Vor einem Jahr waren nur ausgesprochene Optimisten der Meinung: Diese Weltausstellung wird wie geplant am 1. Mai 2015 in Mailand stattfinden. Damals enthüllte die Polizei einen Bestechungsskandal rund um die EXPO Baustelle vor den Toren der Stadt. Die Bauarbeiten liefen dagegen überhaupt nicht wie geschmiert, Verspätung in allen Bereichen.
Am Ende war es ein enormer Kraftakt, Tag und Nacht wurde an den Pavillons gebaut. Und so kann Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi wie geplant heute Mittag die EXPO 2015 eröffnen. "Diese EXPO wird nicht nur das Schaufenster Italiens sein, sondern auch eine Herausforderung Italiens. Jeden Tag gibt es ja jemanden, der uns sagt, was wir alles besser machen könnten. Ja, das stimmt, man kann sich immer verbessern. Aber diese Expo ist die einzigartige Gelegenheit für Italien, wieder Italien zu werden."
Zum Auftakt der Weltausstellung zeigt sich der Gastgeber von seiner besten, von seiner schönsten Seite. Startenor Andrea Boccelli sang am Abend vor der spektakulären Fassade des Mailänder Doms.
In den Straßen der Stadt sind auch andere Töne zu hören, zum Beispiel diese: Gestern demonstrierten Schüler und Studenten gegen die Großveranstaltung. Und die Polizei rechnet auch heute mit Protesten und fürchtet gewalttätige Auseinandersetzungen mit Globalisierungsgegnern und autonomen Gruppen auch aus Deutschland. Bei Hausdurchsuchungen in den letzten Tagen wurden Sprengkörper, Schlagstöcke und Gasmasken sichergestellt. Italiens Umweltminister Gian Luca Galletti hat wenig Verständnis für die Proteste. "Was mich am meisten irritiert, ist der Gegensatz zwischen dem Thema der EXPO und den Demonstranten. Das Thema der Expo ist eine große moralische Botschaft. Es geht um Nahrung und um die Möglichkeit, eine Lösung für ein globales Problem zu finden."
Hohe Türme mit Lebensmitteln bei den Schweizern
"Feed the Planet". Den Planeten ernähren. Unter diesem Motto startet heute die EXPO in Mailand. Mehr als 145 Länder sind auf dem Ausstellungsgelände am Stadtrand vertreten. Deutschland hat einen der größten Pavillons gebaut. Hier wird das Thema "Nachhaltigkeit" in allen Varianten im wahrsten Sinn des Wortes durchgespielt.
Durch ständiges Drücken einer Taste wird ein Baum bewässert, der aus der Decke des Pavillons wächst. Alles virtuell, versteht sich. Da blubbert kein echtes Wasser, und auch der Baum ist nicht echt, sondern eine Stahlkonstruktion, deren Blätter aus Photovoltaik Modulen bestehen. Hightech aus Deutschland. Architekt Lennart Wiechell vom Münchner Büro Schmidhuber hat den deutschen Pavillon mit den Solarblättern konzipiert. "Sie stehen für die Ingenieurskultur aus Deutschland - dieser Stahlbau, diese hochkomplizierten Strukturen - die aber dann in dem Spielerischen wieder konterkariert wird. Das ist die Balance, die wir erzeugen wollen."
Nebenan bei den Schweizern dominieren hohe Türme den Bau. Lebensmittelsilos voll mit Kaffee, Apfelringen oder Salz. Jeder Besucher kann mit dem Aufzug nach oben fahren und darf sich bedienen, sagt Marike van der Ben. "Und dann geht es darum: Wie viel nehme ich mit? Man kann den ganzen Turm leerräumen, aber man wird auch darauf hingewiesen, dass es noch Besucher gibt nachher. Und entsprechend werden sich die Türme über die sechs Monate auch leeren."
Dass der Lebensmittelkonzern Nestlé Hauptsponsor dieses Pavillons ist, hat der Schweiz im Vorfeld viel Kritik eingebracht. Im Kaffeesilo dürfen die Besucher Tütchen mit löslichem Pulverkaffee mitnehmen. Und das im Kaffeeland Italien!
Die ganze Weltausstellung steht unter dieser Spannung: einerseits große, umstrittene Sponsoren wie MacDonalds, Coca Cola oder Ferrero. Andererseits der Kampf gegen Hunger und Überernährung, gegen Lebensmittelverschwendung und Ausbeutung.