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Explosive Altlast

Jedes Jahr verletzen vergessene Minen rund 20.000 Menschen, viele davon sind Kinder. Minenräumer suchen deshalb Zentimeter für Zentimeter die Minenfelder ab, häufig mit Hilfe von Metalldetektoren. Doch effektiv ist diese Methode nicht. Wie praxistauglich sind neue Räumtechnologien?

Von Anne und Sven Preger |
    Eine Landstraße, Anfang Oktober. Ab und zu fährt ein Auto vorbei. Auf der einen Straßenseite: bewirtschaftete Felder. Auf der anderen wachsen Sträucher und Bäume so weit das Auge reicht. Ein kleiner Weg endet nach wenigen Metern im Gebüsch - dort steht ein Schild. Ein Totenkopf warnt: Minen! Einen Zaun gibt es nicht. Wir sind im Süden Kroatiens, auf dem Weg nach Benkovac.

    Unser Ziel ist ein etwas anderes Minenfeld. Ein Testfeld. Die Minen dort sind entschärft. Gefahrlos werden Minensucher ausgebildet und Suchgeräte getestet.

    Männer in grünen Overalls stehen im Halbkreis vor dem Testgelände. Der Leiter des Testfelds begrüßt die Minensucher auf Kroatisch. Ein Kollege übersetzt ins Englische. Die Männer stammen aus Kroatien, Montenegro und Serbien. Zwei Wochen lang werden sie Metalldetektoren testen. Neun Modelle von Herstellern aus der ganzen Welt treten gegeneinander an. Am Ende soll klar sein, welche Detektoren für den Einsatz auf dem Balkan am besten geeignet sind.

    In Südosteuropa gibt es noch viele Landminen - lebensgefährliche Überbleibsel aus dem Balkankrieg. Weltweit sind über 80 Länder mit Landminen verseucht. Die Räumung der Minen - mühsam und teuer. In den vergangenen Jahren sind unzählige Such- und Räumtechnologien ausprobiert worden: Von Tieren mit empfindlichen Nasen über chemische Sensoren bis hin zu elektromagnetischen Wellen wie Radar oder Röntgenrückstreuung. Jedoch kaum ein Ansatz hat es in die Praxis geschafft. In Minenfeldern werden weiterhin vor allem Räumfahrzeuge und Metalldetektoren eingesetzt, erzählt Dieter Gülle. Jahrelang hat er in Mosambik und anderen Ländern Minenfelder geräumt. Seine Erfahrung bringt der 64-jährige Militärwissenschaftler jetzt an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung ein - als Testleiter in Kroatien. Dieter Gülle weiß, wie aufwändig das Suchen mit Metalldetektoren ist.

    "Er ist kein Minendetektor, es ist ein Metalldetektor, wie der Name sagt, und dieser Detektor ist nur in der Lage zu sagen: "Hier ist ein Stückchen Metall". Und in Kampfgebieten, wo Leute leben, wird überall Metall weggeschmissen, ob es nun ein Flaschendeckel ist, Nägel, Hufeisen, was auch immer. Alles, was weggeschmissen wird, ist Metall und wird vom Detektor festgestellt."

    Die Detektoren funktionieren nach einem einfachen Prinzip: Man hält eine flache, aus Draht gewickelte Spule knapp über den Boden. Die Spule steht unter elektrischer Spannung. Das erzeugt ein Magnetfeld in der direkten Umgebung. Steckt in diesem Bereich ein Stück Metall, so baut es seinerseits ein Magnetfeld auf. Dieses Sekundärfeld erkennt der Metalldetektor und gibt seinem Benutzer ein akustisches Signal.

