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Fall Edathy
CSU fordert Rücktritt Oppermanns

Die Große Koalition hat ihren ersten handfesten Krach – ausgelöst durch den Fall Edathy und den Rücktritt von Minister Friedrich (CSU). Dessen Partei fordert nun Konsequenzen für den vermeintlichen Schuldigen.

    Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, steht am 11.02.2014 im Reichstag vor einem Mikrofon.
    SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann steht in der Kritik - besonders durch die CSU. (picture alliance / dpa / Florian Schuh)
    Der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, da sind sich alle Beteiligten einig, führte nur Gutes im Schilde, als er während der Koalitionsverhandlungen die SPD-Spitze über mögliche Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy informierte. Weil SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dies an die Öffentlichkeit brachte, geriet Friedrich in die Kritik und trat zurück.
    Über die Motive Oppermanns gehen die Meinungen nun auseinander. Er habe doch nur die Wahrheit gesagt – so sehen es die Einen. Oppermann habe Friedrich ans Messer geliefert – so sieht es vor allem die CSU. Und nun brodelt es in der bayerischen Partei, ihr Generalsekretär legte dem SPD-Fraktionschef am Sonntagabend den Rücktritt nahe: „Neben dem juristischen Hin und Her gibt es eine klare politische Verantwortung. Die muss Oppermann übernehmen“, sagte Andreas Scheuer der Deutschen Nachrichten-Agentur.
    Staatsanwaltschaft prüft Ermittlungen
    Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach versteht den Ärger bei der Schwesterpartei, kämen doch alle Beteiligten von der SPD und nur ein CSU-Minister müsse zurücktreten. Oppermann, so sagt es Bosbach im Deutschlandfunk, habe Friedrich „insofern ausgeliefert, als dass ihm bewusst gewesen sein muss, wenn er die Situation von Oktober 2013 schildert, also das Gespräch zwischen Hans-Peter Friedrich und Sigmar Gabriel, dann würde jedenfalls der damalige Bundesinnenminister, der jetzige Landwirtschaftsminister, erheblich Probleme bekommen, in einer erheblichen Erklärungsnot stecken – und genau so ist es ja auch gekommen. Thomas Oppermann ist erfahren genug, er wird genau gewusst haben, was das auslösen würde.“ Böse Absicht allerdings unterstellt Bosbach dem SPD-Fraktionschef nicht: „Das Motiv war, dass er gefragt worden ist und dass er darauf geantwortet hat, seinen Kenntnisstand der Öffentlichkeit offenbart hat.“
    Oppermann allerdings betonte, seine Erklärung sei mit Friedrich abgestimmt gewesen. Zudem wies er den Verdacht zurück, die SPD-Führung könnte Edathy vor den bevorstehenden Ermittlungen gewarnt haben. In der Union ist man nicht unbedingt geneigt, dem zu glauben: CDU-Vize Armin Laschet erklärte in der „Welt am Sonntag“: „Eidesstattlich müssen alle SPD-Politiker, die eingeweiht waren, dass ihr damaliger Kollege Bilder nackter Jungen bestellte, erklären, dass sie den Verdächtigen nicht vorgewarnt haben.“ Derzeit prüfen die Staatsanwaltschaften Berlin und Hannover, ob sie gegen Friedrich oder andere Politiker Ermittlungen wegen Geheimnisverrats einleiten.
    Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach gestikuliert während eines Gesprächs.
    Wolfgang Bosbach versteht den Ärger bei der CSU. (picture alliance / dpa / Rainer Jensen)
    Wer wird Friedrichs Nachfolger?
    Die CSU treibt unterdessen neben dem Ärger auf die SPD noch eine ganz andere Frage um: Wer soll Nachfolger von Friedrich werden? Parteichef Horst Seehofer will diesen am Vormittag benennen. Mindestens so wichtig wie die Kompetenz ist dabei die Herkunft, denn bei den Christsozialen gilt wie in anderen Parteien ein ausgeklügelter Proporz. Und da Friedrich Franke ist, sollte auch künftig ein Franke am Kabinettstisch Platz nehmen. Als aussichtsreiche Kandidaten gelten zwei Müllers: der Parlamentarische Staatssekretär im Wissenschaftsministerium, Stefan Müller, und der derzeitige Entwicklungsminister Gerd Müller. Der ist zwar Schwabe, hat aber in seinem Ministerium einen passenden Nachfolger in petto: Christian Schmidt ist Mittelfranke und brächte das Personaltableau wieder ins Lot.
    Und noch über eine andere Rochade wurde am Sonntagabend spekuliert: Friedrich könnte ein Blitzcomeback als Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag hinlegen – womit ein Franke auf einer wichtigen Position untergebracht wäre – und die derzeitige Inhaberin des Postens, Gerda Hasselfeldt, könnte ins Landwirtschaftsministerium wechseln. Diese Variante allerdings gelte innerhalb der CSU als eher unwahrscheinlich, heißt es in Korrespondentenberichten.
    Hans-Peter Friedrich läuft vor einem Aufsteller des Landwirtschaftsministeriums entlang.
    Schwerer Gang: Hans Peter Friedrich kurz vor seiner Rücktrittserklärung (picture alliance / dpa / Florian Schuh)
    Grüne drohen mit Untersuchungsausschuss
    Auch die Oppositionsparteien beschäftigen sich mit dem Fall Edathy und sehen noch einigen Klärungsbedarf: „Wir erwarten von der Bundesregierung die umgehende und vollständige Aufklärung, wer zu welchem Zeitpunkt welche Informationen im Fall Edathy erhielt und weiter gab“, sagte die Grünen-Vorsitzende Simone Peter. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt brachte sogar die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ins Spiel – dafür allerdings fehlen der Opposition die nötigen Stimmen.
    Der SPD-Politiker Sebastian Edathy
    Will nicht gewarnt worden sein: Sebastian Edathy (dpa / picture alliance / Stephanie Pilick)
    Auch Edathy selbst meldete sich zu Wort – und bestritt, vorgewarnt worden zu sein: Vielmehr habe er auf Medienberichte über Ermittlungen gegen einen kanadischen Anbieter reagiert, bei dem er vor Jahren Kunde gewesen sei, teilte der Innenpolitiker dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ per E-Mail mit. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hannover geht es in dem Fall um Bilder nackter Jungen zwischen 9 und 13 Jahren, was rechtlich im Grenzbereich zur Kinderpornografie liegen soll.