Im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags war zwar heute die Gelegenheit, Ursula von der Leyen zu Unregelmäßigkeiten in Zusammenhang mit externen Beraterverträgen zu befragen, doch die Opposition sieht auch danach erheblichen Klärungsbedarf. Der FDP-Abgeordnete Karsten Klein sprach nach der Ausschusssitzung von Kontrollverlust im Bundesverteidigungsministerium. Von der Leyen habe heute mehr Fragen offen gelassen als beantwortet. Klein zum Deutschlandfunk:
"Ich fordere, dass Frau von der Leyen jetzt sehr rasch und unmittelbar Aufklärungsarbeit leistet. Wir haben ein Problem, dass dem Ansehen der Bundeswehr insgesamt schadet, das muss abgewendet werden. Deshalb kann man das jetzt nicht auf die lange Bank schieben, so wie es die Koalition jetzt die letzten Wochen gemacht hat sondern wir fordern unmittelbar eine Aufklärungsarbeit von ihr."
Vorwürfe von Scheinselbständigkeit
Spiegel Online hatte zuerst über die Vorwürfe berichtet. Es geht um den Umfang externer Beraterverträge, der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner vermutet, von der Leyen selbst sei der genaue Umfang momentan nicht geläufig. Es geht um die Vorwürfe von Scheinselbständigkeit. Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft nach einer Anzeige Ende September, ob ein Anfangsverdacht vorliegt, etwa weil externe Berater über einen längeren Zeitraum ausschließlich für das Bundesverteidigungsministerium gearbeitet haben. Dies könnte eine Sozialversicherungspflicht des Auftraggebers bedeuten. Das Ministerium hat den Vorwurf vorsätzlich gehandelt zu haben, von sich gewiesen. Die Anzeige sei auch nicht gegen von der Leyen als Person sondern gegen das Ministerium erstattet worden. Schon vor Kenntnis der Anzeige habe man in sechs Fällen Kontakt zur Deutschen Rentenversicherung aufgenommen, um Statusklärungen herbeizuführen.
"Ein best-buddy System"
Für Tobias Lindner sind das Einzelaspekte. Lindner sagte dem Deutschlandfunk:
"Das größte Problem liegt darin, dass sich Frau von der Leyen jetzt nicht nur punktuell durch Unternehmensberater mal Hilfe reinholt, man bekommt auch mit, dass Dinge nicht ausgeschrieben werden, es werden einfach freihändig Verträge vergeben, es scheint ein best-buddy System zu geben, das heißt, da gibt’s Lieblingsberater, die kriegen kann einen Auftrag zugeschanzt, es gibt Rechtsverstöße, die eingeräumt wurden, das sind alles sehr gravierende Vorgänge, schließlich ist ja das Verteidigungsministerium nicht irgendeine Waschmaschinenfabrik, da erwarte ich daß nicht irgendwie am Ende des Tages Externe das Sagen haben."
Lindner glaubt, die jetzt bekannt gewordenen Vorwürfe seien nur die Spitze des Eisbergs. Man warte immer noch auf die Stellungnahme des Ministeriums zu einem vertraulichen Bericht des Bundesrechnungshofs. "Das Gegenteil der Transparenz, die die Ministerin immer gerne predigt", urteilt Lindner. Ursula von der Leyen hat seit ihrem Amtsantritt Ende 2013 auf externen Sachverstand gebaut, so holte sie Katrin Suder von McKinsey als Staatssekretärin ins Ministerium. Suder ist inzwischen nicht mehr im Amt. Vor allem im gesamten IT Bereich wurden Dutzende von Beraterverträgen geschlossen. Fragen ranken sich rund um Stichworte wie Vergaberecht, Verhältnismäßigkeit, Wirtschaftlichkeitsprüfungen.
"Externe Berater nur die zweitbeste Lösung"
Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans Peter Bartels meldete sich kritisch zu Wort. "Externe Berater sind teuer und für die Bundeswehr nur die zweitbeste Lösung", so Bartels zur Neuen Osnabrücker Zeitung. Der Sprecher des Ministeriums, Jens Flosdorff, sagte, man habe bereits interne Konsequenzen gezogen, Vergaberegeln geändert und interne Ermittler eingesetzt. Dem Abgeordneten Tobias Lindner von den Grünen reicht das nicht, er will Antworten der Ministerin:
"Sollte sie hier mauern und weiter vertuschen wollen, denn diesen Eindruck habe ich im Moment, dann wird man auch darüber nachdenken müssen ob sich das Parlament im Rahmen eines Untersuchungsausschusses diese Informationen holt und Menschen befragen kann."
Bis zur sogenannten Bereinigungssitzung im Haushaltsausschuss am 8. November will die Opposition Klarheit.