Ein Klassenzimmer in einem Bürogebäude in Peking. Sieben junge Frauen und ein junger Mann sprechen heute darüber, wie man in Deutschland mit Taschengeld umgeht. Seit fünf Monaten lernen sie Deutsch. Sie werden auf ihren Einsatz in Berlin vorbereitet, wo sie hauptsächlich in der Altenpflege arbeiten sollen. Die Schule, in der sie ausgebildet werden, trägt den Namen Service-Center für Freundschaft und Zusammenarbeit mit anderen Ländern.
"Ich heiße Guo Fengjuan, ich bin 23 Jahre alt. Weil ich an der Uni Krankenpflege lerne, kann ich nach Deutschland gehen und dort als Krankenschwester arbeiten."
Verunsicherung wegen Flüchtlingen
Weil es in Peking so viel Smog gibt, freut sich Guo Fengjuan auf saubere Luft in Deutschland. Und auf ihre Schwester, die dort schon als Pflegerin in Deutschland arbeitet. Sorgen mache sie sich keine, ihrer Schwester gehe es gut. Anders ihr 22-jähriger Mitstudent Yu Xichao:
"Jetzt weiß ich, dass Deutschland viele Flüchtlinge hat. Vielleicht ein bisschen gefährlich für Frauen."
Sorgen wegen Flüchtlingen in Deutschland seien nicht ungewöhnlich, sagt Jan Sprenger. Er leitet die Spracharbeit beim Goethe-Institut in China. Immer wieder gebe es Nachfragen:
"Ganz konkret wird gefragt, ob Deutschland ein sicherer Ort ist. Und ob man an allen Orten in Deutschland sicher reisen kann. Ob es sicher ist, nachts auf die Straße zu gehen."
Hintergrund sind seiner Einschätzung nach Berichte über den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt oder die Übergriffe in der Silvesternacht in Köln vor drei Jahren. Aber auch über den Mord an einer chinesischen Studentin in Dessau sei ausführlich in chinesischen Medien berichtet worden:
"Es gibt aber auch wie in Deutschland sehr verbreitete soziale Medien. Und da werden viele Meldungen verbreitet und das sind auch mitunter Fake News. Und damit werden wir dann manchmal konfrontiert."
Rechtsextremismus, rassistische Übergriffe, wie die Vorfälle in Chemnitz dagegen, spielen seiner Einschätzung nach keine große Rolle. Die Nachfrage nach Deutschkursen und Prüfungen steige weiter, so Jan Sprenger vom Goethe-Institut in Peking.
Deutschland ist bei chinesischem Pflegepersonal beliebt
Nach der Ausbildung am Service-Center für Freundschaft und Zusammenarbeit mit anderen Ländern sind bisher rund 300 junge Pflegerinnen und Pfleger nach Deutschland gegangen. Sie arbeiten in allen Bundesländern. Deutschland sei das mit Abstand beliebteste Land, sagt Abteilungsleiter Wang Wenshang:
"In den vergangenen Jahrzehnten hat Deutschland einen sehr guten Eindruck in China hinterlassen. Angela Merkel hat den Spitznamen Tante Merkel bekommen: "Mo Shen’er". Darüber hinaus sind die Lebenshaltungskosten in Ländern wie Großbritannien, Australien, Canada und den USA sehr hoch im Vergleich zu Deutschland."
Neben guter Bezahlung und niedrigen Lebenshaltungskosten in Deutschland würden die jungen Pflegekräfte außerdem weiter geschult:
"Unsere Schüler werden eine praxisnahe Ausbildung in Deutschland genießen. Es ist ja bekannt, dass das deutsche duale Ausbildungssystem äußerst ausgereift ist. Da kann China auf jeden Fall noch was lernen."
Die jungen Pflegerinnen und Pfleger haben ihren letzten Tag beim Deutschkurs. Anschließend geht es nach Chongqing zum Goethe-Institut, für die abschließende Prüfung. In den kommenden Monaten wollen sie dann nach Berlin. Wann genau wissen sie noch nicht. Visa haben sie noch keine.
Doch alle freuen sich auf Deutschland. Auch wenn das Land in den vergangenen Jahren einen Imagewandel in China durchgemacht hat. Noch vor ein paar Jahren galt Deutschland als Hochtechnologieland. Heute gilt es, gerade unter jungen Leuten, als rückschrittlich. Yu Xichao findet zum Beispiel Bargeld unpraktisch, das in China mittlerweile fast komplett verschwunden ist:
"In China können wir im Supermarkt mit dem Handy bezahlen. Aber in Deutschland nicht. Ich finde das nicht günstig. Vielleicht kann man in der Zukunft mit dem Handy bezahlen. Das ist sehr gut!"