Bei ihrem ersten Anlauf, ein nachhaltiges Smartphone zu entwickeln hat sich das Fairphone-Team vor allem auf die Rohstoffe und die Arbeitsbedingungen konzentriert. Die Aktivisten lieferten der Fabrik Zinn und Coltan aus sogenannten konfliktfreien Minen, also solche ohne Verwicklungen in den Bürgerkrieg im Kongo. Zudem haben die chinesischen Arbeiter pro Smartphone einen höheren Lohn erhalten. Ein erster Anfang oder reine Makulatur? Christian Wölbert vom Computermagazin "c't" kommt zu einem gemischten Urteil:
"Was die Arbeitsbedingungen der Produktion in China angeht, hat Fairphone sicherlich einen klaren Fortschritt erreicht, im Vergleich zu anderen Smartphones. Was die Rohstoffe angeht, hat Fairphone nichts Besonderes geleistet, aber immerhin durch die große Medienaufmerksamkeit spannende Diskussionen angestoßen.
Fairphone 2 komplett selbst entwickelt
Vor allem aber bei der Langlebigkeit ist das erste Fairphone klar gescheitert. Als Grundlage für ihr Smartphone hatte die kleine Gruppe das Standard-Modell eines chinesischen Herstellers verwendet. Da ihnen aber vom Chiphersteller der Zugang zum Programmcode verweigert wurde, blieben die von Fairphone versprochenen Updates für das Android Betriebssystem aus. Damit das beim Fairphone 2 nicht passiert, setzt das Team jetzt auf ein komplett selbstentwickeltes Telefon, wie Fairphone-Produktmanager Miquel Ballester betont:
"Für Fairphone 2 konnten wir die Architektur des Telefons entwerfen. Wir hatten so einen wesentlichen Einfluss darauf, wie reparierbar und haltbar es ist. Und daraus resultiert eine Art modulare Architektur. Modular in dem Sinne, dass der Benutzer bestimmte Einzelteile sehr einfach austauschen kann."
Durch diese Bauweise kann der Bildschirm in weniger als einer Minute ausgewechselt werden - ganz ohne Werkzeug. Dann gelangt man auch an die anderen Komponenten wie Kamera oder Empfangseinheit samt Antennen. Diese Komponenten sind nicht fest auf der Hauptplatine verlötet, sondern stecken in wenigen separaten Modulen. Nur zwei Schrauben müssen gelöst werden, um ein Modul auszuwechseln. Dadurch kann quasi jeder selbst sein Fairphone 2 reparieren, was zur Langlebigkeit beitragen soll. Doch diese Bauweise ist nicht zwingend besser und umweltfreundlicher, wie Mobilfunk-Experte Wölbert erklärt:
"Das liegt daran, dass die Produktion aufwendiger wird durch die Modularität. Man braucht mehr Material, das Gerät ist am Ende schwerer. Und das heißt, man braucht auch mehr Rohstoffe, und dadurch steigt die Umweltbelastung in der Produktion."
Nutzer entscheiden die Umweltbilanz
Damit die Umweltbilanz am Ende wirklich besser aussieht, müssen die Nutzer auch mitmachen: Wenn sie tatsächlich das Gerät reparieren und lange verwenden, statt sich ein neues Smartphone zu kaufen, dann kann das am Ende durchaus nachhaltiger sein als ein normales Smartphone. Eine einfache Reparatur ist aber nicht Fairphones einzige Motivation für das modulare System, wie Miquel Ballester erklärt:
"Für uns ist Modularität nicht das Ziel, sondern ein Mittel. Unser Ziel ist ein Gerät, das lange hält. Und dafür benötigen wir eine Bauweise, die zukunftsfähig ist."
Diese Zukunftsfähigkeit soll nicht nur der modulare Aufbau sicherstellen, sondern auch das leistungsfähige Innenleben. Im Gegensatz zum ersten, eher etwas langsamen Fairphone, ist das Modell Nummer 2 mit einem schnellen Spitzenprozessor ausgestattet. Es hat viel Arbeitsspeicher und einen hochwertigen HD-Bildschirm. Dadurch soll es möglichst lange den steigenden Anforderungen standhalten. Doch das hat seinen Preis, 525 Euro soll das Fairphone 2 kosten. Das ist nur unwesentlich billiger als die aktuellen Spitzenmodelle von Apple und Samsung. Im Vergleich zu diesen bietet Fairphone 2 hingegen keine besondere Extras wie einen Fingerabdruck-Scanner. Produktmanager Miquel Ballester verteidigt den Kaufpreis:
"Der Preis ist notwendig, um unsere Ziele mit Fairphone 2 umzusetzen. Es war notwendig auf ein höheres technisches Level zu wechseln, weil wir an diese Architektur, an Langlebigkeit glauben."
Baukasten-Prinzip sorgt für ein langes Leben
Die genauen Kosten will Fairphone wie beim ersten Modell aufgeschlüsselt nach einzelnen Posten veröffentlichen. Durch das modulare Konzept gehen sie ein aktuelles Problem an: die Reparatur von modernen Geräten. Und mit der hochwertigen Hardware sprechen sie auch anspruchsvolle Nutzer an.
Die Frage bleibt, ob sich High-end-Kunden, die mehrere Hundert Euro für ein Smartphone ausgeben, für ein Fairphone erwärmen oder umgekehrt Fairphone-Interessenten bereit sind, so viel für die eigenen Ideale hinzublättern.