Migrations-Debatte
Ex-Verfassungsrichter Huber hält Zurückweisungen von Asylbewerbern für zulässig

Der frühere Bundesverfassungsrichter Peter Huber hält Zurückweisungen von Flüchtlingen an der deutschen Grenze für rechtens.

    Verfassungsrichter Peter M. Huber in roter Robe im Gerichtssaal.
    Der frühere Verfassungsrichter Peter M. Huber im Jahr 2020. (picture alliance / Uli Deck / dpa)
    In der FAZ schreibt er, das Europarecht stehe dem nicht entgegen. Das Dublin-System sollte die Wirkungen des Artikels 16a Grundgesetz auf Europa übertragen. Hätte dies funktioniert, dürfte es in Deutschland praktisch keine Asylbewerber geben. Eine Norm, die an einem strukturellen Vollzugsdefizit leide, sei jedoch nichtig, meinte Huber, der auch für die CDU Innenminister in Thüringen war, in seinem Gastbeitrag.
    Auch der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Papier, hält Zurückweisungen von Asylbewerbern an der Grenze für zulässig. Sie nach Paragraf 18 Asylgesetz sogar geboten, sagte Papier der "Bild". Nach Paragraf 18 sei Menschen, "die aus sicheren Drittstaaten einreisen, die Einreise zu verweigern". Deutschland sei "ausnahmslos von sicheren Drittstaaten" umgeben. Papier zufolge gibt es keine europarechtlichen Regelungen, die über deutschem Recht wie dem Paragrafen 18 des Asylgesetzes stehen. Denn in der Frage, wer ins Land kommen dürfe, sei der Kernbereich der staatlichen Souveränität Deutschlands unmittelbar betroffen. Und ein souveräner Staat könne "nicht gezwungen werden, jeder Person aus der Welt, die an der Grenze angibt, Asyl zu wollen, die Einreise zu gewähren".
    Der Professor für Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht an der Universität Konstanz, Daniel Thym, bewertet die Sachlage indes anders. Er hält das Dublin-System für bindend. Zwar bestehe die Grundidee darin, dass die Länder an den EU-Außengrenzen die meisten Asylanträge bearbeiten, schreibt er im Portal Verfassungsblog. Allerdings könne Deutschland deshalb Asylbewerber nicht einfach zurückweisen. Stattdessen verlangten die Dublin III-Verordnung ein kompliziertes Verfahren, wenn jemand "an der Grenze" um Asyl nachsuche. Erst wenn ein Verwaltungsgericht grünes Licht gebe, dürfe Deutschland eine Person in den zuständigen Staat überstellen. Laut Thym wäre es zwingend erforderlich, dass Deutschland zunächst eine Notlage bei der EU anmeldet, bevor man davon abweichen kann.
    Thym hatte schon für fünf Jahren im DLF darauf hingewiesen. Auch der Asylrechtsexperte beim Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München, Constantin Hruschka, betonte bereits 2018 in einem Gastbeitrag für die Legal Tribune Online, dass es für eine Zurückweisung an einer Binnengrenze ohne Absprache und Abkommen mit den jeweiligen Nachbarstaaten keine rechtliche Grundlage gebe. Zudem heißt es immer wieder, dass der Europäische Gerichtshof die Dublin-Regeln bereits mehrfach bestätigt habe.
    Diese Nachricht wurde am 09.09.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.