Es ist ein ungewöhnlicher Tross, der da am Samstag den Parkplatz an der Autobahn A 270 von Eindhoven nach Helmond verlässt. Einem silbernen Minivan folgen sechs Autos, ein Lastwagen und eine Zugmaschine. Die mit Sensoren und Computertechnik gespickten Vehikel sind auf dem Weg zu ihren Startpositionen für die Grand Cooperative Driving Challenge, bei der sie per Autopilot Kolonne fahren sollen.
Im Fahrersitz des silbernen Passats "AnnieWAY" vom Karlsruher Institut für Technologie sitzt der Physiker und Doktorand Holger Rapp. Während er hinter den anderen auf die gesperrte Autobahn einbiegt, gibt er noch selbst Gas. Doch das wird sich gleich ändern. Mit dem offiziellen Startschuss muss er die Füße von den Pedalen nehmen.
"Ich nehme die Füße von den Pedalen, das ist korrekt. Lenken muss ich aber. Das ist in dieser Challenge so vorgesehen. Und das ist im Prinzip meine einzige Aufgabe. Die andere Aufgabe ist, dass ich natürlich bei Notfällen eingreifen muss. Und das kann ich zu jedem Zeitpunkt machen. Sobald ich ein Pedal berühre, übersteuere ich den Rechner und fahre dann manuell. Und dann muss man den Controller erst wieder anschalten, bevor das Auto wieder selber fahren kann. Losfahren..."
Per GPS-Empfänger misst der Passat seine Position, mit Radar den Abstand zum Vordermann. Aus den Sensordaten berechnen Computer und Elektronik, die den Kofferraum füllen, in Echtzeit die Befehle für Motorsteuerung und Bremsen.
Weniger Unfälle, weniger Staus, geringerer Spritverbrauch – das sind die Vorzüge, die "Auto"-Piloten versprechen, die den Abstand zum Vordermann automatisch regeln, indem sie bei Bedarf bremsen oder beschleunigen. Weil Computer keine Schrecksekunde haben, ließen sich Sicherheitsabstände verkürzen und der Verkehrsfluss erhöhen, erklärt Wettbewerbsorganisator Bastiaan Krosse von der niederländischen Forschungsorganisation TNO.
"Wir haben längs der sechs Kilometer langen Teststrecke im Abstand von 100 Metern Kameras und Funksensoren installiert. So wissen wir von jedem Fahrzeug immer genau, wo es sich befindet, wie schnell es fährt und welche Daten es an die Fahrzeuge in seiner Umgebung funkt. All diese Informationen verwenden wir, um am Ende den Gewinner zu ermitteln - also jenes Fahrzeug, das bei Staugefahr am Besten reagiert."
Per Funk gibt die Wettbewerbsleitung die Startformation der beiden Fahrzeugkolonnen durch. Holger Rapp rollt auf die linke Spur und hält hinter dem grünen Smart "Futurum" der Universität Twente. Sein Teamkollege auf dem Beifahrersitz fährt mit ein paar Tastaturbefehlen den Autopiloten hoch. Benjamin Ranft auf der Rückbank überwacht derweil auf einem großen Monitor, inwieweit AnnieWAY die Autos vor und hinter sich erkennt.
"Das ist jetzt eben auch eine interessante Situation, weil es für uns eben wichtig ist, den Wagen vor uns per WLAN zu sehen, also dass er an uns seine Position kommuniziert."
Während des Countdowns beginnen die hinter zwei roten Ampeln gestaffelten Fahrzeuge zehnmal pro Sekunde untereinander per Datenfunk ihre Größe und Position auszutauschen. Auf Benjamin Ranfts Monitor müsste der grüne Smart deshalb gleich als farbiges Kästchen erscheinen – genau wie alle anderen Mitfahrer.
"Jetzt ist preparing. Und jetzt sehen wir auch den Smart. Und man sieht, er ist ein Bisschen kleiner."
Doch 15 Sekunden vor dem Start verschwindet das grüne Kästchen wieder. Der Smart steht immer noch in der Pole-Position, aber weil er keine Positionsdaten mehr sendet, kann ihn der Passat weder über WLAN-Ortung noch über Radar sehen, denn das reagiert nur auf bewegte Objekte, sonst würde jedes Straßenschild für Verwirrung sorgen.
"Oh, er ist verschwunden. Der Smart ist weg."
" Auf Radar oder im WLAN?"
" Beides. Er ist nicht zu sehen. – Futurum: We can't receive you."
"Mach' dich bereit zu bremsen."
"Jetzt ist er wieder da."
"Drei, zwei, eins ...so, jetzt habe ich manuell überschrieben."
