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Ex-Solarworld-Chef zum Klimapaket
"E-Autoindustrie könnte es ergehen wie der Solarindustrie"

Einer der wirtschaftlichen Pioniere der ersten Energiewende war der Solarmodul-Unternehmer Frank Asbeck. Im Dlf warnte Asbeck vor alten Fehlern in der Klimapolitik. Die E-Auto-Förderung müsse an die Erneuerbaren Energien gekoppelt und die Photovoltaik schneller ausgebaut werden.

Frank Asbeck im Gespräch mit Birgid Becker |
Der Vorstandsvorsitzende des Solar-Modul-Herstellers Solarworld, Frank Asbeck, präsentiert am 27.03.2014 in Bonn (Nordrhein-Westfalen)
Frank Asbeck, Gründer und Vorstandsvorsitzender des Solarmodul-Herstellers Solarworld, mit dem er zweimal pleite ging (dpa)
Birgid Becker: Herr Asbeck, wie schauen Sie auf diese jugendliche Klimaschutzbewegung?
Frank Asbeck: Also das erinnert mich ein bisschen an die Gründungszeit der Grünen, da war ja auch so eine Aufbruchstimmung. Ich finde das total interessant, dass mittlerweile meine 63-jährige Schwester, die nie zu irgendeiner Demonstration gegangen ist, auf dem Hofgarten in Bonn steht, wo wir gegen die NATO-Nachrüstung demonstriert haben, und sich diesen Jugendlichen anschließt.
Becker: Das war 1979, als Sie anfingen, bei den Grünen aktiv zu werden, die dann auch dieses Energiethema ja sehr früh für sich entdeckt hatten.
Asbeck: Ja, das war natürlich das Kernthema, und heute ist das natürlich Mainstream, aber ich finde das ganz richtig. Ich meine, so ein Katastrophentanker hat ja eine enorme Dynamik und den hält man natürlich auch nur mit, na ja, physischer Kraft an. Und dazu ist es natürlich auch notwendig, dass so eine "Mind"-Bombe platziert wird, und das haben die Jugendlichen hier ganz toll gemacht.
Becker: Also, Sie sagen, Züge von Übertreibung hat das nicht, das braucht einfach diese Ungeduld, um überhaupt etwas voranzubringen, "Mind"-Bombe haben Sie gesagt.
Asbeck: Wir haben das, was gemacht werden muss, ja auf der Fahne seit 30, in Kalifornien seit 40 Jahren. Aber hier muss jetzt mit ganz viel Kraft rangegangen werden, und da gibt es keine Übertreibung. Wir kommen in ein Katastrophenszenario, was sich immer weiter exzelleriert. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Man realisiert es wirklich.
Becker: Wir haben das eben betont, das zentrale Element dieses Klimaschutzpaketes, dass es jetzt einen Einstieg gibt, um einen Preis für CO2 zu definieren.
Asbeck: Ach, mir fallen so viele Bücher dazu ein, und die Bücher sind leider alle angestaubt und 25 Jahre und 30 Jahre alt. Der europäische CO2-Emissionshandel ist älter als 20 Jahre. Vielleicht ist das alter Wein in neuen Schläuchen bzw. in neuen Steuern.
Becker: Wenn wir jetzt zurückgucken auf Ihre Startphase. Der Klimaverbesserungsstar ist jetzt ist das Elektroauto, einige Jahre zuvor war es die Solarenergie. Deren Aufstieg und Fall kennt ja kaum einer besser als Sie. Sehen Sie da Parallelen?
"Ein E-Auto mit fossil erzeugtem Strom ist nicht besser als ein Diesel"
Asbeck: Na gut, der physikalische Unterschied zwischen einem Solarmodul und einem Elektroauto ist folgender: Das Solarmodul produziert Strom, ein neutrales Produkt, und das Elektroauto verbraucht Strom, auch ein neutrales Produkt. Wichtig ist ja, dass wir Elektroautos produzieren, die dann in ihrer Förderung unterschieden werden nach Elektroautos, die mit erneuerbaren Energien fahren oder die fossil fahren. Und die Elektroautos, die mit fossil erzeugtem Strom fahren, die sind nicht viel besser als ein Diesel.
