Leiden für Likes
Exotische Haustiere auf Social Media

Ob Grumpycat, afrikanische Riesenschnecken oder Affen in Schuluniformen - Tiere trenden traditionell auf Tiktok, Instagram und Co. Doch die niedlichen Videos täuschen oft über das Leid der Tiere hinweg.

Von Lena Fuhrmann |
Ein Affe, der angeleint auf dem Arm einer Touristin sitzt.
Tiere kommen immer gut an, aber artgerecht ist nur wenig, was in sozialen Medien zu sehen ist. ( IMAGO | xGreentellectx)
Sie sind die Stars auf Social Media: Haustiere. Mal knuddeln sie in Videos mit ihren Besitzerinnen, dann führen sie coole Tricks vor. Um sie kommen Nutzerinnen und Nutzer kaum herum, wie ein Forschungsprojekt zu Haustieren in den sozialen Medien an der „Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover“ zeigt.

Tiervideos genießen große Beliebtheit

In einer Umfrage gaben dort 98 Prozent der Befragten an, schon mal Tiervideos auf Social Media konsumiert zu haben. Auch den bevorzugten Content fragte Alina Stumpf ab, eine der Forschungsleiterinnen: "Da haben wir eben auch festgestellt, dass informative Tiervideos wohl sehr beliebt sind, aber auch die lustigen und unterhaltsamen Videos."
Gerade Außergewöhnliches kommt hierbei gut an: Wie Challenges mit Hunden und Katzen – obwohl die für die Tiere oft stressig oder sogar gefährlich sind. Oder auch Wildtiere wie Otter, Raubkatzen oder Igel, die in kleinen Sketchen inszeniert werden.

Tierwohlgefährdung fängt bei der Haltung an

„Hand in Hand to school“ heißt es etwa in einem millionenfach geklickten TikTok-Clip: Zu sehen sind zwei aufrecht laufende Äffchen – gekleidet in adretten Schuluniformen. So süß viele User das finden, so eindringlich zeigt es den Missbrauch exotischer Tiere auf Social Media.
Diesem Problem widmet sich aktuell ein Bericht der „Social Media Animal Cruelty Coalition“, kurz SMACC. Für ihn sichteten Tierschützer Inhalte auf Facebook, YouTube, Instagram und TikTok, die Makaken-Affen als Haustiere zeigen. In über 1200 Videos und Bildern deckte man dabei mehr als 2800 Misshandlungsformen auf: Die Tiere werden als Unterhaltungsobjekte ausgenutzt, psychisch gefoltert und körperlich gequält – teilweise bis zum Tod.

Vermenschlichung ist ein Problem

Junge Affen werden häufig wie Babys präsentiert: Ihre Besitzer wechseln als wohlsorgende Eltern ihre Windeln, geben ihnen Milch und baden sie. Viele der gezeigten Tiere trennt man direkt nach der Geburt von ihrer Mutter, um sie als Haustiere zu verkaufen. Wie sehr die Kleidung sie einschränkt und das Baden sie stresst, wie prekär und gewalttätig in vielen Fällen die Haltung ist, erkennen viele User nicht. Sie kommentieren sogar, selbst einen Affen halten zu wollen.
Bereits bei der Haltung beginne das Tierleid – beschreibt Wiebke Plasse von der Welttierschutzgesellschaft, die Mitglied bei SMACC ist: "Die überall vorhandene und dokumentierte Misshandlungsform ist, dass Affen, die Wildtiere sind, als Haustiere gehalten werden. Das ist an sich schon eine Form der Misshandlung, weil natürlich Wildtiere wie Affen nicht in eine Haustierhaltung gehören, nicht in Menschenkleidung gesteckt werden sollten und in dieser Form vermenschlicht und eben gequält werden sollten."

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User und Userinnen erkennen das Leid oft nicht

Ein Grundproblem für Tierschützerin Wiebke Plasse in sozialen Medien ist: "Dass ein Umgang oder eine Art und Weise der Haltung von Tieren bestimmter Art dargestellt wird – völlig unverblümt und völlig verschönt. Und da natürlich die Nutzer*innen es auch nicht leicht haben zu erkennen, dass das eigentlich für das Tier nicht gut ist. Nicht jeder hat tagtäglich mit dem Tierschutz zu tun und beschäftigt sich mit dem illegalen Wildtierhandel."
Der findet häufig über Social Media seine Abnehmer und profitiert von den beliebten Videos. Trotz alledem treten die Plattformen dem Tierleid wenig konsequent entgegen – tierschutzrelevante Inhalte bleiben meist auch nach einer Meldung verfügbar.

Keine Verpflichtungen für Plattformen

Rechtlich sind die Plattformen in Sachen Tierschutz eben zu nichts verpflichtet – so Plasse: "Das heißt, wir hoffen auf deren Good Will und dass die Netzwerke in ihren eigens auferlegten Gemeinschaftsstandards das Thema Tierschutz mit aufnehmen. Und hier fordern wir eben auch im Austausch mit den Netzwerkvertreter*innen global, dass verschiedene Formen des Tierleides aufgenommen werden und dann auch konsequent die Einhaltung geprüft wird."
Auch die Politik müsse die Plattformen da gesetzlich zum Handeln verpflichten. Und die Nutzerinnen sind wichtig, wenn es darum geht, den Inhalten keinen Raum zu geben und diese immer wieder zu melden: Berichte von Tierschutzorganisationen wie SMACC können dafür sensibilisieren.

"Kein Like für Tierleid"

Auch das Projekt „Umgang mit Haustieren auf Social Media“ in Hannover hat einen Instagram-Kanal gestartet, der zu Tierleid-Content aufklärt – Alina Stumpf empfiehlt: "Überhaupt nicht auf das Video – wenn es Tierleid-Inhalte zeigt – zu reagieren: Also keinerlei Interaktion, auch nicht negativ kommentieren, auch nicht disliken, weil eben jede Aktion den Algorithmus füttert und das Video noch populärer wird." Immer getreu dem Motto des Projekts: „Kein Like für Tierleid“.

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