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Fall Amthor
Rehberg (CDU): Amthors Kandidatur hätte ihm sehr geschadet

Nach den Lobbyismus-Vorwürfen müsse Philipp Amthor nun offene Fragen klären, fordert der CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg im Dlf. Dann könnte man "einem so jungen Mann" eine zweite Chance geben. Der Rückzug von der Kandidatur auf den Partei-Vorsitz sei auch zu seinem persönlichen Selbstschutz.

Eckhard Rehberg im Gespräch mit Rainer Brandes |
Der CDU-Politiker Philipp Amthor schaut auf den Boden
Der CDU-Politiker Philipp Amthor gibt nach der Sitzung des CDU-Landesvorstandes seinen Rücktritt von der Kandidatur zur Wahl als CDU-Landesvorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern bekannt (dpa / picture alliance / Jens Büttner)
Philipp Amthor, CDU, kommt weiter in Bedrängnis. Zuerst musste er einräumen, dass er Aktienoptionen bei dem US-Unternehmen Augustus Intelligence bekommen hatte und nun wird bekannt, er hat auch für eine Anwaltskanzlei gearbeitet. Inzwischen hat er offenbar auch die Unterstützung seines Heimatverbandes Mecklenburg-Vorpommern verloren. Zumindest will er nicht für den Landesvorsitz kandidieren.
Philipp Amthor habe erkannt, dass es besser sei, alle diese Vorwürfe erst mal aufzuklären, sagt der CDU-Abgeordnete und Interimsvorsitzende des CDU-Landesverbandes in Mecklenburg-Vorpommern Eckhardt Rehberg im Dlf. Das sei auch zu seinem persönlichen Selbstschutz, "er ist jung, 27 Jahre", so Rehberg. "Letztendlich ist bei ihm die Erkenntnis gekommen, wenn er für den Vorsitz kandidieren sollte, dass es der CDU insgesamt – der Landespartei - und ihm sehr schadet."
Schillernde Glitzerwelt rund um den Reichstag
Amthor habe beide Nebentätigkeiten angegeben. Es seien aber weiterhin fragen offen, so Rehberg. So stelle sich die Fragen nach der Bezahlung der Flugreisen und Übernachtungen: "Ob in New York, St. Moritz, Korsika oder wo auch immer - das muss und will er auch mit der Bundestagsverwaltung klären." Er hätte Amthor gerne von seinen Nebentätigkeiten abgeraten, "wenn er mich gefragt hätte", so Rehberg. "Vielleicht muss Philipp Amthor als ganz junger Abgeordneter lernen, dass diese schillernde Glitzerwelt in Berlin rund um den Reichstag, dass man da auch eine gewisse Vorsicht haben muss."
Der als Kritiker von Amthor bekannte Rehberg widersprach der Behauptung, Amthor aus dem Weg geräumt zu haben. "Ich habe schon immer kritischen Blickes auf das ein oder andere geschaut, was er gemacht hat und meine Lebenserfahrung ist: Wenn die Medien einen sehr schnell hochschießen, dann kann es wieder sehr schnell runtergehen."
Zweite Chance für Amthor
Er habe auch daran gearbeitet, "dass wir mit Michael Sack eine Alternative als Kandidaten für den Landesvorsitz haben." Die Kandidatur Amthors hätte die CDU-Mecklenburg-Vorpommern in eine schwierige Situation gebracht "und wir hätten Riesenprobleme gehabt, den Landtagswahlkampf im nächsten Jahr chancenreich zu gestalten."
Für die politischen Zukunft von Philipp Amthor sieht er keine grundsätzliche Gefahr. "Ich denke in längeren Zeiträumen. Man sollte, das ist meine Auffassung, einem so jungen Mann auch eine zweite Chance geben", so Rehberg.
Lobbycontrol: "Hier ist eine Grenze überschritten"
Das Engagement von Philipp Amthor für eine US-Firma wecke den Eindruck der Käuflichkeit, meint Timo Lange von Lobbycontrol.



Das Interview in ganzer Länge

Rainer Brandes: Worüber ist Philipp Amthor gestolpert?
