"Interview der Woche"
"Extrem unbeliebt und einsame Entscheidungen": Röttgen (CDU) sieht Macrons Autorität als massiv geschädigt an

Vor dem Hintergrund der Parlamentswahl in Frankreich sieht der CDU-Außenpolitiker Röttgen die Autorität von Präsident Macron als massiv beschädigt an. Röttgen sagte im Interview der Woche des Deutschlandfunks, Macron sei bei der Bevölkerung extrem unbeliebt und habe für große Enttäuschung gesorgt.

06.07.2024
    Norbert Röttgen steht an einem Pult und hält eine Rede.
    Der CDU-Politiker Norbert Röttgen sieht Emmanuel Macron in Frankreich als isoliert an - was auch Folgen für die Außenpolitik habe. (IMAGO / Kay-Helge Hercher / IMAGO / Kay-Helge Hercher)
    Röttgen erklärte weiter, Macron sei isoliert und treffe einsame Entscheidungen - so wie jene, auf einmal das Parlament aufzulösen. Das habe zu einer Stärkung der politischen Ränder geführt. Macrons Projekt, das Parteiensystem aus der Mitte heraus neu zu gründen, sei gescheitert. Viele in Frankreich gäben ihr Vertrauen nun entweder den Rechtsextremen oder den Linksextremen - nach dem Motto: Jetzt gebe es für diese eine Chance, es besser zu machen.
    Der CDU-Politiker unterstrich, angesichts all dessen stehe Frankreich vor einer großen Selbstschwächung. Davon werde auch Macrons Agieren in der Außenpolitik beeinflusst. "Sie können ja nicht im Land einen Scherbenhaufen anrichten und nach außen glauben, noch eine starke Rolle zu spielen", so Röttgen. Insofern sei gerade jetzt eine Führungsrolle Deutschlands notwendig und unersetzbar.

    "Brauchen eine ganz andere Art der Aufrüstung"

    Röttgen kritisierte vor diesem Hintergrund den Haushaltskompromiss der Koalitionsspitzen in Berlin. Verteidigung sei dabei keine Priorität gewesen. Das Zwei-Prozent-Ziel der NATO werde nur eingehalten, indem das Sondervermögen für die Bundeswehr in den regulären Haushalt transferiert werde. Es werde auch international bemerkt werden, dass Deutschland sich nicht für die Sicherheitslage und das, was notwendig sei, um den Krieg in der Ukraine zu beenden, rüste. "Wir brauchen eine ganz andere Art der Aufrüstung, um Frieden wiederherzustellen“, sagte Röttgen.
    Er forderte weitere Ausgaben für die Verteidigung, die nicht allein aus dem Haushalt generiert werden könnten. Ein neues Sondervermögen setze allerdings eine Strukturreform des Bundeshaushalts voraus. Man könne beim jetzigen Verhalten der Bundesregierung aber nicht erwarten, dass die Opposition Hilfe dabei anbiete.

    Röttgen wirft Koalition Arroganz vor

    Insgesamt sei die Vorstellung der Haushaltseinigung durch Bundeskanzler Scholz, Finanzminister Lindner und Wirtschaftsminister Habeck ein "dreister Versuch" gewesen, die Öffentlichkeit zu täuschen. In Wahrheit sei man von einer Einigung noch weit entfernt, ein zweistelliger Milliardenbetrag sei völlig ungeregelt. Die Kindergrundsicherung scheine tot zu sein, stattdessen gebe es fünf Euro mehr Kindergeld. Habeck sage zugleich, die Kinder stünden im Zentrum der Politik. Röttgen warf der Koalition vor, sich so zu verhalten, als würden die Bürger sich für dumm verkaufen lassen. Dies sei eine Arroganz, die langsam systemgefährdend werde.
    Das komplette Interview der Woche mit Norbert Röttgen hören Sie am Sonntag ab 11:05 Uhr im Deutschlandfunk - oder schon hier vorab.
    Diese Nachricht wurde am 06.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.