Jane sitzt entspannt vor ihrer Auslage und wartet auf Kunden. Die kenianische Händlerin präsentiert ihre Ware auf einem kleinen, grob gezimmerten Holztischchen, das sie mit einem alten Getreidesack abgedeckt hat. Darauf bietet sie zwei Dutzend Avocados zum Kauf an. Was sie verkauft, isst sie gerne auch selbst.
"Ich esse jeden Morgen ein Stück Avocado. Auf dem Brot, statt Margarine. Das ist viel besser, als im Laden Margarine kaufen zu müssen. Ich mische Avocados auch in Githeri, das ist eine Mischung aus Mais und Bohnen, die wir in Kenia häufig essen."
Jane lebt in Kangemi, einem der vielen Slums in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Hier verkaufen viele Händlerinnen neben Mangos, Ananas oder Bananen auch Avocados. "Die sind gesund, und man kann sicher sein, dass sie nicht mit Chemikalien behandelt werden. Die Frucht ist gut gegen Krebs und bei Herzbeschwerden."
Nicht billig, aber für alle erschwinglich
Nicodemus Wambua steht jetzt vor Mama Janes Angebot, er will drei Avocados kaufen und hat das Geld schon abgezählt in der Hand: 120 kenianische Shilling, umgerechnet etwa einen Euro.
"Ich liebe Avocados, weil sie mir Kraft geben. Ich esse jeden Abend eine, sonst kann ich nicht schlafen. Beim Mann steigern Avocados auch die Libido. Und sie machen jedes Essen schmackhafter. Ich kaufe jetzt drei Avocados für meine Familie: eine für mich, eine für meine Frau und eine für unser Kind."
In Kenia sind Avocados also nicht nur etwas für die Reichen. Die Früchte sind nicht billig, aber für alle erschwinglich. Kein Wunder, die Bäume wachsen überall - sogar in der Hauptstadt Nairobi. Aber natürlich nicht in den Slums. Dafür stehen zum Beispiel in Kangemi die einfachen Wellblechhütten viel zu dicht, hier ist kein Platz für Bäume oder Sträucher.
Nur drei Autostunden von Nairobi entfernt sind die Bedingungen ideal: Im zentralen Hochland regnet es viel, der Boden ist fruchtbar – die wertvollen Früchte wachsen wie von allein. Peter Kariuki führt durch seine Avocado-Farm. Alles ist grün. Die Regenzeit ist in diesem Jahr üppig ausgefallen – und damit auch die Ernte.
"Wir haben circa 200 Früchte pro Baum bekommen. Wie viele das insgesamt waren? Nimm das mit 200 Bäumen mal – dann weißt du es."
40.000 Avocados also insgesamt. Auch wenn der Verkaufspreis ab der Farm nur bei umgerechnet etwa 10 Cent liegt, hat Peter Kariuki doch gut verdient. Künstliche Bewässerung braucht er nicht. Auch keine Pflanzenschutzmittel. Er war der erste Kleinbauer in der Nachbarschaft, der Avocado-Bäume gepflanzt hat.
"Viele Leute hatten keine Ahnung von Avocados. Aber jetzt ist die Nachfrage gestiegen – wir können sie nicht mal decken."
In einer Halle nah am Flughafen in der Hauptstadt Nairobi rollen Avocados aufs Fließband. Hier werden sie sortiert, verpackt und dann auf den Weg Richtung Europa geschickt. Kenia hat Südafrika als größter Avocado-Exporteur vom Kontinent abgelöst.
Viele Unternehmen drängen auf den Markt
"Jetzt wollen alle auf den Zug aufspringen. Viele Organisationen und Unternehmen drängen in den Markt. Sie bringen den Bauern Setzlinge und kaufen später die Ernte."
Peter Kamau arbeitet für das Forschungsinstitut icipe in Nairobi. Das Institut beschäftigt sich vor allem mit Insekten, aber eben auch mit Früchten, die häufig von Insekten befallen werden – wie Mangos oder Avocados. Kamau ist außerdem ein überzeugter Verfechter der biologischen Landwirtschaft: Er gibt ein Magazin für biologische Landwirtschaft heraus, das sich beratend an Bauern richtet. Finanziert wird es von der Stiftung "Biovision Africa". Von den ökologisch katastrophalen Anbaumethoden in lateinamerikanischen Ländern hat er natürlich gehört. In Kenia seien die Verhältnisse anders.
"Über 90 Prozent der Avocados wachsen auf den Feldern von Kleinbauern. Das ist das Gute an Avocados aus Kenia: Die Bauern setzen überhaupt keine Chemikalien ein. Der Anbau ist rein biologisch. Die Bäume wachsen auf den Grundstücken der Bauern, da wo sie ihr Vieh frei herumlaufen lassen und nichts anbauen."
Sie wachsen also etwa so, wie Obstbäume auf einer Streuobstwiese in Deutschland. Der Regen reicht für eine Ernte im Jahr, bewässert wird nicht.
"Die kenianischen Bauern beherrschen diese Technologie nicht. Aber ich bin sicher, dass sich das ändern wird, wenn viele ausländische Unternehmen auf den Markt drängen. Wir wissen, dass die Produktion stark zunehmen wird."
Allerdings geht Kamau davon aus, dass in Kenia Avocados auch in Zukunft nicht in Plantagen gezogen werden. Er glaubt, dass die Böden trotz des großen Wasserverbrauchs der Avocado-Bäume nicht veröden werden, weil es im Hochland von Kenia ausreichend feucht sei.
"Ich erwarte sogar Vorteile bei unserem Bemühen um Wiederaufforstung. Wir haben viele Bäume gefällt, aber niemand wird einen Avocadobaum fällen, weil die Geld bringen."
Avocado statt Kaffee
Sicher ist: Immer mehr Kleinbauern in Kenia satteln um. Statt Kaffee oder Tee anzubauen, pflanzen sie Avocadobäume. Farmer Simon Kimani hofft, dass er sich sein Leben so leichter macht.
"Kaffee macht viel Arbeit, meint er. Mit Avocados ist es einfacher. Du hast mehr Geld und weniger Mühe."
Auch Peter Kariuki will davon noch mehr profitieren und darum mehr Bäume pflanzen, 500 statt 200. Wenn die Verkaufspreise so bleiben und die Regenzeiten mitspielen, könnte er dann umgerechnet 10.000 Tausend Euro im Jahr umsetzen.