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"Fake News" in Frankreich
Per Gesetz gegen Falschnachrichten

Emmanuel Macron soll ein geheimes Konto in einer Steueroase besitzen - diese Nachricht platzte damals in den französischen Präsidentschaftswahlkampf. Und war komplett falsch. Gegen "Fake News" wie diese will der französische Präsident nun per Gesetz vorgehen - doch das ruft auch Kritiker auf den Plan.

von Marcel Wagner |
    Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron (8. Mai 2018).
    Frankreichs Präsident Macron will per Gesetz gegen "Fake News" vorgehen (AFP / FRANCOIS GUILLOT)
    Es war beim traditionellen Neujahrsempfang der Presse, Anfang Januar, da beschäftigte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ausführlich mit dem Problem der sogenannten "Fake News". Die seien eine Gefahr für die Demokratie, setzte Macron den anwesenden Journalisten auseinander. Und verkündete:
    "Ich habe entschieden, unsere juristischen Möglichkeiten auszuloten, das demokratische Leben vor diesen falschen Nachrichten zu schützen. Wir werden bald einen Gesetzestext mit dieser Absicht vorstellen."
    Nun, nach fast sechs Monaten Arbeit, liegt der entsprechende Gesetzesentwurf auf dem Tisch. Bei seiner Präsentation in der Nationalversammlung knöpfte sich die zuständige Kulturministerin Francoise Nyssen vor allem die großen sozialen Netzwerke vor, die eine Mitschuld an den Problemen mit falschen Informationen tragen würden:
    "Diese Netzwerke setzten unsere Demokratie den Gesetzen des Marktes aus. Übertreibung, Lüge, Manipulation werden zu lukrativen Produkten."
    Gesetz nimmt soziale Netzwerke in die Pflicht
    Die Ministerin bezieht sich dabei auch auf Erfahrungen bei den Wahlkämpfen in den USA oder Frankreich, wo etwa bei Facebook tendenziöse Informationen gegen Bezahlung hochgerankt wurden. Das neue Gesetz in Frankreich will dem nun einen Riegel vorschieben. So sollen die Netzwerke in Wahlkampfzeiten bei gesponserten Informationen künftig zu Transparenz gezwungen werden:
    "Die Plattformen sollten nicht nur Anzeigen müssen, dass jemand bezahlt hat, sondern auch wer und wieviel", so Francoise Nyssen.
    Ähnlich wie in Deutschland sollen die sozialen Netzwerke mit dem neuen Gesetz auch eine stärkere Verantwortung dafür tragen, dass Falschinformation möglichst schnell wieder verschwinden. Sie sollen gezwungen werden, bessere Wege bereitzustellen, um Falschinformationen zu signalisieren. Außerdem soll es in Wahlkampfzeiten künftig möglich sein, dass jeder Bürger einen Verdacht auf Falschinformation speziellen Richtern melden kann. Die sollen beim Verdacht von "Fake News" innerhalb von 48 Stunden den Sachverhalt prüfen und gegebenenfalls das Löschen solcher Inhalte verfügen können.
    Gesetz nur ein "stumpfes Schwert"?
    Für Arnaud Mercier, Professor für Information und Kommunikation an der Université Paris deux, gehen diese Gesetzesvorschläge durchaus in die richtige Richtung: "Ich glaube, da gibt es einen Bereich, in dem geht es bislang einfach wie im Wilden Westen zu, ohne Regeln, ohne Sheriff."
    Mercier hat kürzlich eine wissenschaftliche Aufsatzsammlung veröffentlicht, die sich mit dem Thema "Fake News" beschäftigt. Für die Gesetzesvorlage wurde er als Fachmann angehört - wies dabei allerdings auch auf zahlreiche Schwächen hin, die die Vorlage aus seiner Sicht immer noch aufweist:
    "Ich glaube, man schmiedet hier ein stumpfes Schwert. Zum Beispiel sollen sich künftig Richter mit 'Fake News' befassen, die mit Presserecht sonst überhaupt nichts am Hut haben. Dann müssen sie innerhalb von nur 48 Stunden belastbar entscheiden, ob eine Nachricht wahr oder falsch ist. Und das ist gar nicht ihr Metier, sondern das von Journalisten. Richter sind nun mal keine Journalisten."
    Der Wissenschaftler sieht deshalb die Gefahr, dass das Gesetz Urhebern falscher Nachrichten sogar dienen könnte. Dann nämlich, wenn ein Richter innerhalb von 48 Stunden einfach nicht wasserfest nachweisen kann, dass eine Nachricht falsch ist.
    Professionelle Presse soll von Gesetz unberührt bleiben
    "Die Folge könnte sein, dass der Urheber einer Fake News behaupten kann: Es ist doch richtig, was ich sage, selbst der Richter hat mich schließlich nicht verurteilt."
    Neben den sozialen Netzwerken nimmt der Gesetzesentwurf insbesondere ausländische Radio- und Fernsehsender ins Visier. Vor allem russischen Medien wie Russia Today oder Sputnik war im vergangenen Wahlkampf vorgeworfen worden, massiv Kampagnen gegen Emmanuel Macron gefahren zu haben. Die Medienaufsicht soll solche Sender nun vorübergehend aus dem Sendenetz nehmen können, wenn sie mit manipulierten Informationen fundamentale Interessen der Nation gefährden oder einen Wahlausgang beeinflussen können.
    Eins beeilte sich Kulturministerin Nyssen bei der Gesetzesvorstellung im Parlament allerdings dringend zu versichern:
    "Auf gar keinem Fall werden Artikel der professionellen Presse von diesem Gesetz berührt sein!"
    Unliebsame Enthüllungen über Kandidaten, wie sie auch im vergangenen Wahlkampf für Furore gesorgt hatten, seien schließlich journalistische Arbeit und nicht inszenierte Manipulationen.