Drei Minister aus den drei Parteien, die die Koalition bilden - eine Botschaft: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und der federführende Innenminster Horst Seehofer bemühen sich am Vormittag nach der nächtlichen Sitzung, Einigkeit zu demonstrieren.
"Fehlende Fachkräfte sind bekanntlich heute schon ein Hauptproblem für unsere Unternehmen in Deutschland. Und dieses Problem wird sich auf dem Arbeitsmarkt in der Zukunft noch weiter zuspitzen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir als Regierung jetzt und frühzeitig handeln",
betont CSU-Chef Seehofer. Und der CDU-Politiker Altmaier hebt die Bedeutung der Einigung noch höher: Es sei gelungen, einen Schlussstrich unter eine Debatte zu ziehen, die ein Vierteljahrhundert den Diskurs bestimmt habe.
"Wir haben es geschafft, die ideologischen Streitpunkte beiseite zu legen und stattdessen uns auf das zu konzentrieren, was pragmatisch im Interesse aller Beteiligten richtig und notwendig ist. Und das ist eine gute Voraussetzung dafür, dass dieses Gesetz in der Praxis die beabsichtigten Wirkungen auch erfüllt."
Dabei hat in der Diskussion der vergangenen Wochen vor allem ein Thema die Agenda bestimmt: Unter welchen Umständen sollen abgelehnte Asylbewerber, die sich aber in den Arbeitsmarkt integriert haben, bleiben können? Spurwechsel lautete das umstrittene Schlagwort, Stichtagsregelung hieß eine diskutierte Lösung.
Kriterien definieren
Von beidem ist keine Rede mehr. Man wolle die Potentiale der Personen mit Fluchthintergrund nutzen, die hier arbeiten dürfen, heißt es nun und: Man wolle klare Kriterien für einen verlässlichen Status Geduldeter definieren, die durch ihre Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt sichern und gut integriert sind. Peter Altmaier zeigt sich zufrieden.
"Weil es wirklich etwas Neues ist, was wir gestern vereinbart haben. Es ist kein Rechtsanspruch, sondern es ist eine Regelung, die wir schaffen, mit klaren Kriterien, die für die Beteiligten im Wirtschaftsprozess praktikabel ist und die dazu beiträgt, dass keine neuen Anreize gesetzt werden und im Übrigen auch keine neuen Spaltungen entstehen."
Dabei dürfen abgelehnte Asylbewerber mit Duldung in der Regel ohnehin schon seit 2005 arbeiten. Seit 2015 gelten erleichterte Bedingungen für die Ausbildung. Ob diese Eckdaten überhaupt verändert werden, bleibt auch nach der Einigung auf Eckpunkte offen.
Unschärfen bleiben
Klar ist aber: Die Kriterien, die bisher in Deutschland höchst unterschiedlich angewendet werden, sollen vereinheitlicht werden, Rechtssicherheit ist das Ziel, auch für Arbeitgeber. Die haben vielfach besonderes Interesse, Arbeitnehmer aus dem außereuropäischen Ausland anzuwerben, unabhängig vom Sonderfall des Fluchtkontextes. In zwei Punkten soll das erleichtert werden, so fassen es der Bundesarbeits- und der Bundesinnenminister zusammen:
"Das eine ist, dass wir nicht nur darauf setzen, dass Hochschulabsolventen in Deutschland die Möglichkeit haben, bei uns einzuwandern, dafür gibt es gute Möglichkeiten, sondern wir nehmen die große Gruppe der beruflich Qualifizierten in den Blick, weil wir das in Deutschland auch brauchen. Und das zweite ist: Wir ermöglichen durchaus einen Schritt Richtung Potential-Einwanderung, dass Menschen, die beruflich qualifiziert sind, die die deutsche Sprache beherrschen, ein halbes Jahr lang hier in Deutschland auch einen Arbeitsplatz suchen können."
"Da haben wir schon eine Regel für die Hochschul-Absolventen. Und diese Regelung wird jetzt erweitert für Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung. Bei allen, die uns beraten und Tipps geben, kommt immer wieder das Argument, dass bei den Fachkräften gerade dieser Bereich des dualen Systems - der Schreiner, der Heizungsbauer, der Bäcker - das größere Problem sind gegenüber den akademisch Vorgebildeten."
Auch hier bleiben allerdings viele Fragen offen. Ein Rechtsanspruch für die Antragsteller ist auch hier nicht vorgesehen. Noch am Vormittag verabschiedete das Kabinett die Regelung. Dass das Parlament sich hingegen deutlich länger über das Paket beugen wird, zeichnet sich angesichts der Unschärfen im bisherigen Kompromiss ab.