Der Extremschwimmer André Wiersig hat als erster Deutscher die "Ocean's Seven" bewältigt. Im Juni durchschwamm der 47-Jährige aus Paderborn mit der 14,4 Kilometer breiten Straße von Gibraltar seine siebte kilometerlange Meerenge.
Zuvor hatte er bereits den Ärmelkanal (32 km/2014), den hawaiianischen Kaiwi Channel (44 km/2015), den North Channel zwischen Schottland und Irland (34 km/2016), den Santa Catalina Kanal vor Los Angeles (34 km/2017), die japanische Tsugaru-Straße (20 km/2018) und die Cook-Straße zwischen den beiden neuseeländischen Hauptinseln (26 km/April 2019) durchquert - alle jeweils im ersten Versuch.
Unterwegs ohne elektromagnetische Hai-Abschreckung
Wiersig ist erst der 16. Schwimmer weltweit, der die "Ocean's Seven" erfolgreich absolviert hat, nach eigener Aussage der einzige, der dies ohne "Shark Protection" gemacht hat. "Das ist ein elektromagnetisches Feld, das Haie abschreckt", erläuterte Wiersig. Es sei gegen seine Philosophie, ein solches System zu nutzen. "Es sollte so puristisch sein, dass man auf diese Dinge verzichtet und es mit der Natur im Einklang ausmacht", sagte Wiersig. "Ich bin mit den Haien immer gut ausgekommen."
Viel sei Vorbereitung und Training, verrät der Extremschwimmer. Um sich an die Kälte zu gewöhnen, habe er "über drei Jahre nur kalt geduscht ohne Ausnahme" und sich außerdem eine Wassertonne besorgt und sie mit kaltem Wasser gefüllt.
Feuerquallen-Kontakt zur Vorbereitung
Oft gehe es darum, den Kopf zu überwinden. Leute verunglückten meist nicht durch Unfälle, wie etwa den Kontakt mit Quallen, sondern weil sie in Panik gerieten, Wasser schluckten und dann ertränken. "Panik ist immer ein schlechter Begleiter", so Wiersig, deshalb habe er viele Szenarien trainiert.
So sei er etwa in einen Schwarm Feuerquallen hineingeschwommen, um zu lernen, mit den Schmerzen umzugehen. "Die richtige Einstellung gewinnt. Ich bin dann eben nicht zum Begleitboot geschwommen, sondern bin weitergeschwommen."
Buckelwal in der Nacht
"Es geht darum, die Grenzen herauszuschieben", so Wiersig. Man lebe heute in einer gigantischen Komfortzone, mit warmer Kleidung, Heizung, Essen und Getränken. Der Mensch sei für ganz andere Dinge ausgelegt, meint der Extremschwimmer. Außerdem sei uns allen durch die modernen Ablenkungen wie Handys oder Tablets das Bewusstsein abhanden gekommen.
Beim Blick zurück auf die durchschwommenen sieben Meerengen kann sich Wiersig gut an den Kaiwi Channel erinnern, denn dort er war er mehr als 18 Stunden in einer Strömung gefangen - und dabei nicht allein, sondern habe "mitten in der Nacht einen Buckelwal getroffen, und dann kommt noch nach 15 Stunden so ein Hai um die Ecke, dann von diesen Quallen zerstochen zu werden..."
"Ich habe die gleiche Erfahrung gemacht wie die Tiere"
Wiersig ist auch Botschafter der Deutschen Meeresstiftung und engagiert sich gegen Vermüllung der Meere. "Ich habe mich oft da draußen geschämt für uns alle", denn er habe "aus der direktesten aller möglichen Perspektiven dort im Meer" genau mitbekommen, was wir als Menschen zu verantworten hätten.
Als Schlüsselerlebnis beschreibt Wiersig eine Begebenheit im Ärmelkanal als er "in der Badehose, ganz verletzlich, ganz puristisch" mit dem Kopf gegen eine Europalette gestoßen und danach in ein Plastiktüte geraten sei. "Ich habe genau die gleiche Erfahrung damit gemacht wie die Tiere, nur dass ich eben davon berichten kann."
Vermüllung auch an Mittelmeer-Stränden
Selbst auf Mallorca oder Ibiza seien die Strände in der Vorsaison nicht aufgeräumt. Und was selbst dort am Strand herumliege, "das ist richtig frustrierend", beklagte Wiersig. Gemeinsam mit Eric Eggers hat Wiersig alle diese Eindrücke in einem Buch zusammengefasst: "Nachts allein im Ozean. Mein Weg durch die Ocean's Seven".
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.