Eckhard Rehberg: Also er hat selber zugegeben, dass er einen Fehler gemacht hat. Die zweite Nebentätigkeit, die Sie angesprochen haben, die hat er ordnungsgemäß nach den Verhaltensregeln des Deutschen Bundestages angegeben. Die hat er jetzt auch aufgegeben. Ich glaube, er hatte oder hat letztendlich erkannt, auch zu seinem persönlichen Selbstschutz, er ist jung, 27 Jahre, dass es, glaube ich, besser ist, dass alle diese Vorwürfe erst mal aufgeklärt werden mit der Bundestagsverwaltung gegebenenfalls – die Staatsanwaltschaft Berlin prüft, ob sie Ermittlungen aufnimmt, und letztendlich ist, glaube ich, bei ihm die Erkenntnis gekommen, wenn er dann doch für den Vorsitz kandidieren sollte, er hat ja nach wie vor einen großen Rückhalt in der Landespartei, das hat die vergangene Woche gezeigt hat, dass es der CDU insgesamt, der Landespartei, aber auch ihm persönlich sehr schadet.
Eckhardt Rehberg (CDU), Bundestagsabgeordneter, spricht während einer Plenarsitzung des Deutschen Bundestages
Eckhardt Rehberg (CDU), Bundestagsabgeordneter und momentan Interimsvorsitzender der CDU-Mecklenburg Vorpommern (picture alliance/Gregor Fischer)
Brandes: Philipp Amthor hatte ja immer nur gerade das zugegeben, was sowieso bekanntgeworden war, also erst seine Lobbyarbeit für Augustus Intelligence und dann die Tätigkeit für eine Anwaltskanzlei. Er will bis heute nicht sagen, worin diese Tätigkeit bestand. Hätte er sich mit mehr Ehrlichkeit vielleicht noch retten können?
Rehberg: Also ich wiederhole das noch mal: Sowohl die Tätigkeit bei Augustus, aber auch bei White and Case hat er angegeben gehabt. Also das war bekannt.
"Wer hat die Flugreisen und Übernachtungen bezahlt?"
Brandes: Ja, angegeben schon, aber …
Rehberg: Ja, Augenblick. Jetzt muss man ein bisschen schauen, er hat auch angegeben, was er an Entgelt bei White and Case bekommt. Ihre Frage ist natürlich berechtigt, nachdem die Lobbyismusvorwürfe kamen, hat er eingeräumt, dass er einen Fehler gemacht hat, aber natürlich sind nach wie vor Fragen offen, zum Beispiel gerade bei der Tätigkeit für die amerikanische Firma. Warum muss es gerade eine Firma in Amerika sein. Ich bin auch Lobbyist für Firmen aus Mecklenburg-Vorpommern, für Kommunen und für Einrichtungen, für Projekte. Das ist auch ganz normal, das ist auch unsere Aufgabe. Es bleibt natürlich noch die Frage offen, wer hat die Flugreisen bezahlt, die Übernachtungen bezahlt, ob in New York, Sankt Moritz, auf Korsika oder wo auch immer. Das muss und will er auch mit der Bundestagsverwaltung klären, aber natürlich ist es berechtigt, ihn zu fragen, warum er den Fehler erst zugegeben hat, als er erwischt wurde.
Brandes: Ja, und kann man das alles immer nur mit seinem Alter erklären? Also jetzt heißt es immer wieder, na ja, er ist ja erst 27 Jahre alt, aber ich meine, die Regeln des Deutschen Bundestages und des Abgeordnetengesetzes, die wird wohl auch Philipp Amthor kennen.
Rehberg: Ich glaube, Wolfgang Bosbach hat das auf den Punkt gebracht in dieser Woche. Es gibt Dinge, die macht man oder die tut man einfach nicht, und vielleicht muss Philipp Amthor auch einfach lernen als ganz junger Abgeordneter, dass die schillernde Glitzerwelt in Berlin um den Reichstag, dass man da auch eine gewisse Vorsicht an der einen oder anderen Stelle haben muss, und auf der anderen Seite, ich bin 40 Jahre älter als er, ich hätte ihm, wenn er mich gefragt hätte, einen Rat gegeben, diese Dinge nicht zu machen.
"Ich habe Philipp Amthor nicht aus dem Weg geräumt"
Brandes: Er hat Sie aber nicht gefragt, was vielleicht auch daran liegen könnte, dass man Ihnen zumindest nachsagt, kein besonders großer Freund von Philipp Amthor zu sein. Sind Sie jetzt auch ein bisschen froh, dass Sie Philipp Amthor aus dem Weg räumen konnten?
