Freude, das zu tun.
Meurer: Wie viel hat der Bill Gates von heute gemeinsam mit dem Bill Gates, wie ihn die Welt kennt, der in den 80er-Jahren Software in der Garage in Seattle ausgetüftelt hat?
Gates: Nun, damals habe ich mir ganze Nächte um die Ohren geschlagen und geradezu fanatisch daran gearbeitet, zusammen mit Microsoft, um hier Lösungen zu ersinnen. Jetzt habe ich meine Kräfte auf die Stiftung gerichtet und ich genieße das ganz erheblich. Ich bin ein bisschen älter geworden, ich habe jetzt eine Familie, ich verbringe also nicht mehr so viel Zeit mit dem Arbeiten in den Nächten. Aber die langfristig angelegte Zusammenarbeit, die Unterstützung für Wissenschaftler bei der Analyse von Problemen, das alles sind doch Fertigkeiten, die ich bei Microsoft gelernt habe und die ich jetzt der Stiftung zugutekommen lassen kann. Mein Lernen geht ständig weiter. Ich besuche Afrika, ich habe vor zwei Wochen Indien besucht, überall lerne ich hinzu und ich liebe diesen Gewinn an Wissen und es macht auch Riesenspaß, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die mit Herz und Seele bei der Sache sind.
Meurer: In Deutschland sind wir im Moment vor allen Dingen aufgeschreckt und betroffen durch das, was in Japan passiert ist. Nun gelten wir Deutschen als etwas Technik-skeptisch. Ist Japan und das Unglück von Fukushima ein Beispiel, dass wir an dieser Stelle an die Grenzen des technologischen Fortschritts herangetreten sind?
Gates: Nun, aufs Ganze gesehen hat die Technik bedeutende Verbesserungen ins Leben gebracht, wenn man sich das mal vergleicht mit dem, wie es vor 200 Jahren aussah, als die mittlere Lebenserwartung 36 Jahre betrug - sie hat sich also seither mehr als verdoppelt -, als 30 Prozent der Kinder vor dem fünften Geburtstag wegstarben. Die verbesserte Fähigkeit im Lesen und Schreiben, die Ausweitung der Rechte, alles das sehe ich als Verbesserung. Ich möchte lieber heute leben als vor 200 Jahren, und Technik spielt bei diesen Verbesserungen eine Schlüsselrolle. Wir dürfen natürlich nicht naiv und unbedarft sein, wenn es um die Herausforderungen der Technik geht, ob es nun der Kohleabbau ist, oder Atomenergie, oder auch die Zulassung von neuen Medikamenten. Bei alledem muss man sehr bedacht und vorsichtig zu Werke gehen und ich bin erfreut festzustellen, dass die führenden Länder, also USA und Deutschland, tatsächlich diese Verpflichtung sehr ernst nehmen.
Meurer: Ich danke Ihnen sehr für das Gespräch, Herr Gates. Danke schön und auf Wiedersehen!
Gates: Thank you!
Engels: Friedbert Meurer im Gespräch mit dem Stiftungsgründer und früheren Microsoft-Chef Bill Gates.
Die Gates Foundation von Bill und Melinda Gates (englischsprachig)
Bill Gates tritt ab - Letzter großer Auftritt des Microsoft-Gründers in Las Vegas