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Exzellenzinitiative hat sich insgesamt schon gelohnt

In der zweiten Phase der Exzellenzinitiative ist eine Vorentscheidung gefallen. Laut Stephan Leibfried vom Zentrum für Sozialpolitik an der Uni Bremen würde sich die Exzellenzinitiative noch mehr lohnen, wenn damit auch an der Grundfinanzierung der Universitäten nachgebessert würde.

Stephan Leibfried im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel |
    Ulrike Burgwinkel: Gestern haben Deutsche Forschungsgemeinschaft und Wissenschaftsrat die ersten Entscheidungen getroffen: Sie wählten aus 227 Antragsskizzen 59 Projekte an 32 Universitäten aus in der zweiten Phase der Exzellenzinitiative. Die Auserwählten dürfen nun bis zum 1. September ihre ausführlichen Förderanträge stellen und treten dann mit den 85 bereits geförderten Einrichtungen in Konkurrenz. Ein wahrhaft aufwendiges und auch verwirrendes Verfahren, finde ich manchmal. Professor Stephan Leibfried vom Zentrum für Sozialpolitik an der Uni Bremen hat nicht nur eine Studie der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften mit einer Zwischenbilanz zur Exzellenzinitiative herausgegeben, sondern gestern natürlich die Bekanntgabe der Neuen und der neuen Alten verfolgt. Guten Tag nach Bremen!

    Stephan Leibfried: Guten Tag!

    Burgwinkel: Herr Professor Leibfried, vermutlich liegt Ihnen die Bremer Sicht jetzt erst mal am nächsten. Wie beurteilen Sie denn die Entscheidung für das Zukunftskonzept der Bremer?

    Leibfried: Ja, wir freuen uns natürlich, dass man uns in der dritten Förderlinie ausgewählt hat, zusammen mit einigen weiteren, ich glaube, es waren insgesamt sieben Universitäten. Wir sind etwas erstaunt darüber, dass auf der Ebene der Cluster und der Graduiertenschulen alles abgelehnt wurde, man befindet sich da in einer interessanten Situation, dass man auf der Ebene der dritten Förderlinie für super gehalten wird potenziell, aber auf der anderen Ebene im Grunde abschlägig beschieden wurde.

    Burgwinkel: Haben Sie insgesamt eine Tendenz feststellen können bei der Vergabe?

    Leibfried: Ja, also es ist schwer, die Tendenz zu beurteilen, weil leider die DFG und Wissenschaftsrat die Grunddaten nicht veröffentlichen. Mit Grunddaten meine ich: Es gab ja zweihundert-x Anträge, und wenn man die wüsste und die Themen, also die Disziplinfeldzuordnungen, dann könnte man auch die Auswahl besser beurteilen, die getroffen worden ist, also zum Beispiel: Ich selber weiß von vier Clustern - es kann aber durchaus mehr geben - im Bereich der Sozialwissenschaften, die beantragt worden sind. Kein einziger ist angenommen worden. Kurzum: Das Feld der Sozialwissenschaften ist nicht berücksichtigt. Es wird nur insofern berücksichtigt, als es gewissermaßen als Sahne auf dem Kuchen anderer Disziplinen, etwa der Geschichte, durchaus vorhanden ist bei den Clustern, und eben bei den Graduiertenschulen, da sind einige berücksichtigt.

    Burgwinkel: Das kritisieren Sie?

    Leibfried: Das würde ich schon kritisieren, weil in den ersten zwei Runden der Exzellenzinitiative sind die Sozialwissenschaften eigentlich ziemlich systematisch bei den Clustern hinten heruntergefallen, und jetzt ist in der nächsten Runde das Gleiche der Fall. Nun, bei der DFG fällt das nicht so auf, die fassen die Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen bei allen Kategorien, und da Geisteswissenschaften gefördert sind, sieht es so aus, als würden auch die Sozialwissenschaften gefördert, ist aber in beiden Runden nur bei den Graduiertenschulen, aber nicht bei den Clustern der Fall.

    Burgwinkel: Aus der von Ihnen herausgegebenen Zwischenbilanz damals konnte man ja eigentlich eher eine positive Einschätzung heraus lesen. Hat sich das Unternehmen denn insgesamt bislang bewährt?

    Leibfried: Also da würde ich nur sagen: Zunächst haben Sie mich nach der Bremer Sicht gefragt, die ist nicht die Durchschnittssicht. Wir sind natürlich anders betroffen als der Durchschnitt. Insgesamt hat sich das Unternehmen schon gelohnt, weil es überhaupt erst mal Aufmerksamkeit für Forschung und Universitäten systematisch mit sich gebracht hat, wenn da sich auch vielleicht im Zeitverlauf die Aufmerksamkeit verändert, am Anfang war sie viel größer als vielleicht jetzt. Insgesamt würde sich die Exzellenzinitiative noch mehr lohnen, wenn nicht nur die Spitzenforschung, sondern auch die Grundfinanzierung der Universitäten im Gleichschritt nachgebessert würde. Im Augenblick ist es ja eher so: Das, was unten massiv fehlt, wird oben teilweise dazugetan, und das ist auf Dauer keine Lösung für das Wissenschafts- und Ausbildungsproblem in Deutschland. Per saldo würde ich immer noch sagen ist das eine positive Sache. Man kann das nicht, glaube ich, gleichmäßig immer so weitermachen.

    Burgwinkel: Da haben Sie wahrscheinlich schon einen Vorschlag, so hört sich das an?

    Leibfried: Nicht unbedingt, es gibt da aber eine Reihe von Optionen, also man kann die Graduiertenschulen weiterführen als Teil der DFG, gewissermaßen als gesteigerte Graduiertenkollegs. Man kann ja nicht sozusagen alle fünf Jahre wie bei den Olympischen Spielen neue Spitzenunis ausrufen, da muss man irgendeine Bestätigungsform finden, die sich kombiniert mit Wettbewerb. Also es muss immer noch möglich sein, aufzusteigen und abzusteigen. Und bei den Clustern ist es ein bisschen offen, wie man da weiter vorgehen kann. Das sind ja relativ große Fördersummen, die in bestimmte Bereiche fließen, die auf Kontinuität hoffen, die ihnen die Universitäten mangels nicht ausreichender Grundfinanzierung eigentlich regelmäßig gar nicht bieten können. Da wird man vielleicht ein Strukturprogramm für Unis auflegen müssen, qua Länder und Bund, anderer Art, um da nachzubessern. Ich weiß es einfach nicht, aber ich weiß nur, dass es ... dieser Wettbewerb lebt auch von der Einmaligkeit. Man kann den alle zehn Jahre machen, dann sind neue Generationen am Werke, dann ist die Einmaligkeit für die Generationen noch da, aber wenn man den alle vier oder fünf Jahre macht, dann ist nach einer Weile ein Routineeffekt da, den man aber nicht will.

    Burgwinkel: Ganz herzlichen Dank an Professor Stephan Leibfried vom Zentrum für Sozialpolitik an der Uni Bremen für diese Einschätzungen!

    Leibfried: Bitte, bitte!

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