+++ Frankreichs Premierminister Attal hat nach dem Wahlerfolg der Rechtspopulisten den Rückzug von etwa 60 Kandidaten des Regierungslagers in der zweiten Runde angekündigt.
Dies solle den Sieg rechtspopulistischer Kandidaten verhindern, sagte er am Abend in Paris. "Keine Stimme darf an den Rassemblement National gehen. Wenn wir dem französischen Schicksal gewachsen sein wollen, ist es eine moralische Pflicht, alles zu tun, um das Schlimmste zu verhindern."
+++ Der Vorsitzende von Frankreichs konservativer Partei Les Républicains, Éric Ciotti, hat alle Konservativen aufgerufen, sich seinem Schulterschluss mit dem Rassemblement National anzuschließen.
"Heute Abend ist der Sieg in Sicht", sagte Ciotti nach dem starken Abschneiden des RN und der Républicains-Kandidaten, die sich mit Ciotti für eine Unterstützung des RN entschieden hatten. "Die historische Union, die wir mit Jordan Bardella aufgebaut haben, hat langen Jahren der Unbeweglichkeit der Rechten ein Ende gesetzt", ergänzte er.
Unabgestimmt mit seiner Partei hatte Ciotti eine Kooperation mit Bardella und dem RN vereinbart, woraufhin führende Kräfte der Partei mehrere Anläufe starteten, um ihn aus der Partei zu werfen. Ein Gericht stoppte diesen Vorstoß zunächst.
+++ In der jüngsten Prognose des französischen Fernsehens wird der RN bei 33 Prozent gesehen.
Das Linksbündnis käme auf 28 Prozent und die Partei von Präsident Macron auf 21 Prozent. Die konservative Partei Les Républicains erzielt demnach rund 10 Prozent.
+++ Die Linksallianz kündigte inzwischen an, ihre Kandidaten überall dort zurückzuziehen, wo sie nur Platz drei erreichen.
Den Wählern werde man empfehlen, dann für die Person im Wahlkreis zu stimmen, die den Kandidaten des Rassemblement National schlagen könne.
+++ Die Wahlbeteiligung lag ersten Schätzungen zufolge bei rund 65 Prozent - fast 20 Prozentpunke höher als vor zwei Jahren.
In der Dlf-Sendung "Das war der Tag" ab 23.05 Uhr können Sie alle relevanten Informationen zur Wahl in Frankreich hören.
+++ Bei der ersten Runde der französischen Parlamentswahl werden zwischen 65 und 85 Abgeordnete bereits feststehen.
In der zweiten Runde werde es zwischen 285 und 315 Dreierkonstellationen geben, teilte das Ipsos-Institut in Paris mit. Die hohe Zahl erklärt sich durch die hohe Wahlbeteiligung. Lediglich in 150 bis 170 Wahlkreisen zeichnen sich Stichwahlen zwischen zwei Kandidaten ab. Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) kommt demnach in 390 bis 430 Wahlkreisen in die zweite Runde. Das links-gründe Wahlbündnis Neue Volksfront könnte in 370 bis 410 Wahlkreisen in die zweite Runde kommen, das Regierungslager in 290 bis 330 Wahlkreisen.
Die Verteilung der Sitze wird stark davon abhängen, ob und wie viele Kandidaten sich in der zweiten Runde zurückziehen, um etwa den Wahlsieg eines RN-Kandidaten zu verhindern.
+++ Sollte keines der Lager eine absolute Mehrheit erlangen, stünde Frankreich vor zähen Verhandlungen um eine Koalition.
Ein Zusammenkommen der verschiedenen politischen Akteure ist derzeit nicht absehbar. Gemeinsam könnten die Oppositionskräfte womöglich die derzeitige Regierung des Macron-Lagers stürzen. Ohne eine Einigung auf eine Zusammenarbeit dürfte aber auch keine andere Regierung eine Mehrheit im Parlament finden. Möglich ist, dass die aktuelle Regierung in einem solchen Fall als eine Art Übergangsregierung im Amt bleibt oder eine Expertenregierung eingesetzt wird.
Frankreich würde in einem solchen Szenario politischer Stillstand drohen. Neue Vorhaben könnte eine Regierung ohne Mehrheit nicht auf den Weg bringen. Eine erneute Auflösung des Parlaments durch Macron und Neuwahlen sind erst im Juli 2025 wieder möglich.
+++ Erste Prognosen gehen davon aus, dass Marine Le Pens Rechtspopulisten und ihre Verbündeten im Unterhaus mit 230 bis 280 Sitzen stärkste Kraft werden könnten.