    Dieses nervende Geräusch bekommt ein Minensucher oft zu hören - im Mittel viele hundert Male, bevor er wirklich eine Mine findet. Doch jedem Signal muss er nachgehen, jedes Metallstück muss er ausbuddeln. Und manchmal ist es nicht mal ein Stück Schrott, sondern der Boden selbst, der den Metalldetektor zum Piepen bringt. Könnte man die Rate der Falschalarme verringern, würde das Räumen von Minenfeldern schneller gehen. Dieses Ziel verfolgt ein deutsches Forschungsprojekt.
    Die Wissenschaftler wollen die Geräte so verbessern, dass sie den Minensuchern mehr Informationen über ein verdächtiges Objekt liefern - etwa die Tiefe oder die Gestalt des Gegenstandes. Dafür hat das Bundesforschungsministerium 4,5 Millionen Euro bereitgestellt. In dem Projekt forschen Mathematiker, Elektrotechniker, Geophysiker - und der Bodenkundler Holger Preetz. Er arbeitet am Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben in Hannover.

    "Böden können aufgrund ihrer starken Magnetisierbarkeit ein derart starkes Signal im Metalldetektor hervorrufen, so dass der kleine Metallanteil, den die Landmine noch aufweist, nicht mehr gefunden wird. Das Messsignal, dass der Metalldetektor empfängt, wird ausschließlich vom Boden verursacht."

    Verantwortlich für die Magnetisierbarkeit sind bestimmte Eisenminerale wie Magnetit und Titanomagnetit. Diese Minerale stammen bereits aus dem Gestein, aus dem der Boden einmal hervorgegangen ist. Häufig sind das dunkle Gesteine vulkanischen Ursprungs wie Basalte. Mit einem Blick auf die geologische Karte lassen sich also bereits problematische Böden erkennen. Ihren störenden Einfluss können moderne Detektoren jedoch kompensieren.

    "Das Problem besteht dann darin, dass das nur bis zu einem gewissen Ausmaß zu machen ist, ohne die gesamte Funktionsfähigkeit des Geräts in Frage zu stellen. "

    Denn je unsensibler man einen Metalldetektor einstellt, desto größer die Gefahr, eine Mine zu übersehen. Außerdem können sich die Eigenschaften des Bodens auf kleinstem Raum ändern:

    "Und wenn ich das an einer Stelle eingestellt und kompensiert habe, das Metallsuchgerät, dann heißt das nicht, dass das 20 cm weiter auch noch in der gleichen Weise funktionieren muss."

    Im November 1995 verkündete Bill Clinton das offizielle Ende des Krieges.
    Die Staaten des ehemaligen Jugoslawiens sind nur wenige Beispiele für minenverseuchte Länder. Besonders afrikanische Staaten litten unter den Stellvertreter-Kriegen der ehemaligen Supermächte. Erst als dieser Kalte Krieg zu Ende ging, kam das humanitäre Minenräumen auf die politische Agenda. Menschenrechtsorganisationen gründeten schließlich die International Campaign to Ban Landmines. 1997 wurde dieses Bündnis gegen den Einsatz von Landminen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Im selben Jahr wurde im kanadischen Ottawa ein Abkommen vorbereitet. Darin verpflichteten sich die teilnehmenden Staaten, keine Antipersonenminen mehr einzusetzen und auf Herstellung und Handel zu verzichten. Einer der ersten Unterzeichner war Kroatien.

    Bernhard Schlegel packt Metalldetektoren aus.

    Die deutsche Firma Vallon hat den Techniker nach Benkovac geschickt. Gemeinsam mit den Minensuchern, bereitet er seine Geräte auf den Einsatz vor.

    "Also, ich laufe jetzt irgendwie, hab hier meine Bahn, geh von links nach rechts in einer Schwenkfunktion vorbei. Und dann habe ich da ein Signal gehabt. "

    Bernhard Schlegel schwenkt den Metalldetektor über den Boden.

    "Dann gehe ich noch mal zurück und fahre noch mal drüber und dann gucke ich von der Seite, mache mir hier in Gedanken eine Markierung. Geh von der Seite her, und mach mir eine Markierung. Dann kann ich es einkreisen auf die zehn Zentimeter. "

    Unter dem Detektorkopf liegt ein 20-Cent Stück gut sichtbar im Gras. Normalerweise liegen Minen nicht auf dem Boden, sondern sind wenige Zentimeter tief eingegraben. Mit vergrabenen Objekten geht es in der Schulung an einem Sandkasten weiter. Immer wieder fahren die Minenräumer mit dem Detektorkopf über den Sand und fangen dann an zu graben.

