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Ex-Verfassungsschützer für erneute Prüfung der Buback-Ermordung

Der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Frisch, hat es begrüßt, dass der Fall Buback erneut untersucht wird. Wenn seinerzeit der Verfassungsschutz Informationen über den Täter gehabt habe, wäre es sicherlich seine Verpflichtung gewesen, dies auch weiterzugeben. "Ob im fraglichen Fall überhaupt ein solcher Fall hier vorliegt, dazu möchte ich nichts sagen", so Frisch weiter.

    Friedbert Meurer: ... Inlands-Geheimdienst und Bundeskriminalamt stehen also in der Kritik, und darüber möchte ich reden mit Peter Frisch. Er war ehedem Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Guten Morgen, Herr Frisch!

    Peter Frisch: Guten Morgen!

    Meurer: Zur fraglichen Zeit, Anfang der 80er Jahren, waren Sie noch im niedersächsischen Landesverfassungsschutz.

    Frisch: Das ist richtig.

    Meurer: Was haben Sie damals gewusst darüber, ob und was RAF-Angehörige ausgepackt haben?

    Frisch: Darüber habe ich nichts gewusst, denn ich habe die Meldungen in der Zeitung genauso verfolgt, wie sie damals auf den Tisch kamen, aber ich war im niedersächsischen Verfassungsschutz und hatte keine Kontakte zum Bundesamt und wusste also nicht, ob da etwas geschehen ist und kann auch dazu keine Stellung nehmen.

    Meurer: Sie sind ja 1987 zum Bundesamt gewechselt als Vize-Präsident. Haben Sie da irgendetwas gehört, dass es da was geben könnte?

    Frisch: Nein, daran hätte ich mich jetzt erinnert. Darüber habe ich nichts gehört.

    Meurer: Die Behauptung des "Spiegel", Verena Becker, ein ehemaliges RAF-Mitglied, habe sozusagen in der Haft nachgegeben und habe mit dem Verfassungsschutz kooperiert. Wie glaubhaft kommt Ihnen das vor?

    Frisch: Also wenn ich jetzt hier eine Stellungnahme abgeben würde, würde ich mich irgendwie ja in einer bestimmten Richtung äußern, und das könnte so oder so ausgelegt werden. Ich kann nur sagen, ich kenne von den damaligen Vorgängen nichts. Wenn jetzt etwas behauptet wird, müsste die Sache erst noch mal überprüft werden. Dann erst würde ich mich in der Lage sehen, dazu eine Stellungnahme abzugeben, insbesondere auch mich dazu zu äußern, ob das glaubhaft ist oder nicht. Also jetzt sehe ich mich einfach nicht dazu in der Lage, da bitte ich Sie auch einfach um Einverständnis.

    Meurer: Inwieweit ist es heute noch möglich, 25 Jahre ungefähr danach, in den Akten sozusagen nachzuforschen, was damals wer gesagt hat?

    Frisch: Das wird wahrscheinlich oder möglicherweise Aufgabe der Justiz sein, und wenn bis jetzt noch keine Äußerungen gekommen sind von Behörden, könnte ich mir vorstellen, dass man da der Justiz nicht vorgreifen will. Denn es ist eigentlich immer besser, in jedem Fall erst mal genau die Sachverhalte aufzuklären, ehe man dazu eine Stellungnahme abgibt. Wenn man das nicht macht, wenn man vorzeitig aufgrund bestimmter Eindrücke eine Meinung äußern würde, könnte das falsch sein. Es gibt sehr verschiedene Meinungen, wie ich den heutigen Pressemeldungen entnommen habe - den "Spiegel" habe ich noch nicht gelesen. Es geht ja bis dahin, dass die Möglichkeit in den Raum gestellt wird, dass hier etwas bewusst Falsches behauptet worden ist. Dazu kann ich einfach nichts sagen.

    Meurer: Wenn Sie sich da zurückhalten wollen, Herr Frisch, wie sehr ist der Verfassungsschutz verpflichtet, wenn er erfährt, Person A hat einen Mord begangen, das unverzüglich der Bundesanwaltschaft mitzuteilen?

