Khashoggi komme aus einer reichen, einflussreichen Familie, so Gerlach. Lange habe er deswegen viel Spielraum gehabt - bis Kronprinz Mohammed Bin Salman die Macht übernommen habe. Khashoggis Familie sei nämlich eher mit den alten Eliten verbandelt gewesen. Mittlerweile gelte Khashoggi beim Regime als illoyal. Grundsätzlich sei die Verfolgung und auch Tötung von Journalisten nichts Neues in Saudi-Arabien, sagte Gerlach. Er zeigte sich jedoch erstaunt über die Brutalität im Fall Khashoggi. Damit habe man ein Exempel statuieren wollen.
Auch Saudi-Arabiens Nachbarländer beschäftigt der Fall. So kämen kritische Stimmen etwa aus Syrien, aber vor allem aus Katar - dem Erzfeind Saudi-Arabiens, sagte Gerlach. Die katarischen Medien hätten in "allen Formen und Farben" über den Fall berichtet. Zwischen den beiden Ländern sei der "Medienkrieg" in vollem Gange.
Arabische Welt braucht transnationale Plattform für kritischen Journalismus
Die "Washington Post" veröffentlichte heute Khashoggis letzten Text. Darin fordert der Journalist eine "moderne Version der alten transnationalen Medien" für die arabische Welt, damit ihre Bürger über weltweite Ereignisse informiert sein könnten. Gerlach unterstützt diese Forderung. Die arabischsprachigen Medien seien nicht unabhängig. Der Einsatz von falschen und manipulativen Meldungen sei in den arabischen Ländern "extrem" ausgeprägt. "Da muss die arabische Welt drüber hinwegkommen. Sie muss kritisches Denken lernen."
Jamal Khashoggi wird seit einem Besuch im saudischen Konsulat in Istanbul am 2. Oktober vermisst. Die türkischen Behörden gehen davon aus, dass er in der Vertretung getötet wurde.
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