    Mit einer kleinen Schaufel legt einer der Minensucher eine entschärfte Mine frei. Sie ist so klein wie eine Husten-Bonbon-Dose, eine PMA-2. Diese Mine wurde im Balkankrieg häufig eingesetzt. Sie enthält nur wenig Metall. Eine Herausforderung für die Hersteller von Detektoren. Zwei von drei deutschen Firmen sind bei dem Test in Benkovac vertreten.

    "Also erstmal ist für uns wichtig: Wie ist unser Gerät für die Deminers verständlich. Ein anderer Fall ist natürlich, wenn wir bei den Tests gut abschneiden, können wir das natürlich auch als Marketing-Sache verwenden und wenn wir schlechter sind, haben wir natürlich auch einen Bezugspunkt: Wo stehen wir? Wie können wir quasi wieder nach vorne kommen? "

    Humanitäres Minenräumen ist ein Geschäft, das durch Spenden finanziert wird. Deshalb kommt es beim Suchgerät nicht nur auf die Qualität an, sondern auch auf den Preis. Minenräumorganisationen investieren nicht nur in Detektoren, sondern auch in gepanzerte Räumfahrzeuge. Die sind zwar sehr teuer, sparen jedoch Zeit: In einem Arbeitsschritt walzen sie die Vegetation um, brechen den Boden auf und lassen Minen an Ort und Stelle explodieren. Die Räumfahrzeuge sind aber nicht überall einsetzbar. Ist das Gelände zu unwegsam, räumt der Mensch. Alle Arbeitsschritte sind gefährlich. Seit dem Beginn des humanitären Minenräumens wurden knapp 500 Unfälle bekannt. Dieter Gülle hat beobachtet, dass Anfänger andere Fehler machen als erfahrene Minensucher:

    "In der ersten Zeit werden Bewegungsregeln verletzt, es wird in Gebiete gegangen, die markiert sind als gefährlich. Und dort passiert es dann, dass eben Minen ausgelöst werden. Die nächste Phase ist, wenn diese Personen eine gewisse Zeit in der Funktion gearbeitet haben, dass sie unvorsichtig werden in der Nutzung der Geräte, die ihnen zur Verfügung stehen zum Minensuchen."

    Das Suchgerät kann noch so gut sein - ist ein Minensucher zu unerfahren oder unaufmerksam, kann er Detektorsignale falsch interpretieren. Im Minenfeld ist das lebensgefährlich. Doch auch Metalldetektortests werden durch diesen menschlichen Faktor beeinflusst. Deshalb ist Marija Bertovic beim Test dabei. Die kroatische Psychologin will herausfinden, welche Eigenschaften einen erfolgreichen Sucher auszeichnen.

    "Ich mache mit allen Minensuchern einen Persönlichkeitstest. Ich will herausfinden, ob bestimmte Charaktereigenschaften beeinflussen, welche Faktoren während der Arbeit als hilfreich oder störend empfunden werden - zum Beispiel Wetter, Bezahlung, die schwere Schutzkleidung oder Zeitdruck. Wir wollen das in Beziehung setzen zu dem Erfolg der einzelnen Minensucher auf den Testflächen. "

    Ein kroatischer Minensucher mit schwerer Schutzweste und Helm steht am Anfang einer Testbahn. Sie ist 1 Meter breit und 30 Meter lang. Auch echte Minenfelder werden für die Räumung in Streifen unterteilt. Hier im Test sind die Landminen einige Zentimeter tiefer eingegraben als üblich, erklärt Testleiter Dieter Gülle:

    "Der Test ist so angelegt, dass wir nicht höher als mit 60, 70 Prozent Markierungsrate rechnen und rechnen wollen. Weil nur unter diesen Bedingungen wir einen Unterschied zwischen den Detektoren finden können. Ansonsten, wenn es zu einfach gemacht wird, findet jeder alles."

