Benedikt Schulz: Es ist gerade mal vier Wochen her, da wurde eine internationale Expertenkommission eingerichtet, die mal nachschauen soll: Was hat die Exzellenzinitiative eigentlich gebracht? Nicht ganz unwichtig, denn was sie gekostet hat, das weiß man ja, nämlich mehr als 4,6 Milliarden Euro bisher. Mitte nächsten Jahres will die Kommission dann Ergebnisse liefern, und schon jetzt, also noch bevor das passiert ist, schon jetzt ist anscheinend klar: Es geht weiter, auch nach 2017. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass die gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern sich bereits auf eine Fortsetzung verständigt hat und diese bei ihrer nächsten Sitzung Ende dieses Monats beschließen will. Vor dieser Sendung habe ich gesprochen mit Stefan Hornbostel, er ist Leiter des Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung in Berlin, ein Institut, das sich in den vergangenen Jahren mit den Auswirkungen der Exzellenzinitiative sehr intensiv beschäftigt hat. Meine erste Frage: Wozu brauchen wir eigentlich eine Evaluation, wenn die Fortsetzung eh schon beschlossene Sache ist?
Stefan Hornbostel: Die Exzellenzinitiative ist für das deutsche Hochschulsystem schon eine kleine Revolution gewesen, weil viele Dinge, die bis dahin immer rhetorisch bewegt worden sind, aber nie in Gang gekommen sind, mit der Exzellenzinitiative tatsächlich Wirkung gezeigt haben. Insofern ist es wirklich wichtig für die Zukunft, eine gute Evaluation zu haben, um entscheiden zu können, welche Art von Förderung eigentlich der Wissenschaft tatsächlich weiterhilft. Sonst haben wir häufig wieder so Effekte, dass Gelder einfach versickern, ohne dass die gewünschten Effekte entstehen.
"Wettbewerbsformate sind eine Art seed money"
Schulz: Aber haben Sie nicht auch die Befürchtung, dass, wenn das jetzt schon beschlossen wird, dass es letztlich genauso weitergehen wird wie bisher?
Hornbostel: Das ist eine zweischneidige Sache. Auf der einen Seite ist es sicherlich sinnvoll für die Hochschulen, einen deutlich längeren Planungszeitraum zu haben als die Finanzierungsperioden in diesem Wettbewerbsverfahren. Denn man darf nicht vergessen, die Exzellenzinitiative erzeugt Struktureffekte, also Effekte, Beschäftigung von Personal, Festlegung auf Forschungsthemen und so weiter, die weit über den Förderzeitraum hinausreichen. Und insofern muss man ein Stück Planungssicherheit haben, um zu wissen, wie man eigentlich weiter agieren will. Auf der anderen Seite, wie eben schon gesagt, wäre es natürlich wünschenswert, man würde die Evaluation abwarten, da hoffen alle auf profunde Erkenntnisse, damit man wirklich fundiert entscheiden kann, mit einer guten Datenbasis, ob es sinnvoll ist, in diese oder jene Richtung zu gehen in Zukunft.
Schulz: Was muss denn anders werden, damit eben nachhaltige Strukturen an den Universitäten geschaffen werden können?
Hornbostel: Grundsätzlich wird man wirklich nachhaltige Strukturen nicht mit einem Wettbewerbsverfahren aufbauen können, was notwendigerweise immer relativ kurze Förderperioden hat. Das ist zu kurz, um ein System sozusagen wirklich nachhaltig zu verändern. Das wird nur gehen, indem man dann auch zugesicherte Grundfinanzierungen entsprechend zusagt und auch bewilligt. Wettbewerbsformate wie die Exzellenzinitiative können Initiativen in Gang bringen, sind so eine Art seed money, aber wenn man etwas langfristig stabilisieren will, wird das nur über eine entsprechende Grundfinanzierung der Hochschulen gehen.
Schulz: Die Fachhochschulen sollen ja möglicherweise auch mit rein. Ist das überflüssig oder längst überfällig?
Hornbostel: Bei den Fachhochschulen ist es so, dass sie zu einem ganz überwiegenden Teil nicht auf einem Niveau sind, wo sie international kompetitiv, also wettbewerbsfähig in der internationalen Forschung eine Rolle spielen. Aber es gibt einige wenige Fachhochschulen, die in sehr speziellen Gebieten in der Tat sehr, sehr gut sind und auch international wettbewerbsfähig sind. Wenn es also gelingt, diese wenigen zu identifizieren, ist das sicherlich sinnvoll. Wenn es aber dazu führt, dass ein gigantisch großer Ansturm an Anträgen kommt, die dann bearbeitet werden müssen und am Ende vermutlich überwiegend abschlägig beurteilt werden, ist das eher eine Frustrationsmaschine.
"Sinnvoller, Kooperationen unter den Hochschulen in Gang zu bringen"
Schulz: Dann abschließende Frage: Wir gehen jetzt mal davon aus, dass die Exzellenzinitiative fortgesetzt wird. Und da möchte ich Sie fragen: Welche Exzellenzinitiative wünschen Sie sich für die Zukunft?
Hornbostel: Ich glaube, man sollte noch einmal sehr genau gucken, wo die positiven Effekte der Exzellenzinitiative lagen. Ich glaube nicht, dass sie in dem Bereich wirklich Stärken entfaltet hat, die internationale Forschungsposition Deutschlands substanziell zu verändern. Ich habe vielmehr den Eindruck, dass die Exzellenzinitiative bestehende Trends verlängert, verstärkt hat, die ohnehin schon angelegt waren. Das ist durchaus ein gutes Ergebnis. Wenn man aber sozusagen Innovationen durchsetzen will und die Idee hat, dass hier noch etwas notwendig ist, wird man ein Wettbewerbsformat brauchen, das genau an dieser Stelle auch ansetzt und Effekte produziert. Und da muss man wirklich auch mal genau nachdenken, was sind eigentlich Bereiche, in denen wir uns in Zukunft noch Veränderung erwünschen, die im normalen Prozedere sozusagen des Arbeitens von Hochschulen nicht erreicht werden können, aus welchen Gründen auch immer.
Schulz: Zum Beispiel?
Hornbostel: Na ja, das bezieht sich etwa auf Kooperationen, wir haben mit der Exzellenzinitiative einen starken institutionellen Wettbewerb. Man sieht jetzt schon an den Ideen, die kommen, dass man hier ein Stück zurückrudert und sagt, vielleicht ist das nicht der beste Weg, dass die Hochschulen untereinander extrem stark konkurrieren, vielleicht ist es viel sinnvoller, Kooperationen unter den Hochschulen in Gang zu bringen und zu befördern. Das ist ein deutlicher Richtungswechsel. Bisher hatten wir sozusagen die Wettbewerbsidee und die Vorstellung war, wenn alle miteinander konkurrieren, dann wird sich schon das Beste durchsetzen. Jetzt kommt stärker die Idee auf, dass es vielleicht sinnvoller ist, gerade wenn man nachhaltig und langfristig arbeiten will, dass dann Kooperationsstrukturen vielleicht viel wichtiger sind als diese Wettbewerbsstrukturen.
Schulz: Sagt Stefan Hornbostel, Leiter des Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung. Das Gespräch haben wir vor der Sendung aufgezeichnet.
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