Mehr als Tausend leuchtend grüne Papageien haben sich in der Dämmerung auf einer schmalen Baumreihe versammelt. Aus dem gesamten Stadtgebiet sind die Halsbandsittiche hierher geflogen, zu ihrem gemeinsamen Schlafplatz in der Kölner Altstadt, an der stark befahrenen Rheinuferstraße. Gekreische und herab regnender Kot - die Leute in den angrenzenden Wohnhäusern haben dieses allabendliche Spektakel satt.
Die Stadt Köln hat deshalb beschlossen, die Vögel von hier zu vertreiben, oder wie es in der Jägersprache heißt: sie zu vergrämen. Weil ihm das zu lange dauerte, griff ein Bürger zwischenzeitlich sogar zur Selbsthilfe.
Mit Böllerschussanlage auf Jagd
"Da ist ein privater Vater von Kindern aus dem Kindergarten so vorgegangen, dass er eine Böllerschussanlage gebaut hat, hat auch die Anwohner informiert, dass Morgen um acht Uhr da was los geht, und dann hat er richtig heftig diese Anlage eingesetzt, und schon waren alle Sittiche weg", so schildert es der Ornithologe Achim Kemper. Die grünen Vögel verteilten sich vorübergehend auf vier verschiedene Schlafplätze in der Altstadt. Seit Februar sind sie alle wieder zum früheren Schlafplatz zurück gekehrt. Kemper wundert das nicht, denn der alte Standort am Rheinauhafen sei ideal für die exotischen Vögel.
"Eine große Einflugschneise. Greifvögel werden durch Lichtreklamen weg gehalten, großer Autoverkehr. Die gehen unheimlich gerne auf große Parkplätze von Restaurants mit großer Leuchtreklame."
Prominente Schlafplätze in Düsseldorf
Im nahen Düsseldorf haben sich die wilden Papageien einen noch prominenteren Schlafplatz ausgesucht: Sie versammeln sich allabendlich auf der Kö, der berühmten Flaniermeile.
"In Düsseldorf gibt es die Besonderheit, dass die Halsbandsittiche zusammen mit Dohlen und Rabenkrähen diesen Schlafplatz nutzen", sagt Tobias Krause von der Stadt Düsseldorf. Und das müssten die Leute in diesem Fall einfach hinnehmen, erklärt er geduldig jedes Jahr aufs Neue, wenn im Herbst auf der Königsallee die Zahl der Sittiche, Krähen und Dohlen auf 3.000 Tiere anschwillt.
"In Düsseldorf ist der Schutzstatus des seltensten Vogels anzusetzen, das ist die Dohle, und das ist eine heimische, geschützte Vogelart, und eine Vergrämung am Schlafplatz von Dohlen kommt einfach gar nicht in Betracht."
Besonders viele Bruthöhlen im Stadtgebiet
Halsbandsittiche sind in Deutschland ausgesprochene Stadtbewohner. Sie sind kälteempfindlich, und in den Städten ist es wärmer als auf dem Land. Und hier finden sie besonders viele Bruthöhlen, in den vielen alten Bäumen in Parks und Alleen. Manche Naturschützer befürchten, die Papageien könnten einheimische Höhlenbewohner verdrängen. Stefan Nehring vom Bundesamt für Naturschutz:
"Die Sorge ist schon erst mal grundsätzlich berechtigt. Sie nutzen vorhandene Höhlen, und es gibt natürlich viele einheimische Höhlenbrüter wie die Dohle, aber es gibt natürlich auch Fledermäuse, die diese Höhlen nutzen."
Andererseits gebe es aber bislang keine Belege dafür, dass die Sittiche einheimischen Tieren tatsächlich schaden.
"Das hat höchstwahrscheinlich damit zu tun, dass diese Sittiche sehr früh im Jahr brüten und diese Höhlen nutzen, und unsere einheimischen Arten eigentlich erst danach Interesse wirklich an diesen Bruthöhlen haben."
Der Kölner Ornithologe Kemper meint sogar, dass die Sittiche einer seltenen und bedrohten heimischen Vogelart auf die Sprünge helfen, nämlich der Hohltaube.
"Der Sittich hält den Höhlenraum vor, und die Hohltaube wartet, bis der Sittich seine erste Brut vorbei hat, und dann kann die Hohltaube immerhin noch innerhalb der Sicherheit der Kolonie der Halsbandsittiche ganz erfolgreich brüten. Auf Hochdeutsch: der Halsbandsittich ist in der Lage, den Bestand der Hohltaube zu fördern."
Levve und levve losse
Die Stadt Köln will die Sittiche trotzdem im Herbst erneut an ihrem Schlafplatz am Rheinauhafen vergrämen. Anschließend sollen sie nur dann in Ruhe gelassen werden, wenn sie sich einen Ort suchen, an dem sie niemanden stören. Stefan Nehring vom Bundesamt meint:
"Vergrämen heißt im Endeffekt ja nur: Man vertreibt sie von einem Ort zum nächsten. Und dort treten dann natürlich die gleichen Probleme wieder auf. Es wird sicherlich dort keine endgültige Lösung geben können."
Die bessere Lösung wäre es wahrscheinlich, die wilden Papageien einfach zu ertragen, nach dem Kölschen Motto: Leben und leben lassen.