    Vor uns liegen sechs Bahnen. Auf allen sind Minensucher unterwegs. Je zwei Bahnen sind mit demselben Boden präpariert. Die Böden unterscheiden sich durch ihren Gehalt an magnetisierbaren Mineralen und Steinen - es gibt drei Schwierigkeitsgrade. Die Sucher brauchen für die 30 Meter Teststrecke über 30 Minuten. Dort, wo sie eine Mine vermuten, legen sie einen roten Markierungschip ab. Insgesamt sind es knapp zwei Dutzend Minensucher, die 9 Metalldetektoren testen.

    "Die Metalldetektoren bisher geben ein akustisches Signal. Die piepen. Und zwar piepen die bei jedem beliebigen Metallteil."

    Stefan Helwig sitzt in einem Seminarraum an der Universität Köln. Der Geophysiker will zusammen mit seinen Kollegen Metalldetektoren verbessern. Sie arbeiten in dem Projektverbund des Bundesforschungsministeriums.

    "Und unsere Aufgabe ist es, die Daten, die ein solcher Metalldetektor erzeugt, abzuspeichern und auszuwerten und eine Zusatzinformation zu geben, ob es sich jetzt um eine Mine handelt oder um ein anderes Objekt."

    Das funktioniert so: Zuerst sind die Forscher mit einem Metalldetektor über einfache Objekte wie Metallkugeln gefahren. Die Spannungsänderungen in der Detektor-Spule, die dabei normalerweise das Piepen hervorrufen, werten die Forscher nun am Computer aus. Dadurch verstehen sie die Signalverarbeitung des Gerätes so genau, dass sie nun auch Signale von noch unbekannten Objekten interpretieren können. Sie finden heraus, welche Form ein vergrabenes Metallteil hat, wie groß es ist und wie tief es im Boden liegt. Von der praktischen Anwendung ist das Verfahren aber noch weit entfernt. Es funktioniert nämlich nur, wenn der Minensucher den Detektorkopf in klar definierten Bahnen schwenkt.

    "Idealerweise in so einer Art Schachbrettraster. Und das ist aber natürlich sehr schwierig zu machen. Das heißt momentan wird das mit einer Art Roboter gemacht. Und das muss von unserer Seite aus noch verbessert werden, dass ein Minensucher das machen kann."

    Die Kölner Geophysiker hoffen, dass Metalldetektor-Hersteller ihr Verfahren übernehmen und in die Geräte integrieren. Metalldetektoren würden dadurch zwar intelligenter - ob sich Minensucher jedoch komplett auf sie verlassen würden, das bezweifelt Stefan Helwig.

    "Für jemanden, der eine Mine sucht, hängt sein Leben davon ab. Und die Information, die wir herausgeben, ist nicht die Information: Dort liegt eine Mine und dort liegt keine Mine, sondern wir geben halt raus: In so und soviel Zentimeter Tiefe liegt ein Metallobjekt, was eine gewisse Länge hat und eine gewisse Breite hat. Jetzt muss derjenige, der die Mine sucht, entscheiden: "Muss ich dieses Objekt ausgraben, oder muss ich das nicht ausgraben?" Und ich glaube nicht, dass sich jemand darauf verlässt und jetzt sagt: "Ok, das ist 100-ig sicher und ich trete da jetzt drauf." Also ich persönlich würd's nicht tun."

    Weltweit gibt es über 600 Minentypen. Jeder Typ sieht anders aus, nicht alle enthalten Metall, aber in allen steckt Sprengstoff. Diesem Bestandteil sind andere Forscher auf der Spur - sie haben Witterung aufgenommen mit Hilfe einer künstlichen Nase.

