Alles, was man heute wissen muss und dazu noch Texte, die maßgeschneidert zu den eigenen Interessen passen - das will Facebook News bieten. Bisher gab es das Angebot nur in den USA und Großbritannien, aber jetzt sei auch Deutschland dran, sagt Guido Bülow, bei Facebook verantwortlich für Medienpartnerschaften in Zentraleuropa.
"Das können Nachrichten sein aus meiner unmittelbaren Umgebung, von lokalen Nachrichtenanbietern. Aber das können eben auch Nachrichten aus Deutschland oder aus aller Welt sein. Und das Spektrum ist auch sehr weit an der Stelle. Also wir sprechen wirklich über einen sehr breiten Nachrichtenbegriff. Das deckt natürlich Politik ab, Wirtschaft, Sport, Unterhaltung, Kultur und vieles mehr."
Zusammenarbeit mit "Spiegel" und "FAZ"
Facebook arbeitet dafür mit über 100 Medienmarken zusammen - mit großen Namen wie dem Spiegel, der FAZ, der Zeit und der Süddeutschen, aber auch mit lokalen Medien wie der Lausitzer Rundschau, der Passauer Neuen Presse und der Emder Zeitung. Ein Team der Springer-Tochter Upday sucht nach bestimmten Kritierien die genauen Inhalte für Facebook News aus; dazu kommen Inhalte, die ein Algorithmus auswählt.
Die Verlage bekommen dann Geld für alle bei Facebook News angezeigten Inhalte, die sie nicht schon selbst auf ihren Facebook-Seiten gepostet haben. Wie viel Geld Facebook zahlt, ist geheim – aber es sei eine lohnende Kooperation für die Verlage, meint Guido Bülow.
"Aus der Erfahrung der USA kann ich auch sagen, dass viele Nutzer neu, zum ersten Mal mit einer Marke in Berührung kommen. Und dann mittelfristig tatsächlich auch ein Abonnement abschließen. Das sind alles langfristige Partnerschaften, weil wir gewillt sind, langfristig in das Nachrichten-Ökosystem zu investieren, um gemeinsam mit den Verlagen hier etwas aufzubauen, was für alle Beteiligten von Vorteil ist."
Interessen von Facebook
Doch ein milliardenschwerer Konzern wie Facebook dürfte solche Kooperationen nur eingehen, wenn er auch selbst davon etwas hat: zum Beispiel, dass wir alle durch die neuen Inhalte mehr und länger bei Facebook unterwegs sind; oder dass Facebook das eigene Image aufpoliert, auch gegenüber der Politik.
Denn noch vor wenigen Monaten hat Facebook einen ordentlichen Image-Schaden erlitten, in Australien. Dort wehrte sich das Unternehmen gegen ein geplantes Gesetz, das es dazu zwingen sollte, eine Art Nutzungsgebühr an die traditionellen Medienhäuser zu zahlen. Von einem Tag auf den anderen sperrte es die Facebook-Accounts aller wichtigen australischen Medien. Aber die australische Regierung wehrte sich, zum Beispiel Finanzminister Josh Frydenberg: "Was die heutigen Ereignisse gezeigt haben, ist die große Marktmacht, die diese digitalen Medien-Giganten inzwischen haben. Diese Tech-Riesen ragen inzwischen sehr sehr weit in unsere Wirtschaft hinein."
Keine Details zur Vereinbarung
Dieser Ansicht sind inzwischen auch viele Politikerinnen in der EU – und in Deutschland steht gerade ein Gesetz kurz vor der Verabschiedung, das Facebook zu umfangreichen Lizenzzahlungen zwingen könnte. Branchen-Insider vermuten deshalb, dass Facebook solche Zahlungen in den meisten Facebook-News-Verträgen ausgeschlossen hat – und damit diese Gesetze aushebeln könnte. Das Unternehmen will sich dazu nicht äußern; und auch die meisten Verlage sind auffallend still. Unsere Redaktion hat knapp 20 Medienhäuser um ein Interview gebeten – und keines bekommen. Nur vier Verlage schickten zumindest ein schriftliches Statement, zum Beispiel die FAZ.
"Bei der F.A.Z. hat das Lizenzgeschäft eine lange Tradition. Seit vielen Jahren werden Inhalte der F.A.Z gegen Lizenzgebühren weltweit genutzt. Bisher war dies weitgehend ein Printgeschäft, nun müssen natürlich die Möglichkeiten auch mit digitalen Anbietern und Plattformen wie Google und Facebook entwickelt werden."
Strategiewechsel bei Springer
Selbst der Axel-Springer-Verlag ist bei Facebook News dabei, obwohl sein Chef Mathias Döpfner lange gegen Facebook gewettert hat. Nutzerinnen von Facebook News bekommen sogar einige Inhalte von Bild und Welt kostenlos, die eigentlich nur mit einem kostenpflichtigen Abo zu haben sind. Die Kooperation scheint also verlockend zu sein – und dass die Verlage dringend auf Geld angewiesen sind, daran haben auch Kritiker wie Ingo Dachwitz keine Zweifel. Der Kommunikationswissenschaftler und Redakteur bei netzpolitik.org hat sich in einer Studie zuletzt mit den Kooperationen der Verlage mit Google beschäftigt – und sieht bei Facebook News deutliche Parallelen.
"Da treffen sich ja nicht zwei Partner auf Augenhöhe, und man würde dann irgendwie gleichmäßig verhandeln, sondern das sind die Bedingungen, die Facebook diktiert. Dazu gehört eben auch, dass es relativ kurze Kündigungsfristen gibt, nach dem, was man hören kann. Wir wissen das Motto gerade von Facebook, move fast and break things. Die können sich das ganz schnell anders überlegen. Und dann stehen Kolleg*innen, dann stehen vielleicht auch Technologieprojekte, die angestoßen worden sind, im Regen."
Weil die Verträge geheim sind und die Beteiligten dazu schweigen, lässt sich das weder beweisen noch widerlegen. Was sich allerdings jetzt schon abzeichnet: dass noch weitere Partnerverlage dazustoßen werden und dass Facebook News nach den USA, Großbritannien und Deutschland auch noch in andere Länder kommt.