Becker: Die Solarenergie damals ist stark geworden gleichsam unter staatlichem Patronat, also mit staatlicher Förderung. Die Elektromobilität soll jetzt auch stark werden unter staatlicher Ägide, mit staatlicher Förderung. Der Staat hat sich nicht gerade als guter Förderer erwiesen, was die Solarenergie angeht. Haben Sie da Befürchtungen, dass er ähnlich versagen könnte bei der Elektromobilität?
Asbeck: Ja, damals bei der Förderung der Photovoltaik oder des Solarstroms hat man nicht auf soziale und nachhaltige Kriterien geachtet. Also man hat nur die reine Modulproduktion gefördert und nicht geguckt, woher kommt es: Ist das Modul mit Kohlestrom hergestellt oder nicht. Diesen Fehler darf man jetzt nicht wieder machen. Man sollte nur ein Elektroauto fördern, wenn damit auch gegeben ist, dass der Strom, den dieses Auto verbraucht, erneuerbar, nachhaltig und nicht fossil erzeugt worden ist. Sie können sich heute ein Auto kaufen und Atomstrom oder was auch immer dort verfahren, und dann hat man letztendlich in der Gesamtbilanz nichts gewonnen.
Becker: Was könnte jetzt im Rahmen dieses Klimapaketes noch gemacht werden, um die Lage der deutschen Solarenergie, genauso die Lage der Windenergie im Lande zu verbessern? Sehen Sie überhaupt Möglichkeiten, in beiden Bereichen die Fehler der Vergangenheit wieder zu korrigieren?
Asbeck: Die Förderung der Elektro-Pkw muss gebunden sein an die erneuerbaren Energien, und die müssen wir natürlich weiter intensiv ausbauen. Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, die wir selbst festgeschrieben haben, dann müssen wir zum Beispiel den Zubau im Photovoltaikbereich verfünffachen. Wir müssen die Deckel wegtun, das heißt die 52 Gigawatt, die als Deckel im Moment auf der Photovoltaik lasten, der muss sofort weg, die administrativen Hemmnisse im Bereich der Windkraftgenehmigung müssen weg, und dann ist das schaffbar. Also ich sehe das sehr positiv.
Becker: Sie haben ja, nachdem Solarworld unterging, sich zum Teil sehr enttäuscht über die Politik geäußert – Sie haben ihr handfeste Fehler vorgeworfen. Haben Sie jetzt ein größeres Vertrauen, dass das größere Projekt Klimaschutz, Bekämpfung des Klimawandels, dass das besser funktionieren könnte?
"Photovoltaik ist damals im Bundeskanzleramt geopfert worden"
Asbeck: Ich bin ein positiver Mensch. Die Photovoltaikindustrie in Deutschland ist damals geopfert worden. Man wollte China nicht düpieren, weil man dachte, dann würde man im Automobilbereich dafür bestraft. So ist es im Bundeskanzleramt damals sozusagen gegengerechnet worden, und da wurde die Photovoltaik einfach auf dem Altar geopfert. Man hat dort vor den Chinesen den Kotau gemacht. Das Gleiche passiert ja jetzt wieder in der E-Mobilität, wo der wesentliche Punkt, sprich die Batterie, doch aus China kommt in Zukunft.
Die große Symbolik ist, dass jetzt in unserer Solarmodulproduktion in Arnstadt demnächst chinesische Batterien produziert werden mit den Rohkomponenten aus China und die dann an BMW geliefert werden und wir diesen ganzen Bereich in Deutschland vernachlässigt haben. Ich glaube, die Automobilindustrie wird vor einem ähnlichen Problem stehen wie die Solarindustrie in einigen wenigen Jahren.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.