Nick Hein steht in einem Nebenflügel des Kölner Hauptbahnhofs.
"Wir haben hier zum Beispiel eine Dienststelle, an der wir tagtäglich unsere Arbeit verrichtet haben, die eigentlich gar nicht als solche Dienststelle vorgesehen war. Das sind eigentlich Lagerräume von der Deutschen Bahn."
Hein zeigt auf die Stahltür, vor der sich in der Silvester-Nacht die Menschen drängten. "Bundespolizei, Inspektion Köln" leuchtet darüber.
"Dementsprechend ist es da auch nicht besonders vom Flächenverhältnis ausreichend und es reicht halt gerade so für den alltäglichen Dienst. Wenn man dann Großveranstaltungen hat, wie zum Beispiel Silvester eben ja feiernde Massen, die hier her wollen plus eine riesige Menge an Störern, dann ist man dieser Sache einfach nicht mehr gewappnet."
"Wir haben hier zum Beispiel eine Dienststelle, an der wir tagtäglich unsere Arbeit verrichtet haben, die eigentlich gar nicht als solche Dienststelle vorgesehen war. Das sind eigentlich Lagerräume von der Deutschen Bahn."
Hein zeigt auf die Stahltür, vor der sich in der Silvester-Nacht die Menschen drängten. "Bundespolizei, Inspektion Köln" leuchtet darüber.
"Dementsprechend ist es da auch nicht besonders vom Flächenverhältnis ausreichend und es reicht halt gerade so für den alltäglichen Dienst. Wenn man dann Großveranstaltungen hat, wie zum Beispiel Silvester eben ja feiernde Massen, die hier her wollen plus eine riesige Menge an Störern, dann ist man dieser Sache einfach nicht mehr gewappnet."
Kritischer Blick auf die Situation der Polizei
Einst war es seine Dienststelle: Elf Jahre war der heute 32-Jährige, gegelte Haare, Kinnbart, grauer Mantel, Jeans und graue Sportschuhe, selbst Beamter. Drei davon als Bundespolizist im Hauptbahnhof von Köln.
Ende 2014 quittiert er seinen Dienst, weil der Polizeiführung sein Hobby als MMA-Sportler, einem Kampfsport, missfiel. Hein ist jetzt Profi, wird im Januar in die USA ziehen: Doch in diesen Tagen erscheint noch sein Buch: "Polizei am Limit", heißt es. Es ist die Bestandsaufnahme eines überforderten und vernachlässigten Berufsstandes – und Hein ist noch einmal an seinen alten Dienstort zurückgekehrt:
"Also, das Schöne am Hauptbahnhof ist, dass Du eigentlich die komplette Palette des Polizeidaseins hast: Streifengänge, Streifenfahrten, Blaulichtfahrten, viele nette, manchmal auch viele verrückte Leute."
"Also, das Schöne am Hauptbahnhof ist, dass Du eigentlich die komplette Palette des Polizeidaseins hast: Streifengänge, Streifenfahrten, Blaulichtfahrten, viele nette, manchmal auch viele verrückte Leute."
Aber es gibt auch dunkle Seiten. Wie eben zum Jahreswechsel 2015. Die massenhaften sexuellen Übergriffe haben zwar auch ihn überrascht, doch Hein kennt Ausnahmezustände. Auch und gerade zum Jahreswechsel:
"Ich kann mich erinnern, wir stehen jetzt hier vor dem Haupteingang. Wenn wir durch dieses Tor geschritten sind, sind wir eigentlich unmittelbar mit Raketen beschossen worden. Ich habe das immer damals mit dem Wort Bürgerkrieg verglichen. Du bist rausgegangen und es hat gebrannt."
Gespräche mit den Kollegen
Während der letzten Kölner Silvesternacht war er im Ausland, las im Internet von den Vorfällen, dann gab es immer mehr Informationen – und auch Schuldzuweisungen gegenüber der Polizei.
"Da wusste ich schon, dass das nicht stimmt, weil ich die Jahre zuvor erlebt hatte, weil ich meine Kollegen kenne. Dann habe ich mich mit meinen Kollegen unterhalten und einfach gesagt: Es hat zwar jetzt jeder schon seine Meinung dazu geäußert, aber eine mehr oder weniger kann auch nicht schaden."
Innerhalb einer Stunde wurde der Text auf seiner Facebook-Seite 20.000 mal gelikt, Verlage meldeten sich, ein Buch entstand, in dem ein frustrierender Alltag mit schlechter Ausrüstung, unterbesetzten Schichten, respektlosen, aggressiven Personen, wenig Konsequenzen und eine ignorante Politik beschrieben werden. Für Hein war die Silvesternacht das Ergebnis eines Prozesses:
"Wie so viele Missstände bei der Polizei hat man sich irgendwann daran gewöhnt. Wenn dann Kollegen mit Raketen abgeschossen wurden oder wenn dann die Böller auf die Streifenwagen eingeprasselt sind, dann hat man das halt so hingenommen. Ist halt Silvester."
"Da wusste ich schon, dass das nicht stimmt, weil ich die Jahre zuvor erlebt hatte, weil ich meine Kollegen kenne. Dann habe ich mich mit meinen Kollegen unterhalten und einfach gesagt: Es hat zwar jetzt jeder schon seine Meinung dazu geäußert, aber eine mehr oder weniger kann auch nicht schaden."
