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Fachkräftemangel
Mehr Geld für kluge Köpfe aus dem Ausland

In den letzen Monaten kamen viele qualifizierte Fachkräfte nach Deutschland. Trotzdem klagen Industrie und Gesundheitswirtschaft über zu wenig passendes Personal. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will deshalb mehr Geld ausgeben, um ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu locken.

Von Gerhard Schröder |
    Der Fachkräftemangel ist für die deutsche Wirtschaft – neben der Energiewende – das derzeit drängendste Problem. Ein Drittel der Unternehmen sieht darin ein Risiko für die Geschäftsentwicklung, vor vier Jahren waren es nur 18 Prozent, sagte Eric Schweitzer, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages DIHK. Arbeitsministerin Andrea Nahles sieht Engpässe bei zwanzig Berufsgruppen, darunter Ärzte und Ingenieure, Pflegekräfte und Lokführer:
    "Alle Qualifikationsstufen sind betroffen, Facharbeiter genauso wie Akademiker."
    Deshalb müssten Regierung und Wirtschaft gemeinsam daran arbeiten, die vorhandenen Potenziale besser auszuschöpfen, forderte Nahles. Heißt konkret: Die Arbeitschancen von Frauen, Älteren, Jugendlichen und Migranten verbessern. Die Erwerbstätigkeit von Frauen sei in den vergangenen Jahren gestiegen, auf 72 Prozent. Viele seien aber in Teilzeit beschäftigt und würden gern mehr arbeiten, sagte die Sozialdemokratin:
    "Und deswegen wollen wir auch ein Recht auf Rückkehr in Vollzeit schaffen, damit Teilzeit, die viele Frauen als positiv und richtig erleben für eine gewisse Zeit, auf Dauer nicht zu einer Falle wird."
    Auch DIHK-Chef Schweitzer sieht hier große Chancen. 850.000 Vollzeitstellen könnten besetzt werden, wenn mehr Teilzeitarbeiterinnen ihre Arbeitszeit ausdehnten, schätzte er. Allerdings müsste sich hier auch die Betriebe bewegen - und familienfreundlichere Arbeitszeiten anbieten:
    "Das heißt, wegzukommen von dem Thema von 8 bis 16 Uhr, sondern familienfreundliche Arbeitszeitmodelle finden. Das machen auch viele Unternehmen. Aber das kann man sicher noch steigern."
    140 Millionen Euro zusätzlich
    Aber auch die Politik müsse mehr tun, forderte Schweitzer. Stichwort Kinderbetreuung. Nicht nur in Kitas müsse der Staat mehr investieren, sondern auch in Ganztagsschulen, damit Eltern Familie und Beruf besser miteinander in Einklang bringen könnten. Konkret forderte Schweitzer einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz und machte auch einen Vorschlag, wie das finanziert werden könnte:
    "Indem man zum Beispiel das Betreuungsgeld beendet, das sind zwei Milliarden, die kann man dafür nehmen. Das würden wir sehr begrüßen, weil das auch falsche Anreize setzt."
    Auch für Jugendliche müsse mehr getan werden. Derzeit seien 1,4 Millionen Menschen zwischen 20 und 34 ohne Berufsabschluss. Ihnen müsse eine zweite Chance gegeben werden, forderte Nahles, die auch für eine gezielte Einwanderungspolitik warb:
    "Wir haben erfolgreich um mehr Zuwanderung geworben. Und wir haben die realisieren können. Und das hat die Lage in einigen Berufen entspannt. Und das zeigt, dass das für die Zukunft ein ganz wichtiges Thema ist."
    Vor allem aus Spanien, aber auch aus anderen EU-Ländern sind in den vergangenen Jahren junge Arbeitskräfte nach Deutschland gekommen. Damit das so bleibt, hat die Bundesregierung neue Fördergelder bewilligt. Für das laufende Jahr, so Nahles, seien mit dem heute im Kabinett verabschiedeten Haushalt 140 Millionen Euro zusätzlich eingeplant.