Ein Gewerbegebiet im südhessischen Hanau, in dem die Straßen nach nordrhein-westfälischen Flüssen benannt sind: Lippe- oder Ruhrstraße. Hinter einem Schrotthandel einige alte Fabrikgebäude, an deren Fassaden ein paar Satellitenschüsseln befestigt sind. Ein heruntergekommenes Areal, auf dem aber offenbar Menschen wohnen. An diesem Vormittag ist hier niemand zu sehen. Auch nicht in einem kleineren Wohnhaus in einem verwilderten Garten, das wohl als Moschee dient. Darauf weist jedoch kein Schild hin. Rundherum stehen überall Schrottautos. Die Polizei beobachtet dieses unwirtliche Moschee-Gelände schon seit Längerem, sagt später Rudolf Neu vom Polizeipräsidium Südosthessen. Er sagt: Die Ruhrstraße in Hanau ist ein Treffpunkt der Salafistenszene des Rhein-Main-Gebietes:
"Wir haben eine Moschee im Stadtgebiet, die uns aufgefallen ist. Und wir haben auch feststellen können, dass die Personen, die sich da treffen, das das ein paar mehr aus dem Bereich Frankfurt kommen. Offensichtlich kann man die Annahme rechtfertigen, nachdem man dort eine Moschee geschlossen hat, dass die Frankfurter eben nach Hanau fahren."
Polizei beobachtet verdächtige Orte
Es war der Hessische Rundfunk, der vor einigen Monaten als Erster öffentlich machte, dass Hanau mit seinen 90.000 Einwohner zu einem Zentrum der Salafisten in der Rhein-Main-Region geworden ist. In der Berichterstattung sei allerdings zu kurz gekommen, dass es nicht um ein rein Hanauer Problem gehe, so Axel Weiss-Thiel, SPD- Sozialdezernent der Stadt:
"Die Recherchen haben sich zu sehr zugespitzt auf Hanau. Mir liegt daran, zu betonen, dass unter anderem auch der hessische Innenminister unter anderem vor dem zuständigen Landtagsausschuss dargestellt hat, dass wir hier Teil eines losen Zusammenhanges von Salafisten im ganzen östlichen Rhein-Main-Gebiet sind. Von Frankfurt über Offenbach, Maintal, Hanau bis nach Aschaffenburg sind. Und das die Moschee hier in Hanau eine solche Rolle plötzlich gespielt hat, war für uns etwas überraschend. Ist aber auch in einem Zusammenhang zu sehen, einer solchen Szene im Rhein-Main-Gebiet."
Dennoch: Dass von dem unwirtlichen Gelände in der Hanauer Ruhrstraße möglicherweise alleine fünf Jugendliche aus Hanau in den Dschihad nach Syrien oder den Irak gezogen sein sollen, ist für den Sozialdezernenten nur schwer verdaulich:
Besorgniserregende Entwicklung
"Natürlich klingt das nicht gut. Aber wenn man sich die Gesamtzahlen anschaut: Uns war völlig klar aufgrund unserer Kontakte, wir hatten im April eine Veranstaltung mit dem staatlichen Schulamt für Sozialpädagogen und Lehrer durchgeführt zur Aufklärung. Uns war völlig klar, dass angesichts dessen, was sich in der Welt abspielt und in Deutschland, dass wir da keine Insel der Seligen sind. Aber natürlich macht eines das besorgt, weil um jeden einzelnen Jugendlichen gilt es zu kämpfen und die Präventionsmaßnahmen zu verstärken, damit es künftig nicht mehr so viele werden."
Immerhin: Einer der im Zusammenhang mit der Hanauer Moschee genannten jungen Männer befindet sich inzwischen nicht mehr im sogenannten Heiligen Krieg. Er ist nach Deutschland zurückgekehrt und geht wieder zur Schule. Seine Re-Integration soll gelungen sein. Auf solche jugendlichen Rückkehrer aus dem Dschihad setzt Rudolf Neu vom Polizeipräsidium Süd-Osthessen für die Zukunft viel Hoffnung:
"Wir haben einige Rückkehrer, die offensichtlich nicht das dort vorgefunden haben, was sie sich dort erhofft haben, was man denen möglicherweise versprochen hat. Die fahren dahin in einer Vorstellung, was sie da tolles möglicherweise erleben können. Und die Realität sieht dann doch völlig anders aus. Die kommen zurück, möglicherweise auch traumatisiert und das wirkt sich natürlich auch hier aus, dass sie in ihrem Umfeld möglicherweise berichten können, was sie dort tatsächlich erlebt haben."