    Frisch: Das wäre sicherlich eine Verpflichtung des Verfassungsschutzes wie für jede andere Behörde, die hier eine Rolle spielt. Ob im fraglichen Fall überhaupt ein solcher Fall hier vorliegt, dazu möchte ich nichts sagen, denn […] man immer als jemand dargestellt, der nun, obwohl er schon seit sieben Jahren nicht mehr im Geschäft ist, noch irgendetwas sagen will. Sie haben mich angerufen, finde ich nett von Ihnen. Ich kann nur behaupten, wie das damals gewesen sein könnte, darüber kann ich nichts sagen. Es ist fast eine hypothetische Frage. Und dazu kann ich nichts sagen.

    Meurer: Ist es dem Verfassungsschutz erlaubt, den Quellenschutz heranzuführen als Argument, wir müssen hier eine Information erst mal zurückhalten?

    Frisch: Wie gesagt, ich kann dazu hier und will auch dazu nichts sagen. Ich kann gerne etwas dazu sagen, zu den juristischen Fragen, die jetzt eine große Rolle spielen, beispielsweise ob nun eventuell der Klar begnadigt werden muss oder - das sowieso nicht, das ist eine Sache des Bundespräsidenten - oder ob sich das nicht alles entscheidend ändert, wenn er nicht geschossen hat, sondern nur den Wagen besorgt hat. Das wäre genauso ein Fall, das wäre Mittäterschaft, so oder so. Aber das alles muss jetzt, kann jetzt noch genauer aufgeklärt werden, wenn es denn zutrifft, dass diese Behauptungen einen realen Hintergrund haben. Auch da gibt es schon andere Meinungen.

    Meurer: Man erhofft sich ja jetzt, Herr Frisch, dass noch mehr RAF-Angehörige reden, jetzt nach all den Jahren, und zur Aufklärung beitragen von einer ganzen Reihe von Anschlägen, die ja immer noch nicht ganz aufgeklärt sind. Wie groß war denn Ihrer Kenntnis nach und ist der Gruppendruck innerhalb der RAF, kein Wort zu den Behörden zu sagen?

    Frisch: Also das war, nach dem, was ich in meiner aktiven Zeit erfahren konnte, ein sehr hoher Druck, das war eine geradezu verschworene Kampfgemeinschaft, die sich in einem klar war, hier nach außen hin sagen wir nichts, und zwar absolut nichts. Das hat ja auch dazu beigetragen, dass es sehr schwierig war, hier auch Aufschlüsse über diese Gruppen zu erhalten. Ob sich das im Laufe der Zeit etwas ändert - auch diese Meldungen jetzt sind noch kein Beweis dafür, wenn die etwas Falsches sagen - das kann man nicht beurteilen. Jetzt muss man abwarten, was dazu kommt, und ich finde es richtig, dass das noch mal jetzt genau geprüft wird, denn erst dann, wenn man über eine Sache genau Bescheid weiß, wenn man die Tatsachen kennt, dann kann man eine Meinung dazu haben und dann kann man etwas beurteilen.

    Meurer: Ist damals schlecht gearbeitet worden von den Justizbehörden? Mancher sagt schon, die Urteile waren ein bisschen sehr vage und undetailliert begründet gewesen.

    Frisch: Also das will ich nicht beurteilen, kann ich nicht. Nach meiner Erinnerung an die damalige Zeit wurde sehr sorgfältig gearbeitet. Wenn ich jetzt die Berichte noch mal lese in den Zeitungen, so war es wohl damals auch so - soweit ich mich jetzt auch noch mal wiederholen kann -, dass sehr wenig Hinweise vorlagen, dass aber aufgrund der anderen Hinweise die Justiz zu dem Ergebnis gekommen ist, nach dem sie dann geurteilt hat. Wenn sich jetzt etwas wirklich anders darstellen sollte, was wie gesagt erst mal geprüft werden muss, würde ich nicht daran zweifeln, dass die Justiz hier zu einer anderen Meinung kommt. Wenn sich die Tatsachen ändern, dann glaube ich nicht, dass die Justiz hier davor zurückschrecken würde.

    Meurer: Das war Peter Frisch, ehedem Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Danke, Herr Frisch, und auf Wiederhören.