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Exportunternehmen wollen wieder Rinder in Drittländer ausführen

Vor kurzem wurde das Verbot von Tiertransporten von Hof zu Hof und von Schlachthof zu Schlachthof, das aufgrund der Maul- und Klauenseuchegefahr verhängt worden war, wieder aufgehoben. Die Diskussion über diese Tiertransporte hat ein Licht auf die arbeitsteilige Wirtschaftsweise geworfen, die auch für die Landwirtschaft gilt. Ferkel werden an einer Stelle erzeugt, hunderte von Kilometern entfernt werden sie gemästet, und dann zum Schlachten wiederum über lange Distanzen transportiert. Noch weitere Wege legen seit langem die Rinder zurück, die als Schlacht- oder Zuchtrinder in den Nahen Osten oder nach Nordafrika transportiert werden. Wie sieht es damit aus?

von Annette Eversberg |
    Der Transport von Rindern in den Nahen Osten und nach Nordafrika ist deutlich zurückgegangen. Während allein die Norddeutsche Fleischzentrale in einem Jahr bis zu 30.000 Rinder u.a. von der Nordsee aus auf die Reise schickte, sind es jetzt nur noch 10 Prozent. Dr. Christian Runge vom Kreisveterinäramt in Husum:

    Wir hatten in der Zeit, in der die Exporte regelmäßig liefern, hier von Husum aus, in der Woche mindestens einen Sondergüterzug in die Mittelmeerhäfen, von denen aus es weiterging per Schiff. Diese Schiffstransporte auf diesem Weg sind komplett eingestellt. Und es gibt zur Zeit erste zögerliche Anfänge mit nicht nennenswerten Stückzahlen.

    Der Grund für die Einstellung der Tiertransporte: Länder wie Ägypten, Marokko und Algerien wollen zur Zeit keine Tiere aus Deutschland, weil sie fürchten, mit den Rindern könnte auch die Seuche BSE eingeschleppt werden. Die Verluste der Landwirte sind erheblich. Von der Rinderzucht Schleswig-Holstein, die ebenfalls in Drittländer exportiert, werden sie auf fast 8 Millionen Mark beziffert. Denn der Export von Rindern ist für die europäischen Landwirte attraktiv, erläutert Christian Runge:

    Die Exporte in den Mittleren Osten oder Nahen Osten mit Rindern sind nur möglich geworden durch die Erstattungen aus Brüssel. Denn die Erstattungen, die für die nicht schlachtfähigen Bullen gezahlt werden, machen das Geschäft erst interessant.

    300 kg braucht so ein Bulle bei Antritt der Reise in ein Drittland nur zu wiegen. Ein schlachtreifes Rind erreicht dagegen 550 bis 650 Kilogramm. Es kostet also mehr, das für die Schlachtung bestimmte Tier marktfähig zu machen. Zur Zeit bewahrt die BSE-Sperre der Drittländer die Tiere vor einem Transport. Doch Algerien, das einen eigenen Milchviehbestand aufbauen will, ist schon bereit, seine Veterinärbestimmungen zu überdenken. Auch von deutscher Seite wird versucht, einen Weg zu finden, wie man die BSE-Freiheit eines Rindes garantieren kann. Die Wiederaufnahme der Tiertransporte über lange Distanzen ist also nur eine Frage der Zeit. Allerdings sieht Veterinär Christian Runge größere Belastungen als bisher auf die Tiere zukommen, weil die Bundesbahn aufgrund von Protesten von Tierschützern, seit März sämtliche Bahntransporte eingestellt hat.

    Nach meiner Einschätzung wird sie auch nicht mehr bereit sein, sich zu engagieren. Das heißt auf der anderen Seite, dass wenn die Transporte gemacht werden, wieder LKW und Schiff gefordert sind. Und nach unserer Einschätzung ist der Eisenbahntransport wesentlich verträglicher gewesen. Wir haben, wenn Sonderzüge fahren, ganz andere langsame Fahrbewegungen und nicht so viele Abbremskurven wie beim LKW. Und nach den Rückmeldungen scheint es so zu sein, dass die Tiere nach einem Eisenbahntransport wesentlich ausgeruhter ankommen, als beim LKW-Transport.

    Und das, obwohl nach der Tierschutztransportverordnung nicht nur die LKWs besser ausgestattet worden sind, sondern auch die Art der Verladung. Außerdem müssen die Pausen so für die Tiere gestaltet sein, dass der Stress so gering wie möglich ist. Doch Stress haben Rinder auch dann, wenn sie nicht in ihrer gewohnten Gruppe sind und sie unter neuen Artgenossen erst einmal Rangordnungskämpfe austragen müssen, was vor allem bei Bullen an der Tagesordnung ist. Sie fressen weniger und verlieren auf der Reise einiges an Gewicht. Deshalb sieht Christian Runge der möglichen Wiederaufnahme großangelegter Tiertransporte mit Sorge entgegen:

    Die EU diskutiert zur Zeit über Temperatur und Feuchtigkeitssensoren, um das Kleinklima auf den LKWs steuern und optimieren zu können. Das sind aber Ansätze, die von der Grundbelastung her nichts wegdiskutieren lassen. Auf dem Weg von Schottland nach Südfrankreich oder Italien herrschen unterschiedliche Klimazonen, d.h. die Tiere werden in sehr kurzen Zeiten von einem gemäßigtem kühlen Klima in ein heißes Mittelmeerklima transportiert. Das belastet.