Als die Ampel dann auf grün springt, beschleunigt AnnieWAY als ob der Smart gar nicht da wäre. Um nicht aufzufahren, tritt Holger Rapp auf die Bremse.
"Radartarget da. Kannst wieder autonom, Radar ist da ..."
Team Futurum sendet immer noch keine Positionsdaten. Aber nach dem Anrollen funktioniert die Abstandmessung per Radar. Holger Rapp übergibt dem Autopiloten per Knopfdruck wieder Gas und Bremse – und der hält den Passat auf Distanz zum grünen Smart. Als dieser beschleunigt, um dem Leitfahrzeug zu folgen, gibt auch AnnieWAY Gas.
Das silberne Führungsfahrzeug in der Mitte der Fahrbahn, beschleunigt mehrmals auf Tempo 80 und bremst dann unvermittelt, um den Beginn eines Staus zu simulieren. Die Autopiloten der Kolonnenfahrer dahinter müssen zeigen, wie gut sie damit klar kommen. Mehr als einmal fährt bei den Testläufen das eine oder andere Gefährt gefährlich dicht auf. Der Fahrer der Scania-Zugmaschine aus Stockholm muss einmal sogar auf den Standstreifen ausscheren, um einen Unfall zu verhindern. Probleme, die verdeutlichen, dass noch Jahre vergehen dürften, bis Autopiloten für kooperatives Kolonnenfahren praxisreif sind. So sieht das auch Dr. Martin Lauer, der Chef des Teams Karlsruhe.
"Ich denke, dass wir von der technischen Ebene nicht allzu weit in die Zukunft denken. Da sind wir eher bei fünf bis zehn Jahren, wo man sagen könnte, das wäre technisch möglich. Es ist dann immer die Frage, wie sehr wird das akzeptiert? Wie sehr ist da Nachdruck seitens der Automobilindustrie? Wie viel Akzeptanz ist seitens der Politik und Gesellschaft, solche Techniken zu akzeptieren? Technisch, denke ich, dass wir über einen Horizont von fünf -zehn Jahren reden."
Martin Lauer kann mit der Leistung seines Teams zufrieden sein. Der Passat des KIT beschleunigt und bremst mitunter zwar noch etwas rüde. Insgesamt schlägt er sich bei Dutzenden Testfahrten am Wochenende aber so gut, dass er am gestrigen Sonntag zum Sieger des weltweit ersten Great Cooperative Driving Challenge gekürt wurde. Platz zwei und drei belegten die braunen Volvos zweier Teams aus Schweden.
Im Fahrersitz des silbernen Passats "AnnieWAY" vom Karlsruher Institut für Technologie sitzt der Physiker und Doktorand Holger Rapp. Während er hinter den anderen auf die gesperrte Autobahn einbiegt, gibt er noch selbst Gas. Doch das wird sich gleich ändern. Mit dem offiziellen Startschuss muss er die Füße von den Pedalen nehmen.
"Ich nehme die Füße von den Pedalen, das ist korrekt. Lenken muss ich aber. Das ist in dieser Challenge so vorgesehen. Und das ist im Prinzip meine einzige Aufgabe. Die andere Aufgabe ist, dass ich natürlich bei Notfällen eingreifen muss. Und das kann ich zu jedem Zeitpunkt machen. Sobald ich ein Pedal berühre, übersteuere ich den Rechner und fahre dann manuell. Und dann muss man den Controller erst wieder anschalten, bevor das Auto wieder selber fahren kann. Losfahren..."
Per GPS-Empfänger misst der Passat seine Position, mit Radar den Abstand zum Vordermann. Aus den Sensordaten berechnen Computer und Elektronik, die den Kofferraum füllen, in Echtzeit die Befehle für Motorsteuerung und Bremsen.
Weniger Unfälle, weniger Staus, geringerer Spritverbrauch – das sind die Vorzüge, die "Auto"-Piloten versprechen, die den Abstand zum Vordermann automatisch regeln, indem sie bei Bedarf bremsen oder beschleunigen. Weil Computer keine Schrecksekunde haben, ließen sich Sicherheitsabstände verkürzen und der Verkehrsfluss erhöhen, erklärt Wettbewerbsorganisator Bastiaan Krosse von der niederländischen Forschungsorganisation TNO.
"Wir haben längs der sechs Kilometer langen Teststrecke im Abstand von 100 Metern Kameras und Funksensoren installiert. So wissen wir von jedem Fahrzeug immer genau, wo es sich befindet, wie schnell es fährt und welche Daten es an die Fahrzeuge in seiner Umgebung funkt. All diese Informationen verwenden wir, um am Ende den Gewinner zu ermitteln - also jenes Fahrzeug, das bei Staugefahr am Besten reagiert."