    Sie soll flüchtige Bestandteile des Sprengstoffs TNT erschnüffeln, das DNT. Die wenigsten Minen sind luftdicht verschlossen. Sie verraten sich durch ihre Ausdünstungen. Das nutzt Reinhard Noske aus. Der Ingenieur arbeitet an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin. Er glaubt, dass die künstliche Nase einem Minensucher in der Praxis helfen kann.

    "Und wenn man jetzt ein zusätzliches Indiz hätte, wo man sagt, wir können auch noch DNT feststellen, dann ist also wieder eine Sicherheit gegeben, dass dort tatsächlich eine Mine zu erwarten ist. Und wir haben ein System, dass es uns ermöglicht, unabhängig von den Bodenbeschaffenheiten eine ergänzende Aussage zu geben über ein Vorhandensein von Minen. "

    Reinhard Noske kann sich den Einsatz der Sprengstoff-Nase in Zukunft in Kombination mit anderen Suchgeräten vorstellen. Immer dann, wenn zum Beispiel ein Metalldetektor piept, wird die Nase eingeschaltet. Konkret funktioniert das so: Luft wird angesaugt. Dann werden alle DNT-Teilchen herausgefiltert und in den Detektor geleitet. Dort lagern sie sich an einer beschichteten Fensterscheibe an, die sich verdunkelt. Je mehr DNT, desto dunkler wird die Scheibe.
    Die Nase konkurriert mit echten Schnauzen: Viele Tiere wie Hunde, Ratten und Bienen können DNT riechen. Mit letzteren lässt sich die Nase kombinieren.

    "Denn die Eigenart, dass die Bienen überall rumfliegen und natürlich Nektar sammeln, führt auch dazu, dass sie durch entsprechende Gaswolken fliegen, in denen sozusagen TNT in der Luft sich befindet. Und diese Gerüche nehmen sie mit zurück in ihren Bienenstock. Und wir haben bei ersten Messungen festgestellt, dass es durchaus möglich ist, im Bienenstock diese Stoffe nachzuweisen. "

    Mit diesem Verfahren könnte überprüft werden, ob Minenfelder in der Umgebung eines Bienestocks komplett geräumt sind. Darüber hinaus sollen Bienen auch als aktive Sprengstoffsucher dienen, indem sie Stellen mit DNT-Geruch anfliegen. Damit die Bienen ein Gebiet systematisch absuchen, wird in Deutschland sogar eine Roboterbiene entwickelt, die den Tieren im Stock vortanzt, wohin sie fliegen sollen. Ob die Bienen etwas finden, lässt sich nur überprüfen, wenn man ihr Flugverhalten beobachtet - in einem verwilderten Minenfeld nahezu unmöglich.
    In der Praxis eingesetzt werden andere Nasen - die von Hunden: Sie kommen dort zum Einsatz, wo Metalldetektoren aufgrund der Bodenverhältnisse versagen, oder als Kontrolle nach dem Räumen. Minensucher führen die Hunde Schritt für Schritt an der Leine durch das Minenfeld. Wittern die geschulten Tiere Sprengstoff, setzen sie sich vor der entsprechenden Stelle auf den Boden. Konkurrenz bekommen die Hunde allein von einer afrikanischen Rattenart. Sie wird in Mosambik eingesetzt.

    "Es war kein Krieg, wo Armeen gekämpft haben. Es war mehr ein Bandenkrieg oder ein Buschkrieg, wo Kampfhandlungen stattgefunden haben, die Truppen sich wieder getrennt haben von einander, so dass die Minenlage ganz anders war als sie in anderen Ländern ist. "

    Mosambik hat zwei langwierige Kriege hinter sich. Mitte der 60er Jahre ging die Revolutionsbewegung gegen die portugiesische Besatzung in den bewaffneten Widerstand. Die Kolonialmacht verminte während der kommenden Jahre Grenzgebiete. Als Mosambik nach über einem Jahrzehnt Krieg 1975 unabhängig wurde, begann der Bürgerkrieg. Diesmal wurden auch Straßen, Brücken und Felder vermint. Seit 1992 ist der Kampf offiziell vorbei. Die lebenswichtigen Gebiete sind inzwischen geräumt. Komplett gelöst ist das Minenproblem jedoch noch nicht.

