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Expertenregierung in Österreich
"Es kann sich nur um eine Übergangslösung handeln"

Nach dem Ende der rechtskonservativen Regierung Österreichs ist eine Expertenregierung vereidigt worden. "Ich halte es kaum für ein Dauermodell. Es war vor allem schnell machbar", sagte Politikwissenschaflter Peter Filzmaier im Dlf. Neue Parteipolitiker hätten zu neuen Misstrauensvoten geführt.

Peter Filzmaier im Gespräch mit Michael Köhler |
Österreichs Bundespräsident Van der Bellen hat das neue Expertenkabinett vereidigt: Gruppenbild in der Bundespräsidentschaftskanzlei.
Keine Politiker, sondern Experten - Österreichs Bundespräsident Van der Bellen hat das neue Expertenkabinett vereidigt (imago stock & people)
Nachdem die österreichische Bundesregierung durch das Misstrauensvotum abberufen wurde, musste der Bundespräsident unverzüglich handeln. Ex-Höchstrichter und hohe Beamte, die bereits mit dem Mangement eines Ministeriums vertraut seien, seien dabei die beste Wahl gewesen, sagte der Politologe Peter Filzmaier im Deutschlandfunk.
"Von der Straße weg konnte man da ja niemanden engagieren. Und neue Parteipolitiker hätten zu neuen Misstrauensvoten im Nationalrat geführt. Anders als in Deutschland muss sich keine Mehrheit für einen Kanzler finden, da genügt es, dagegen zu sein. Und wenn wöchentlich eine Regierung abberufen wird, das wäre dann wirklich eine Staatskrise gewesen."

Kurzfristig seien Expertenregierungen populär, weil es sich eben nicht um Politiker handele, sagte Filzmaier. Die Branche Politik hätte ein schlechtes Image. Langfristig laufe die Expertenregierung aber die Gefahr, auch unpopulär zu werden, vor allem, wenn klare politische Entscheidungen verlangt werden. "Genau das will die österreichische Regierung vermeiden. Das geht aber nicht über Jahre, sondern nur über Monate."
Schnelle Lösung, aber keine dauerhafte
Der Mandatsträger ist der gesamten Bevölkerung verpflichtet und nicht einzelnen Interessensgruppen, daher ginge es vor allem ums Verwalten und nicht um das Gestalten, sagte Filzmaier: "Weil die Expertenregierung nicht demokratisch legitimiert ist. Deshalb kann es sich nur um eine Übergangslösung handeln bis zur Nationalratswahlen im September." Wenn einzelne Mitglieder der Expertenregierung auch langfristig regieren wollten, müssten sie bei der Nationalratswahl kandidieren. Das ginge auch, ohne eine Partei zu gründen. Es genüge, eine Wahlliste aufzustellen.
"Man muss den Begriff Experte auch hinterfragen. Denn es ist nicht möglich, sich in allen Bereichen eines Ministeriums perfekt auszukennen." Beispielsweise sei der Finanzminister in Österreich auch für das Beamtendienstrecht und den gesamten Sport zuständig. Die Expertise liege darin, dass es Personen seien, die sich im Verwaltungsmanagement Erfahrung hätten. Das sei wichtig, wenn es um eine schnelle Lösung gehe. In der Kommunikation und politischen Verhandeln hätten sie allerdings keine Erfahrung und tendierten dazu, etwas objektiv für wahr oder falsch zu halten. "Die absoluten Wahrheiten in der Politik gibt es aber eher nicht."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.