Innerhalb einer Stunde wurde der Text auf seiner Facebook-Seite 20.000 mal gelikt, Verlage meldeten sich, ein Buch entstand, in dem ein frustrierender Alltag mit schlechter Ausrüstung, unterbesetzten Schichten, respektlosen, aggressiven Personen, wenig Konsequenzen und eine ignorante Politik beschrieben werden. Für Hein war die Silvesternacht das Ergebnis eines Prozesses:
"Wie so viele Missstände bei der Polizei hat man sich irgendwann daran gewöhnt. Wenn dann Kollegen mit Raketen abgeschossen wurden oder wenn dann die Böller auf die Streifenwagen eingeprasselt sind, dann hat man das halt so hingenommen. Ist halt Silvester."
Harter Alltag am Hauptbahnhof
Bereits in seinen ersten Tagen in Köln wurde er im Hauptbahnhof angefeindet, wurde respektlos angegangen – trotz Uniform. Angriffe gegen Polizisten seien strafrechtlich oft eingestellt worden, berichtet Hein. Es sei Alltag gewesen.
"Weil sich natürlich auch die Kollegen einfach nicht beschwert und dann in dieser Allgemeinheit möchtest du dann auch nicht die Memme sein und da das im Endeffekt auch nur auf taube Ohren stößt, hat man das einfach so hingenommen."
Doch die Hemmschwelle sinke, wenn Straftaten ohne Konsequenzen bleiben. Das ist eine Erkenntnis aus dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss im nordrhein-westfälischen Landtag, die der Kriminologe Rudolf Egg als Ursache genannt hat. Und wer Hein reden hört, bekommt eine Idee davon, was es heißen könnte. Nicht nur am Jahreswechsel, sondern auch an den restlichen 364 Tagen im Jahr. Zumal es viele Missstände gebe:
"Man braucht hier eine ganze Menge. Man braucht erst einmal viel mehr Personal. Bisschen mehr Personal reicht absolut nicht aus. Die Innenhausfunkausleuchtung in dem Gebäude, in dem wir hier gerade stehen, ist so katastrophal, dass hier an manchen Stellen der Funk nicht funktioniert."
"Weil sich natürlich auch die Kollegen einfach nicht beschwert und dann in dieser Allgemeinheit möchtest du dann auch nicht die Memme sein und da das im Endeffekt auch nur auf taube Ohren stößt, hat man das einfach so hingenommen."
Doch die Hemmschwelle sinke, wenn Straftaten ohne Konsequenzen bleiben. Das ist eine Erkenntnis aus dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss im nordrhein-westfälischen Landtag, die der Kriminologe Rudolf Egg als Ursache genannt hat. Und wer Hein reden hört, bekommt eine Idee davon, was es heißen könnte. Nicht nur am Jahreswechsel, sondern auch an den restlichen 364 Tagen im Jahr. Zumal es viele Missstände gebe:
"Man braucht hier eine ganze Menge. Man braucht erst einmal viel mehr Personal. Bisschen mehr Personal reicht absolut nicht aus. Die Innenhausfunkausleuchtung in dem Gebäude, in dem wir hier gerade stehen, ist so katastrophal, dass hier an manchen Stellen der Funk nicht funktioniert."
Die Kollegen trauen sich nicht, den Mund aufzumachen
Hein hat Kontakt zu früheren Kollegen, die sich aus Sorge vor dienstrechtlichen Konsequenzen nicht öffentlich äußern. Er kann deren Sprachrohr sein. Dabei ist er ein Verfechter klarer Regeln. In seinem Buch distanziert er sich jedoch von rechten Scharfmachern, die die Flüchtlingspolitik instrumentalisierten. Er hat große Sympathien für andere Kulturen. Seine Frau ist Japanerin. Probleme müssten aber auf den Tisch.
"Und jetzt spricht man. Man hat drüber gesprochen. Man hat auch konkret über die Täter gesprochen. Und über Sachen, über mögliche Fakten, die man vorher vielleicht zensiert hat. Dass es hier halt hauptsächlich nordafrikanische Intensivtäter waren."
Für Hein ist klar: Man hat zu lange weggeschaut, wollte Punkte nicht wahrhaben. Er ist ausgestiegen, aus beruflichem Frust.
"Also, ich war und eigentlich im Herzen, bin ich immer noch gerne Polizist. Ich empfinde das so. Deswegen engagiere ich mich auch für verbesserte Bedingungen im Polizeialltag und deswegen habe ich auch das Buch geschrieben. Ich möchte zur Aufklärung beitragen und hoffe, dass ich entsprechende Stellen in der Politik dazu bewegen kann, Konsequenzen zu ziehen."
"Und jetzt spricht man. Man hat drüber gesprochen. Man hat auch konkret über die Täter gesprochen. Und über Sachen, über mögliche Fakten, die man vorher vielleicht zensiert hat. Dass es hier halt hauptsächlich nordafrikanische Intensivtäter waren."
Für Hein ist klar: Man hat zu lange weggeschaut, wollte Punkte nicht wahrhaben. Er ist ausgestiegen, aus beruflichem Frust.
"Also, ich war und eigentlich im Herzen, bin ich immer noch gerne Polizist. Ich empfinde das so. Deswegen engagiere ich mich auch für verbesserte Bedingungen im Polizeialltag und deswegen habe ich auch das Buch geschrieben. Ich möchte zur Aufklärung beitragen und hoffe, dass ich entsprechende Stellen in der Politik dazu bewegen kann, Konsequenzen zu ziehen."
Nick Hein, "Polizei am Limit"
Rowohlt Taschenbuchverlag, 2016, 208 Seiten, 9,99 Euro
Rowohlt Taschenbuchverlag, 2016, 208 Seiten, 9,99 Euro