
Hitzewellen, lange Trockenperioden und Stürme schwächen die Bäume. Während der Wald unter den extremen Wetterkapriolen der vergangenen Jahre litt, profitierten viele Schädlinge wie Insekten und Pilze von den steigenden Temperaturen, meint der Experte des Forstministeriums in Nordrhein-Westfalen, Ralf Petercord. "Sie treiben damit den Waldumbau voran."
Fichten: Larven der Borkenkäfer fressen die Bastschicht
Die Fichte weist die höchste Absterberate aller Baumarten auf. Über Jahrhunderte setzte die Forstwirtschaft auf die schnell wachsenden Bäume, überall entstanden Reinbestände - die in den vergangenen Jahren ein gefundenes Fressen für die Larven der Buchdrucker-Borkenkäfer waren. In manchen Regionen wie dem Harz traten die Insekten seit 2018 in solchen Massen auf, dass es dort kaum noch alte Fichtenwälder gibt. Reine Fichtenwälder könnten am Ende vielleicht nur noch in den rauen Hochlagen der Alpen übrig bleiben.
Buchen: Komplexkrankheit macht Probleme
Ohne den Einfluss des Menschen wären die Wälder in Deutschland von Buchen dominiert. Derzeit kommen Buchenarten auf 16 Prozent - doch auch ihnen geht es häufig nicht gut. "Am Ende des Jahrhunderts werden es die Buchen nicht mehr schaffen, 30 bis 40 Meter hoch zu wachsen, die Wälder werden lichter und niedriger", prognostiziert der Quedlinburger Institutsleiter Hartmann.
Außerdem bereitet die sogenannte Buchenkomplexkrankheit Probleme, die häufig nach einem Hitze- oder Dürreereignis auftritt. "Es geht los mit Rissen am Stamm und einem Schleimfluss." Dann löse sich die Rinde, das Holz faule und es kämen verschiedene Pilze und holzbrütende Insekten wie der Buchen-Borkenkäfer. "Man weiß gar nicht hundertprozentig, was da abläuft", meinte Hartmann. Möglicherweise hänge es mit Bakterienbefall zusammen.
Eschen und Ahornbäume von Pilzen befallen
Beim Ahorn hingegen kennt man den Gegner: den Pilz Cryptostroma corticale. Befällt er einen Baum, blättert die Rinde flächig ab, und darunter kommt rußartiger schwarzer Staub zum Vorschein: Sporen des Pilzes. Die sogenannte Rußrindenkrankheit sei vor zehn Jahren noch überhaupt kein Thema unter Förstern gewesen, sagt Hartmann, jetzt aber seien ganze Bestände davon befallen. Die heimischen Eschenbestände wurden durch das Eschentriebsterben massiv dezimiert. Grund ist schon wieder ein Pilz: Falsches Weißes Stengelbecherchen (Hymenoscyphus pseudoalbidus). Befällt er Bäume, sterben Triebe und Zweige ab, Blätter verwelken und vertrocknen, der Stamm verfärbt sich.
Gleichgewicht funktioniert nicht mehr
"Grundsätzlich wehren sich die Bäume gegen Insekten und Pilzbefall, und zwar sehr effektiv", sagte der Waldbauexperte Petercord aus Nordrhein-Westfalen. "Aber das Gleichgewicht zwischen Bäumen und den anderen Organismen funktioniert oft nicht mehr." Nach Einschätzung von Petercord werden die Hauptbaumarten alle an Fläche verlieren. Dafür hätten andere Arten die Chance, viel häufiger in Deutschland zu stehen: die Hainbuche, die Flatterulme oder auch die Erle.
Was heimisch war, muss nicht heimisch bleiben
Klar ist den Fachleuten: Reinbestände haben keine Zukunft. Fichtenwälder werden schon seit mehr als 30 Jahren in Mischwälder umgebaut, wie die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald erklärt. Eine neue europäische Studie unter Beteiligung des Thünen-Instituts für Waldökosysteme kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Wälder in Zukunft um Bäume aus anderen Regionen ergänzt werden sollten. In dem Bericht ist von einer "unterstützten Migration" die Rede, bei der Baumarten auch aus entfernten Regionen ausgewählt werden, weil sie am besten an das künftige Klima angepasst sind.
Diese Nachricht wurde am 30.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.