Für die Macher der Bertelsmann Studie ist der Fall klar: an der verstärkten Zuwanderung von Fachkräften nach Deutschland geht kein Weg vorbei. Der Mangel an IT-Experten, Mechatronikern und anderen technisch ausgebildeten Personen sei anders nicht mehr zu beheben, sagt Matthias Meyer von der Bertelsmann Stiftung.
"Ein einfaches Gedankenexperiment zeigt, wieso es mit inländischen Ressourcen leider nicht komplett gehen wird. Denn wenn man schaut, bis zum Jahr 2060 würde ohne Zuwanderung und bei konstanter Erwerbsbeteiligung, dass Arbeitskräfteangebot um 16 Millionen Personen zurückgehen. Aber selbst wenn die Menschen sehr viel mehr arbeiten würden, also wenn zum Besipiel Frauen so viel arbeiten würden, wie Männer und die Rente mit 70 eingeführt würde, würde dies nur ungefähr ein Viertel dieses Rückgangs abfedern."
260.000 sind nur das Minimum
Und so sollen es Fachkräfte aus dem Ausland richten - 260.000 im Jahr bis 2060. Das sei das Minimum an Fachkräften für die deutsche Wirtschaft, um wenigstens so weiterzumachen wie heute. Hauptursache für diesen hohen Bedarf ist der demografische Wandel. Die Deutschen werden im Schnitt immer älter und bekommen gleichzeitig weniger Kinder, sagt Mayer:
"Vor allem wenn die geburtenstärkten Jahrgänge, der sogenannten Babyboomer in einigen Jahren in Rente gehen werden, dann wird man in den kommenden Jahren einen sogenannten demographischen Kippensprung erleben. Das innerhalb von wenigen Jahren relativ wenige Leute aus dem Erwerbsleben ausscheiden werden."
Fachkräfte müssem von außerhalb der EU kommen
Genauso geht es vielen anderen Ländern der EU. Die Studienmacher erwarten daher, dass immer weniger Fachkräfte aus Europa nach Deutschland kommen, weil sie in ihren Heimatländern gebraucht und gut bezahlt werden. Deshalb sagen die Studienmacher, dass die meisten der benötigten ausländischen Fachkräfte aus sogenannten Drittländern, außerhalb der EU kommen müssen. Jährlich knapp unter 150.000, beispielsweise aus Indien, China oder Russland.
Der Chef der Arbeitsagentur in Bielefeld, Thomas Richter, kann den Fachkräftebedarf zwar bestätigen. Ihn in der Praxis mit ausländischen Arbeitnehmern zu decken, sei aber nicht ganz einfach, weiß Richter aus Erfahrung.
"Weil sich herausgestellt hat, dass die einfach nach ein paar Wochen, paar Monaten - mehr oder weniger - ja Nähe zu Mama und Freundin und Heimatweh hatten. Und ganz viele sind dann auch nicht geblieben. Wir müssen dann also auch gucken, dass die in der Gruppe sind, wir müssen dann auch schauen, dass die hier sozial sich nicht gleich verwurzeln, aber ankommen können."
Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird begrüßt
Um freie Stellen in Deutschland zu besetzen, müssten auch die Kinderbetreuung verbessert und Langzeitarbeitslose besser qualifiziert werden, findet Richter. Doch auch er sagt: ohne zusätzliche Fachkräfte aus dem Ausland werde es nicht gehen. Und eine Gefahr für deutsche Arbeitssuchende kann er nicht erkennen - Jobs seien genügend da.
Deswegen begrüßt Richter, genau wie die Macher der Bertelsmann Studie, das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz der Bundesregierung, das kommendes Jahr in Kraft treten soll. Im März ist die erste Lesung im Bundestag.
Matthias Mayer von der Bertelsmann Stiftung hofft, die zu erwartenden Debatten das Gesetz nicht völlig "verwässern". So wie es jetzt formuliert sei, gehe es genau in die richtige Richtung.