Per Funk gibt die Wettbewerbsleitung die Startformation der beiden Fahrzeugkolonnen durch. Holger Rapp rollt auf die linke Spur und hält hinter dem grünen Smart "Futurum" der Universität Twente. Sein Teamkollege auf dem Beifahrersitz fährt mit ein paar Tastaturbefehlen den Autopiloten hoch. Benjamin Ranft auf der Rückbank überwacht derweil auf einem großen Monitor, inwieweit AnnieWAY die Autos vor und hinter sich erkennt.
"Das ist jetzt eben auch eine interessante Situation, weil es für uns eben wichtig ist, den Wagen vor uns per WLAN zu sehen, also dass er an uns seine Position kommuniziert."
Während des Countdowns beginnen die hinter zwei roten Ampeln gestaffelten Fahrzeuge zehnmal pro Sekunde untereinander per Datenfunk ihre Größe und Position auszutauschen. Auf Benjamin Ranfts Monitor müsste der grüne Smart deshalb gleich als farbiges Kästchen erscheinen – genau wie alle anderen Mitfahrer.
"Jetzt ist preparing. Und jetzt sehen wir auch den Smart. Und man sieht, er ist ein Bisschen kleiner."
Doch 15 Sekunden vor dem Start verschwindet das grüne Kästchen wieder. Der Smart steht immer noch in der Pole-Position, aber weil er keine Positionsdaten mehr sendet, kann ihn der Passat weder über WLAN-Ortung noch über Radar sehen, denn das reagiert nur auf bewegte Objekte, sonst würde jedes Straßenschild für Verwirrung sorgen.
"Oh, er ist verschwunden. Der Smart ist weg."
" Auf Radar oder im WLAN?"
" Beides. Er ist nicht zu sehen. – Futurum: We can't receive you."
"Mach' dich bereit zu bremsen."
"Jetzt ist er wieder da."
"Drei, zwei, eins ...so, jetzt habe ich manuell überschrieben."
Als die Ampel dann auf grün springt, beschleunigt AnnieWAY als ob der Smart gar nicht da wäre. Um nicht aufzufahren, tritt Holger Rapp auf die Bremse.
"Radartarget da. Kannst wieder autonom, Radar ist da ..."
Team Futurum sendet immer noch keine Positionsdaten. Aber nach dem Anrollen funktioniert die Abstandmessung per Radar. Holger Rapp übergibt dem Autopiloten per Knopfdruck wieder Gas und Bremse – und der hält den Passat auf Distanz zum grünen Smart. Als dieser beschleunigt, um dem Leitfahrzeug zu folgen, gibt auch AnnieWAY Gas.
Das silberne Führungsfahrzeug in der Mitte der Fahrbahn, beschleunigt mehrmals auf Tempo 80 und bremst dann unvermittelt, um den Beginn eines Staus zu simulieren. Die Autopiloten der Kolonnenfahrer dahinter müssen zeigen, wie gut sie damit klar kommen. Mehr als einmal fährt bei den Testläufen das eine oder andere Gefährt gefährlich dicht auf. Der Fahrer der Scania-Zugmaschine aus Stockholm muss einmal sogar auf den Standstreifen ausscheren, um einen Unfall zu verhindern. Probleme, die verdeutlichen, dass noch Jahre vergehen dürften, bis Autopiloten für kooperatives Kolonnenfahren praxisreif sind. So sieht das auch Dr. Martin Lauer, der Chef des Teams Karlsruhe.
"Ich denke, dass wir von der technischen Ebene nicht allzu weit in die Zukunft denken. Da sind wir eher bei fünf bis zehn Jahren, wo man sagen könnte, das wäre technisch möglich. Es ist dann immer die Frage, wie sehr wird das akzeptiert? Wie sehr ist da Nachdruck seitens der Automobilindustrie? Wie viel Akzeptanz ist seitens der Politik und Gesellschaft, solche Techniken zu akzeptieren? Technisch, denke ich, dass wir über einen Horizont von fünf -zehn Jahren reden."
Martin Lauer kann mit der Leistung seines Teams zufrieden sein. Der Passat des KIT beschleunigt und bremst mitunter zwar noch etwas rüde. Insgesamt schlägt er sich bei Dutzenden Testfahrten am Wochenende aber so gut, dass er am gestrigen Sonntag zum Sieger des weltweit ersten Great Cooperative Driving Challenge gekürt wurde. Platz zwei und drei belegten die braunen Volvos zweier Teams aus Schweden.