An der absoluten Mehrheit mit 289 Sitzen könnten sie aber vorbeischrammen.
Auch die Linken könnten zulegen und auf 125 bis 200 Sitze kommen. Macrons Liberalen droht, auf nur noch 60 bis 100 Sitze abzusacken. Genaue Aussagen zur Sitzverteilung sind bisher aber schwierig. Vor der zweiten Wahlrunde können die Parteien noch lokale Bündnisse schmieden, die den Wahlausgang beeinflussen.
+++ Der französische Präsident Macron rief die Wähler nach Schließung der Wahllokale auf, in der zweiten, entscheidenden Wahlrunde einen Sieg des rechten Lagers zu verhindern.
Für Emmanuel Macron sind die Zahlen eine herbe Niederlage. Er hatte darauf gesetzt, mit der vorgezogenen Neuwahl die relative Mehrheit seiner Mitte-Kräfte im Unterhaus auszubauen - dies scheint nun äußerst unwahrscheinlich.
Die Gründerin des RN, Le Pen, äußerte sich ebenfalls schon zu Wort: "Das Wahlergebnis ehrt und verpflichtet. Noch ist nichts gewonnen. Der zweite Wahlgang wird ausschlaggebend sein, damit Frankreich nicht in die Hände der neuen Linksallianz fällt."
+++ In Frankreich ist die erste Runde der vorgezogenen Parlamentswahl abgeschlossen.
In einer ersten Prognose des französischen Fernsehens wird der extrem rechte Rassemblement National bei 34 Prozent der abgegebenen Stimmen gesehen, das Linksbündnis bei 28 Prozent und die Partei von Präsident Macron bei 20 Prozent. Die konservative Partei Les Républicains kommt demnach auf rund 10 Prozent.
+++ Bei der Wahl zeichnet sich eine deutlich höhere Wahlbeteiligung als bei früheren Abstimmungen ab.
Wie das Innenministerium mitteilte, gaben bis zum späten Nachmittag knapp 60 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimmen ab. Das sind fast 20 Prozentpunkte mehr als zum gleichen Zeitpunkt vor zwei Jahren. Dem Umfrageinstitut Ipsos zufolge ist das die höchste Beteiligung seit 1986. Die Wahllokale schließen um 18 Uhr; in Paris und einigen anderen Großstädten um 20 Uhr. Dann sollen auch erste Hochrechnungen vorliegen.
Die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse klären sich erst nach der Stichwahl. Die zweite Runde der Parlamentswahl findet in einer Woche statt, und zwar in jenen Wahlkreisen, in denen kein Kandidat die absolute Mehrheit erringen konnte.
+++ In Berlin ist man - je nach Ausgang der Wahl - um die deutsch-französische Zusammenarbeit besorgt.
Hören Sie dazu Einschätzungen von Nils Schmid, dem außenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion. Einen Bericht unserer Frankreich-Korrespondentin können Sie hier hören.
+++ Die Sicherheitskräfte in Frankreich sind in Alarmbereitschaft.
Sie haben sich darauf eingerichtet, dass es bereits am Abend der ersten Wahlrunde in einigen Großstädten des Landes zu Unruhen kommen könnte.
+++ Die Kulturszene fürchtet eine Regierung unter dem Rassemblement National – und das Ende der Kulturnation Frankreich durch die Politik der Rechtsextremen.
Hier finden Sie einen Beitrag der Dlf-Sendung "Kultur heute" zu diesem Thema.
+++ Der Vorsitzende des Rassemblement National, Jordan Bardella, hat viel Rückhalt bei jungen Wählerinnen und Wählern.
Knapp ein Drittel der 18- bis 24-Jährigen haben bei der Europawahl für ihn gestimmt. Er selbst ist erst 28 Jahre alt. Wer er ist und was ihn antreibt, können Sie hier lesen.
+++ Die deutsche Wirtschaft fürchtet negative Folgen nach der Wahl in Frankreich.
Ein Sieg des rechtsgerichteten Rassemblement National bei der Parlamentswahl in Frankreich hätten nach Einschätzung der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer negative Auswirkungen auf die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Hauptgeschäftsführer Brandmaier sagte in Paris, die wirtschaftliche Attraktivität Frankreichs würde darunter leiden. Er verwies auf Pläne des Rassemblement National für höhere Staatsausgaben und Steuererhöhungen sowie dessen Infragestellen von Freihandelsabkommen. Deutschland sei immerhin der größte europäische Investor in Frankreich, und Frankreich sei der zweitwichtigste Exportmarkt für deutsche Unternehmen, so Brandmaier.