Rehberg: Also ich habe Philipp Amthor nicht aus dem Weg geräumt. Ich habe immer schon mit einem kritischen Blick auf das eine oder andere geschaut, was er gemacht hat, und meine Lebenserfahrung ist, wenn die Medien einen sehr schnell hochschießen, dann kann es auch wieder sehr schnell runtergehen. Also diesen Vorwurf von Ihnen, dass ich ihn aus dem Weg geräumt hätte, den weise ich zurück. Ich habe mit daran gearbeitet, dass wir mit Michael Sack eine Alternative als Kandidaten für den Landesvorsitz haben wollen. Ich wusste, wenn Philipp Amthor kandidieren würde, dann würden wir in eine ganz schwierige Situation in der CDU Mecklenburg-Vorpommern kommen, und wir hätten Riesenprobleme, also den Landtagswahlkampf im nächsten Jahr chancenreich zu gestalten.
Brandes: Dieser Michael Sack, der ist Landrat im Kreis Vorpommern-Greifswald. Ich sage jetzt einfach mal, dass wahrscheinlich selbst in Ihrem Bundesland jetzt viele sagen werden, Michael wer. Also kann das die Alternative zu einem Prominenten wie Philipp Amthor sein?
Rehberg: Michael Sack ist 47 Jahre, Vater von drei Kindern, war Bürgermeister, ist heute Landrat von einem Landkreis mit 200.000 Einwohnern und hat die Corona-Krise in seinem Landkreis exzellent gemeistert, hat den Landkreis aus der Verschuldung herausgeführt. Also Michael Sack ist schon ein gestandener studierter Bauingenieur, und ich muss nicht immer superprominent sein und in Talkshows aufgetreten sein, rhetorisch geschliffene Reden m Deutschen Bundestag gehalten zu haben, um die Voraussetzung zu erfüllen, Landesvorsitzender der CDU Mecklenburg-Vorpommern zu werden.
"Durchaus eine zweite Chance geben"
Brandes: Trotzdem drängt sich mir der Eindruck auf, Michael Sack könnte vielleicht nur so etwas wie ein Platzhalter sein, vielleicht auch für Philipp Amthor, der dann vielleicht doch noch wieder kandidieren kann, wenn die Affäre ein bisschen geruht hat und die Öffentlichkeit das vergessen hat.
Rehberg: Also wir wählen jetzt erst mal am 7. August Michael Sack. Die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl wird später entschieden, und der Landesvorsitzende hat immer das erste Zugriffsrecht. Das ist ganz normal. Wenn Sie noch mal auf Philipp Amthor zu sprechen kommen, der ist jetzt 27 Jahre, und wenn die Vorwürfe, die Affäre aufgeklärt ist und dann Philipp Amthor, ich sage mal, die Vorwürfe nicht hängen bleiben, er ist jung, und was in fünf oder in zehn Jahren ist, das muss man heute nicht betrachten.
Brandes: Ja, aber Sie würden also nicht ausschließen, dass Philipp Amthor doch noch mal als Spitzenkandidat in Mecklenburg-Vorpommern antreten kann?
Rehberg: Also ich kenne auch andere Politiker von den Grünen oder der SPD, die in Affären verstrickt waren und wiedergekommen sind. Also das hat jetzt nichts mit der Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2021 zu tun. Ich denke da an einen längeren Zeitraum, und man sollte – das ist meine Auffassung – so einem jungen Mann auch durchaus eine zweite Chance geben.
Brandes: Herr Rehberg, Sie haben ja eben durchblicken lassen, dass Sie da schon auch mit dran gearbeitet haben, Michael Sack bereitzuhalten, sage ich mal, als Ersatzkandidaten. Sie sind im Land gut vernetzt, lange bekannt, haben auch selber mal den Landesverband der CDU in Mecklenburg-Vorpommern geführt. Wäre es nicht eigentlich konsequent gewesen, wenn Sie jetzt angetreten wären?
Rehberg: Dann hätten Sie mich gefragt, muss so ein alter Sack mit 66, und ich muss ja immer. Entschuldigung, nächstes Jahr bin ich 67, und dann hätte sich die Spitzenkandidaturfrage gestellt. Nein, bei mir seit letztem Jahr steht fest, das ist meine letzte Legislaturperiode. Das habe ich auch damals Vincent Kokert mitgeteilt, das wissen die Kreisvorsitzender in meinen Kreisverbänden. Ich mache meine Arbeit gerne in Berlin, große Herausforderung, zweiter Nachtrag, und ich hoffe, dass wir dann im nächsten Jahr auch die Legislaturperiode gut zu Ende bringen. Das war für mich überhaupt keine Option.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.