Die Entscheidung sei bemerkenswert und klug, sagte Markus Schuler, Dlf-Korrespondent in San Francisco, im Dlf. Das Gremium habe es zwar befürwortet, dass Facebook Trumps Konten gesperrt habe. Das Board habe das Unternehmen aber auch dazu aufgefordert, die Entscheidung innerhalb von sechs Monaten noch einmal zu überprüfen - eine Sperre auf unbestimmte Zeit sei nicht angemessen gewesen. Die Runde aus 20 Fachleuten habe damit auch klargemacht, dass sie nicht der Zufluchtsort für Facebook für alle unangenehmen Entscheidungen sein wolle, sagte Schuler.
Kontensperrung nach Stürmung des Kapitols
Facebook hatte das Konto des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump kurz vor dem Ende seiner Amtszeit gesperrt. Anlass war der 6. Januar, an dem Trump-Anhänger das US-Kapitol gewaltsam gestürmt hatten. Auch Twitter und YouTube hatten die Kanäle des damaligen Präsidenten daraufhin blockiert.
Nach der Sperrung hatte Trump per E-Mail Statements an seine Fans verschickt. Vor Kurzem öffnete er außerdem unter dem Titel "From the Desk of Donald J. Trump" einen neuen Bereich auf seiner Webseite, auf dem er kurze Statements und Videos veröffentlicht – ähnlich wie zuvor bei Twitter. Mit einem Klick können seine Fans die Inhalte auf Facebook oder Twitter teilen, sodass seine Botschaften indirekt auf den Plattformen abgebildet werden, wenn auch nicht mehr gebündelt unter seinem Profil.
Vor allem der Kurznachrichtendienst Twitter, auf dem Trump mehr als 80 Millionen Menschen folgten, war für den Politiker ein wichtiges Kommunikationswerkzeug. Twitter hatte bereits angekündigt, Trumps Kanal nicht wieder öffnen zu wollen. YouTube, das zu Google gehört, will sich die Entscheidung noch offen halten.
Unabhängige Kontrollinstanz schon 2018 versprochen
Das von Facebook selbst eingesetzte und finanzierte Oversight Board hatte im vergangenen Herbst seine Arbeit aufgenommen. Besetzt ist es mit 20 Expertinnen und Experten aus der ganzen Welt, zum Teil aus den Rechtswissenschaften, zum Teil von Menschrechtsorganisationen oder Journalistenverbänden. Ihr Ziel ist es nach eigener Aussage, "unabhängige Entscheidungen" zu treffen, die für Facebook "bindend" seien.
Facebook könne dem Gremium allerdings vorgeben, ob es in einem Fall eine Entscheidung treffen oder lediglich eine Empfehlung abgeben solle, sagte Korrespondent Schuler. Das stelle die Unabhängigkeit des Gremiums in Frage.
Im Interview mit der ARD hatte Facebook-Politik-Chef Nick Clegg Anfang des Jahres betont, sein Unternehmen sei das einzige und erste, das ein solches Aufsichtsgremium eingerichtet habe. Angekündigt hatte Facebook-Chef Mark Zuckerberg die Gründung schon 2018, danach war drei Jahre lang erst einmal nichts passiert. Seit Anfang des Jahres hat das Oversight Board nun bereits neun Entscheidungen auf seiner Homepage veröffentlicht, der Fall Trump ist der zehnte.