+++ Auch der CDU-Außenpolitiker Röttgen sorgt sich um die Folgen der Parlamentswahl in Frankreich.
Röttgen sagte im Deutschlandfunk, Präsident Macron sei jetzt bereits isoliert und werde dies nach der Wahl noch mehr sein. Dies werde seine Rolle in Europa und der internationalen Politik erheblich schwächen. Daher komme es jetzt noch viel mehr auf Deutschland an, betonte Röttgen. Es müsse Schluss sein mit deutschen Sonderwegen. Deutschland habe jetzt noch mehr eine unersetzbare Führungsrolle in Europa. In dieser kritischen historischen Phase gelte es aufzupassen, dass Europa nicht schwächer werde.
+++ Auch Franzosen im Ausland können bei der Parlamentswahl ihre Stimme abgeben.
Dies ist online möglich. Lesen Sie hier mehr dazu.
+++ Im französischen Wahlrecht gibt es einige Besonderheiten, die das Ergebnis mitbestimmen werden.
Wir erklären die wichtigsten Regeln und deren Folgen.
+++ In Nizza wurde der Leiter eines Wahlbüros von einem Wahlhelfer mit einem Faustschlag angegriffen.
Der Mann wollte die Öffnung des Wahlbüros verhindern, wie der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, mitteilte. Die Polizei nahm den Angreifer fest.
+++ Frankreich-Experte Berthold (Böll-Stiftung): "Macron hat sich verspekuliert".
Marc Berthold von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung glaubt, dass Macron sich verspekuliert hat. Er sagte im Deutschlandfunk, es herrsche ein "ziemliches Chaos" und es gebe "großes Unverständnis", warum Macron die Wahl zum jetzigen Zeitpunkt angesetzt habe. Die einzige Partei, die wirklich dankbar sei für diesen Wahltermin sei der Rassemblement National.
+++ Frankreichs Innenminister Darmanin hatte am Freitag vor Unruhen nach den Parlamentswahlen gewarnt.
"Am Abend des ersten Wahlgangs und zweifellos auch am Abend des zweiten Wahlgangs bei Bekanntgabe der endgültigen Ergebnisse könnten Ultralinke und Ultrarechte die Gelegenheit nutzen, um eine Art Chaos zu stiften", sagte Darmanin dem Sender France Info.
+++ Der Ton zwischen dem aktuellen Regierungslager und dem rechtspopulistischen Rassemblement National hatte sich kurz vor der Wahl verschärft.
Hintergrund waren die erwarteten Stimmenzuwächse für den RN. Dessen langjährige Vorsitzende Le Pen zog in einem Interview die außenpolitischen Befugnisse des französischen Präsidenten in Zweifel. So behauptete sie, über eine Entsendung französischer Soldaten in die Ukraine oder die Ernennung des französischen EU-Kommissars entscheide nicht der Präsident, sondern der Premierminister. Der amtierende Präsident Macron wies diese Interpretation der Verfassung zurück. Er warf Le Pen vor, sich zu benehmen, als sei der RN schon an der Macht.
+++ In den Umfragen liegt die rechtspopulistische Partei Rassemblement National stabil und mit Abstand vorn.
Das links-grüne Wahlbündnis Neue Volksfront liegt demnach auf Platz zwei; erst dann folgt das Regierungslager von Präsident Macron. Sollte der Rassemblement National sogar die absolute Mehrheit erreichen, könnte Macron gezwungen sein, mit den Rechtspopulisten eine politische Zwangsehe einzugehen und den 28 Jahre alten Parteichef Bardella zum Premierminister zu machen. Wenn der Ministerpräsident und der Präsident aus unterschiedlichen politischen Lagern kommen, ist von "Cohabitation" die Rede.
+++ In Frankreich hat die erste Runde der richtungsweisenden Parlamentsneuwahl begonnen.
Rund 49,3 Millionen eingetragene Wählerinnen und Wähler dürfen abstimmen. In den französischen Überseegebieten hat die Stimmabgabe wegen der Zeitverschiebung bereits am Samstagmittag begonnen. Der französische Präsident Macron gab seine Stimme in Le Touquet, einem Küstenort im Norden des Landes, ab; die Gründerin des "Rassemblement National" (RN), Le Pen, in der Arbeiterstadt Hennin-Beaumont.
Präsident Macron hatte die Abstimmung nach den Verlusten seines Regierungslagers bei der Europawahl angesetzt.
Diese Nachricht wurde am 30.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.