Grauer Rahmen, orange-gelbe Felgen: Seit Juli stehen sie in Zürich quasi an jeder Ecke, die Leihräder von O-Bike. 900 Stück hatte das Start-up aus Singapur in der Schweizer Wirtschaftsmetropole verteilt. Kunden können die Velos, wie man Fahrräder hier nennt, per Handy-App lokalisieren und mieten. 30 Minuten für 1,50 Franken - das entspricht etwa 1,30 Euro. Von gut 15.000 zahlenden Kunden spricht der Eigentümer O-Bike.
Die Stadt Zürich debattiert seit Jahren über ein offiziell lizenziertes Fahrrad-Verleihsystem. Im kommenden Jahr soll es starten. O-Bike hat nicht lange gefackelt und hat nun die Stadtverwaltung mit seinem Service mächtig überrascht, erzählt der zuständige Stadtrat Filippo Leutenegger:
"Ich habe eines Tages vor meinem Büro solche O-Bikes gesehen, und ich hatte keine Ahnung, warum. Ich habe dann nachgefragt und niemand wusste. Dann habe ich mich zehn Tage bemüht, einen Kontakt herzustellen. Das hat dann irgendwann geklappt."
Chaotischer Start
O-Bike bezeichnet sich selbst als agiles und pragmatisches Unternehmen. Pragmatisch war auf jeden Fall das Vorgehen in Zürich. O-Bike operiert als sogenanntes Free-Floating-System, hat keine festen Verleih-Stationen. Obwohl die Firma für ihr Geschäft öffentliche Flächen nutzt, benötigt sie in Zürich keine Bewilligung. Immerhin habe man die Stadt per Email informiert, sagt Unternehmens-Sprecherin Sis Timberg:
"Man braucht in Zürich keine gesetzliche Genehmigung. Deshalb haben wir es einfach nur kommuniziert."
Trotzdem gab es Ärger. Denn die Kunden von O-Bike stellten die grau-gelben Räder nach Gebrauch überall ab: in Feuerwehrzufahrten, auf Bürgersteigen und anderswo. An öffentlichen Fahrradständern gab es plötzlich keine freien Plätze mehr. Bei der Stadt hagelte es Beschwerden. Die Rede war vom Missbrauch öffentlichen Grunds oder von der "gelben Flut", die Zürich überrollt. Während in anderen Schweizer Städten O-Bike der Geschäftsbetrieb verboten wurde, hat Zürich nun aber mit dem Unternehmen Regeln ausgehandelt, so Stadtrat Filippo Leutenegger: "Fahrräder, die rumliegen und den Weg versperren, werden eingesammelt. Die können dann für 50 Franken ausgelöst werden. Bei O-Bike haben wir noch die Regelung, dass nur zehn Prozent O-Bikes auf öffentlichen Markierungsanlagen stehen dürfen. Sonst werden sie abgeräumt."
Versuchslabor Zürich
Das ist keine leere Drohung, sondern die Stadt meint es ernst: 150 Räder habe man in den vergangenen vier Tagen eingesammelt, so Leutenegger. O-Bike muss nun ständig überprüfen, ob die Nutzer sich beim Abstellen der Räder an die städtischen Vorgaben halten. Gegebenenfalls müssen die Drahtesel umgestellt werden. Zudem hat O-Bike die Zahl der Räder auf 500 reduziert. Zugegeben, der Start war chaotisch - räumt Sprecherin Sis Timberg ein - aber: Alles wird sich einpegeln: "Natürlich kann das noch nicht perfekt sein. Die Lernphase für Nutzer dauert einfach."
Das Hickhack um O-Bike in Zürich scheint andere Anbieter nicht abzuschrecken. Im Gegenteil. Zusätzlich zu O-Bike und zum dann offiziell lizenzierten Verleih-Dienst - will eine weitere Firma in Zürich an den Start gehen - mit sage und schreibe 4000 Rädern! Spätestens dann dürfte die Debatte über die Draht-Esel-Flut neu aufflammen.