"Das große Ziel ist es, den Benutzern die Macht zurückzugeben. Heutzutage posten wir eine Menge unserer Bilder in sozialen Netzwerken oder ins Internet. Aber wir verlieren die Kontrolle über diese Daten, wenn sie einmal im Internet sind."
Meint Joey Bose von der Universität in Toronto. Zusammen mit seinem Kollegen Parham Aarabi hat der Computeringenieur deshalb eine Art Filter für Fotos entwickelt, der vor der Gesichtserkennung schützen soll.
"Man muss zuerst unterscheiden, ob man Gesichter im Bild finden will. Das kennt man schon länger aus Digitalkameras, die dann scharf stellen auf einzelne Gesichter im Bild. Da ist also das Problem zunächst mal, so ein kleines Kästchen um das Gesicht herum zu machen, um das Gesicht überhaupt mal zu finden. Das zweite Thema, dass man auch als Gesichtserkennung bezeichnet, ist dann der Versuch, zu erkennen, wer ist da zu sehen."
Erklärt der Experte für Mustererkennung, Florian Gallwitz von der Technischen Hochschule Nürnberg. Bevor eine künstliche Intelligenz ein abgebildetes Gesicht tatsächlich einer bestimmten Person zuordnen, es also erkennen kann, muss das System erst einmal feststellen, ob im Bild überhaupt ein Gesicht gezeigt wird. Diesen ersten Schritt verhindern die Forscher aus Toronto, indem sie zwei Algorithmen gegeneinander antreten lassen.
"Wir haben eine künstliche Intelligenz gegenüber der Aufspürsoftware trainiert. Die wird besser und besser, indem sie von ihren eigenen Fehlern lernt. Zum Beispiel fügt die zweite künstliche Intelligenz eine Art Störpunkt bei den Augen hinzu und merkt dann, dass es geholfen hat, die andere zu täuschen."
Falsche Pixel führen Gesichtserkennungssoftware in die Irre
Denn normalerweise erkennt eine Gesichtsaufspürsoftware anhand der Farbgebung der Pixel, ob auf Bildern überhaupt Gesichter zu sehen sind. Die Stirnpartie ist zum Beispiel hell, die Augenpartie klassischerweise dunkel. Werden einzelne Pixel nur minimal verändert, ist das mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. Doch eine KI-Software wird in die Irre geführt – so das Konzept der kanadischen Wissenschaftler. Der Nürnberger Informatiker Florian Gallwitz sieht praktische Probleme:
"Wenn ich jetzt meine Urlaubsfotos hochlade und mit diesem Programm behandele, dann kann ich zwar ausschließen, dass dieses eine neuronale Netz meine Gesichter findet. Aber alle andere Verfahren und auch zukünftige Verfahren werden mein Gesicht natürlich trotzdem finden."
Skeptisch ist auch Elke Oberg von Cognitec. Das Unternehmen versorgt mit ihrer Gesichtserkennungssoftware "FaceVACS" weltweit Behörden, Unternehmen und Flughäfen. Für Oberg gibt es nur einen Weg, sich vor Gesichtserkennung unter anderem in sozialen Netzwerken schützen.
"Ja, dann sollte man nicht bei Facebook mitmachen. Ich denke schon, die Leute, die bei Social Media mitmachen, die haben ja auch schon das Bedürfnis ihre Fotos zu teilen."
Selbst Joey Bose muss zugeben, dass sein Filter bislang nur bei bereits bekannter Aufspürsoftware funktioniert. Die Erkennungsrate von Gesichtern auf Bildern konnte damit von fast 100 Prozent auf 0,5 gesenkt werden. Doch Facebook, Amazon und Co geben ihren Algorithmus nicht öffentlich preis.
"Es ist ein erster kleiner Schritt. Denn bisher hat niemand nachweisen können, dass es möglich ist, Gesichtserkennungssoftware auszutricksen."
Ganz nach dem Motto "Schlägst du eine, schlägst du alle" optimieren die Forscher den Filter weiter. Ihr Ziel: Jeder soll in Zukunft mithilfe einer App seine Bilder im Internet vor Gesichtserkennung schützen können.