Das Bundesinnenministerium befragte der Süddeutschen Zeitung (SZ) zufolge von Februar bis Mai 28 Expertinnen und Experten zu dem Auslagerungsmodell, das etwa Italien mit Albanien anstrebt. Dabei sollen Asylbewerber für die Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der EU gebracht und dort in Lagern untergebracht werden. Unter den Befragten seien Juristen, Regierungsvertreter, Wissenschaftlerinnen und Hilfsorganisationen gewesen, heißt es.
Sachverständige skeptisch bei rechtlicher Umsetzung - Asylzentzen im Ausland "teuer und ineffizient"
"Viele Sachverständige äußerten sich skeptisch bis kritisch zu den rechtlichen und tatsächlichen Umsetzungsmöglichkeiten" des Auslagerungsmodells, zitierte die ARD aus dem Bericht. Der Grund für die Skepsis seien juristische Bedenken, aber vor allem Fragen von Kosten und Nutzen, berichtete die SZ. Die Zeitung sowie NDR und WDR haben nach SZ-Angaben 21 der Experten-Einschätzungen ausgewertet.
Ein Großteil der Fachleute sind sich demnach einig, dass Asylzentren im Ausland teuer und ineffizient seien, da nur sehr wenige Menschen über ein solches Vorhaben tatsächlich ins Ausland gebracht werden. Überdies hielten es viele Befragte für unwahrscheinlich, dass sich Staaten zur Aufnahme Asylsuchender aus Europa bereit erklärten, berichteten die Medien weiter.
Eine Mehrheit der 21 Migrationsexperten warne überdies vor schwerwiegenden ethischen, menschenrechtlichen und politischen Folgen solcher Pläne, hieß es. Auch hätten mehrere Sachverständige darauf hingewiesen, dass eine Abschreckung durch diese Modelle nicht erwiesen sei, berichtete die ARD unter Berufung auf das Dokument des Bundesinnenministeriums.
Linnemann (CDU): Rasche Umsetzung der Drittstaaten-Lösung bei Asylverfahren
Zuletzt hatte sich CDU-Generalsekretär Linnemann für die rasche Umsetzung der Drittstaaten-Lösung bei den Asylverfahren ausgesprochen. "Jetzt kommen überwiegend die Falschen", kritisierte Linnemann. "Die Drittstaaten-Regel ist die Lösung. Das sagen alle Experten", meinte er weiter. Auch die unionsgeführten Länder sowie die FDP verlangen eine Debatte über die Auslagerung von Asylverfahren. "Wir erwarten von Bundeskanzler Scholz klare Aussagen, wie Asylverfahren in Transit- und Drittstaaten außerhalb der EU stattfinden können", sagte der hessische Regierungschef und Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Rhein (CDU), der "Augsburger Allgemeinen". FDP-Fraktionschef Dürr hatte bereits im April gefordert, die Möglichkeit solcher Verfahren in Drittstaaten zu prüfen.
Britisches "Ruanda-Modell" mit EU-Regeln unvereinbar
In Großbritannien hatte das Parlament Ende April einen umstrittenen Plan zur Abschiebung von Migranten nach Ruanda gebilligt. Er erlaubt die Abschiebung illegal eingereister Menschen nach Ruanda, ohne dass deren Herkunft oder ihr Asylantrag vorher geprüft wird. Die Asylanträge der Abgeschobenen sollen dann von der Regierung in Kigali geprüft werden. Sollten sie bewilligt werden, bekommen die Flüchtlinge ein Aufenthaltsrecht in dem ostafrikanischen Land und dürfen nicht nach Großbritannien zurückkehren. Das britische "Ruanda-Modell" ist allerdings mit den EU-Regeln vorerst nicht vereinbar.
Diese Nachricht wurde am 18.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.