    In Mosambik erschweren die Böden vielerorts die Arbeit mit Metalldetektoren, erzählt der Bodenkundler Holger Preetz. Er hat in Mosambik die magnetischen Eigenschaften von Böden untersucht. Eine Technologie, die davon nicht beeinflusst wird, ist das Georadar. Dieses Gerät kann Informationen über die Gestalt eines Objekts im Boden liefern. Ganz ohne Schwierigkeiten geht das jedoch noch nicht.

    "Mit dem Georadar kann man überall da gut arbeiten, wo es trocken ist. Aber oft sind die Landminen ja in den tropischen oder subtropischen Gegenden eingegraben und wenn jetzt nach einem Regenguss die Austrocknung des Bodens anfängt, dann passiert die nicht gleichmäßig und wenn ich dann mit dem Georadar hergehe und meine Messung mache, dann werde ich dort größere Probleme haben, die Landmine zu finden. "

    Allein wird das Georadar in der Praxis nicht eingesetzt. Deshalb sind in den vergangenen Jahren Dual-Sensoren entwickelt worden, die das Georadar mit Metalldetektoren kombinieren. Das Problem bei der Umsetzung: Das Georadar enthält Metall, das den Metalldetektor stört. Nur wenige Entwickler haben das Problem mittlerweile gelöst und serienreife Modelle auf den Markt gebracht. Sie sind um ein Vielfaches teurer als Metalldetektoren. Damit Minenräumorganisationen solche Geräte anschaffen, müssen sie auch um ein Vielfaches besser sein. Räumexperte Dieter Gülle ist gespannt:

    "Das ist was, was ich herausbekommen möchte (lacht). Dazu kann man nur sagen: Es gibt zurzeit leider nur Berichte und Einschätzungen, die von den Herstellern gemacht wurden. Und da sollte man doch gesunde Vorsicht walten lassen."

    Im Frühjahr wird Dieter Gülle hier in Benkovac Dual-Sensoren testen. Er steht in Jeans und orangenem T-Shirt auf einer Testbahn und vermisst gerade, wohin ein Minensucher Plastikchips als Markierung für gefundene Minen gelegt hat. Wo die Minen in der Testbahn wirklich vergraben sind, wissen die Forscher auf den Millimeter genau. Ebenso genau werden jetzt die Chips der Minensucher vermessen. Liegt ein Chip im Radius von 5 cm um eine Mine, zählt das als Treffer. Negativ gewertet wird, wenn der Chip zu weit weg liegt oder eine Mine übersehen wurde. Die Trefferquoten sind unterschiedlich:

    "Es hängt sehr viel von der Persönlichkeit des Deminers an. Der hier zum Beispiel gearbeitet hat, hat mir gefallen und man sieht auch: Die Anzahl der Ziele, die er markiert hat, kommt der Anzahl der tatsächlich vergrabenen Ziele nahe."

    Wie viele das sind, ist Testgeheimnis. Nicht jeder Minensucher platziert seine Chips so treffsicher. Auf dem schwierigsten Boden findet einer der Sucher viermal so viele Ziele wie vergraben und braucht für die Bahn drei Stunden. Der Erfolg ist nicht nur eine Frage des Bodens und des Gerätes, sondern auch der Erfahrung. Wer mehr Übung mit Metalldetektoren hat, schafft im Test die besseren Ergebnisse.

    Die Psychologin Marija Bertovic geht davon aus, dass die Minensucher am besten abschneiden, die ihre Arbeit ernst nehmen und besonders aufmerksam sind. Motivierend ist eine gute Bezahlung. Negativ ist Druck von Vorgesetzten genauso wie schlechtes Wetter. Wie stark sich der menschliche Faktor auswirkt, lässt sich jedoch nur schwer verallgemeinern.

