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Fairer Handel
Umsatz steigt, aber auf sehr niedrigem Niveau

Ob Kaffee, Bananen oder auch Kleidung – die Deutschen kaufen immer mehr fair gehandelte Produkte. Laut Forum Fairer Handel hat sich seit 2010 der Umsatz verfünffacht, allerdings bleibt der Marktanteil klein. Und die Erlöse verbleiben zu einem Großteil in den Industrieländern.

Von Philip Banse |
Ein "Fairtrade" Siegel ist in einem Lebensmittelladen an einer Tüte mit Kaffee zu sehen.
Die meisten fair gehandelten Produkte wie hier Kaffee werden mit Fair-Trade-Siegel verkauft (dpa / picture alliance / Bernd Weissbrod)
Menschen in Deutschland geben immer mehr Geld für fair gehandelte Produkte aus, für Produkte also, die teurer sind, weil ihre Produzenten und Produzentinnen garantiert einen Mindestpreis bekommen und 20 Dollarcent oben drauf für soziale Projekte. Von Kaffee und Bananen bis zu Kleidung, Kosmetik und Weihnachtssternen – für faire Produkte haben Menschen in Deutschland im vergangenen Jahre knapp 1,7 Milliarden Euro ausgeben, sagt Manuel Blendin vom Lobbyverband Forum Fairer Handel:
"Das ist ein Umsatzplus von 15 Prozent und eine Verdopplung des Umsatzes in den letzten fünf Jahren. Also eine sehr positive Entwicklung."
Fairtrade-Produkte kommen auch aus Deutschland
Das Gros der fairen Produkte trägt das Siegel "Fairtrade". Und die dominierenden fairen Produkte sind Kaffee und Bananen. Was viele wahrscheinlich noch nicht wissen: Faire Produkte mit "Fairtrade"-Siegel kommen nicht nur aus dem globalen Süden, sondern auch aus Europa und Deutschland. Der bayerische Milchbauer Jakob Sichler etwa verkauft seine Milch teurer und mit "Fairtrade"-Siegel.
Sein Wunsch an die Verbraucher: Dass sie uns unterstützen, unsere Produkte kaufen beziehungsweise Produkte aus dem fairen Handel, dass sich das Handelssystem ändert und dass nicht fünf Großkonzerne in Deutschland über einen Milchpreis entscheiden, der uns diktiert wird, sondern, dass sich das verändert."
Zunehmendes Verteilungsproblem beim Fairtrade-Umsatz
Denn trotz jahrelangem Wachstum fairer Produkte: Faire Lebensmittel haben in Deutschland einen Marktanteil von unter einem Prozent. Der Großteil der Kaffee- und Bananenproduzenten werde weiter ausgebeutet, sagt Manuel Blendin vom Forum Fairer Handel. Verbraucher und Verbraucherinnen allein könnten es nicht richten. Vor gut 20 Jahren gingen die Umsätze mit Kaffee einigermaßen gerecht zur Hälfte in den globalen Süden, zur Hälfte in die Industrieländer. Heute gäben Verbraucher 70 Prozent mehr für Kaffee aus, aber die Umsätze blieben zum Großteil in den Industrieländern.
"Und wenn man sich diese Zahlen anschaut, kann man auf jeden Fall nicht mehr behaupten, dass es nur daran liegt, dass die Konsumenten nicht bereit sind, mehr Geld auszugeben. Sie haben mehr Geld ausgeben. Wir haben hier ein Verteilungsproblem, und zwar ein ganz massives."
Die Bundesregierung will deshalb deutsche Unternehmen befragen, wer in der eigenen Lieferkette auf Umweltbelange und Menschenrechte achtet und sie durchsetzt. Wenn die Hälfte der Unternehmen sich freiwillig dazu verpflichtet, soll es keinen gesetzlichen Zwang geben. Manuel Blendin vom Forum Fairer Handel kritisiert, dass die andere Hälfte der deutschen Unternehmen offenbar Umwelt und Menschenrechte missachten darf. Außerdem berichtet das Magazin "Der Spiegel", dass das Wirtschaftsministerium die Befragung zugunsten der Industrie verwässert habe.
Manuel Blendin vom Forum Fairer Handel: "Und vor diesem Hintergrund plädieren wir dafür, dass es noch in dieser Legislaturperiode ein Gesetz gibt, dass deutsche Unternehmen verpflichtet, menschenrechtliche und umweltbezogenen Risiken in ihren Geschäftsbeziehungen zu identifizieren und mit angemessenen Maßnahmen zu beheben, und dass Verstöße und Fahrlässigkeit haftbar sein sollten."