    "Es ist schwierig, Schlussfolgerungen zu ziehen mit nur 24 Minensuchern. Wir versuchen es, aber wir können nicht sicher sein. Ideal wäre es, wenn wir von fast allen aktiven Minensuchern in Kroatien Persönlichkeit und Effizienz vergleichen könnten."

    Dieses Wissen kann nicht nur dabei helfen, Arbeitsbedingungen zu verbessern, sondern auch, geeignete Minensucher zu finden. Deshalb hält Marija Bertovic es für sinnvoll, dass in Zukunft die Persönlichkeit von Bewerbern getestet wird.

    "Ich denke, das sollte gemacht werden. Jeder kann sich melden und räumen, aber vielleicht ist das nicht sicher. Vielleicht sollten Bewerber sowohl eine gründliche medizinische Untersuchung durchlaufen als auch psychologische Tests - obwohl in Kroatien die Standards höher sind als in anderen Ländern, wo es keine medizinische Voruntersuchung gibt. "

    Die Minensucher sind abhängig von der Technik. Ein guter Metalldetektor zeichnet sich dadurch aus, dass er möglichst viele Metallteile findet und möglichst wenig anderes. Das haben in Benkovac zwei Geräte besonders gut geschafft. Sie kommen aus Australien. Auf vier Quadratmetern haben sie nur ein oder zwei Fehlalarme, verpassen aber - wie von den Testleitern geplant - ein paar der verlegten Objekte. Fast alle Objekte findet ein deutscher Detektor, schlägt aber viel zu häufig ohne Grund Alarm. Und das kostet im echten Minenfeld viel Zeit. Die detaillierten Ergebnisse werden in den kommenden Tagen in Berlin auf einer Konferenz vorgestellt.

    Für die Balkan-Länder sind diese Testergebnisse wichtig. Noch immer liegen
    allein in Kroatien rund 240-tausend Landminen. In Serbien sind es eher Splitterbomben, die geräumt werden müssen. Am dortigen Zentrum für Minenräumung arbeitet Josip Marić als Inspektor. Ein Gebiet für geräumt zu erklären, sei keine leichte Aufgabe, sagt er.

    " Ja, natürlich ist es eine besondere Verantwortung für mich. Sie können sich vorstellen, was passiert, wenn ich ein Feld für geräumt erkläre und dann findet jemand danach eine Mine in diesem Gebiet. Es ist eine sehr verantwortungsvolle Arbeit."

    Immerhin: Das gemeinsame Minenproblem gibt den Balkanvölkern die Chance, wieder zueinander zu finden.

    "Die internationalen Minenräumorganisationen haben dasselbe Ziel: die Minen so schnell wie möglich loszuwerden und das Leben von Kindern zu retten. Das gibt uns die Stärke, so zusammen zu arbeiten wie vor dem Krieg."

    Unterstützt werden sie bei dieser Arbeit unter anderem von Deutschland. Seit 1992 hat die Bundesregierung insgesamt über 140 Millionen Euro für Minenräumung und Opferhilfe ausgegeben. Das Ottawa-Abkommen hat Deutschland als eines der ersten Staaten unterzeichnet. Es fehlen jedoch Länder wie Israel, China, Russland und die Vereinigten Staaten.

    Das Ottawa-Abkommen hat Lücken: Es beschränkt sich auf Antipersonenminen. Splitterbomben und Antifahrzeugminen sind nicht verboten, aber genauso gefährlich. Jährlich werden rund 20-tausend Menschen durch Minen verletzt oder getötet. Damit sich das ändert, muss die Forschung endlich Räumtechnologien liefern, die im Minenfeld bestehen. Doch kaum ein Forschungsansatz hat das Grundlagen-Stadium bisher verlassen.

    "Es kommt aber immer wieder heraus, dass am Ende der Mensch mit dem Metalldetektor das ganze abschließen muss und auch dann am Ende sagt: "Hier, das habe ich geräumt, das ist sicher.""