Am Donnerstagmorgen war Carlos Nuzman in Rio verhaftet worden. Dem Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees wird neben Geldwäsche und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung auch vorgeworfen, Stimmen für die Vergabe der Sommerspiele 2016 in der brasilianischen Metropole gekauft zu haben. Nuzman war Organisationschef der Olympischen Spiele von Rio 2016 gewesen.
Doch schon Anfang September hatte es in Rio zehn Razzien gegeben, auch in Nuzmans Anwesen und Büro. Das IOC reagierte damals aber noch nicht, es wolle erst "voll informiert" werden, ehe es aktiv werde. Erst jetzt nach der Verhaftung von Nuzman suspendierte das IOC den 75-Jährigen in seiner Funktion als IOC-Ehrenmitglied und zog ihn als Mitglied der Koordinierungskommission für die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio ab. Auch das Brasilianische Olympische Komitee (COB) wurde suspendiert.
"IOC agiert wie ein Getriebener"
"Das IOC agiert wie ein Getriebener, es ist kein echter Wille erkennbar, dass man glaubwürdig reinen Tisch machen will", sagte Thomas Kistner von der Süddeutschen Zeitung im Deutschlandfunk.
Zu lange habe man beim IOC nur zugeschaut. Exemplarisch dafür seinen die Fälle rund um den irischen Sportfunktionär Patrick Hickey oder auch der des kuwaitschen Scheichs Ahmad Al-Sabah.
Der Fall rund um den Korruptionsskandal um die Olympiabewerbung von Salt Lake City 2002 habe das IOC damals selbst ermittelt und Verwarnungen und Ausschlüsse verteilt. Heute scheine man erst zu handeln, wenn ein IOC-Mitglied hinter Gittern sitzt, sagte der sportpoltische Experte der SZ.
Düstere Post-Olympia-Zeit in Brasilien
Rio 2016 hatte zuletzt immer wieder Zahlungen vom IOC verlangt. Noch im Juli war das Defizit des Organisationskomitees auf rund 30 Millionen Euro angewachsen. "Der brasilianische Sport ist bereits völlig abgestürzt", sagte Kistner. Die Stadt Rio und ganze brasilianischen Staat ächzt unter der finanziellen Last der Spiele von 2016. "Man hätte die Spiele niemals nach Rio vergeben dürfen", sagte der SZ-Journalist.
Der brasilianische Sport dürfte durch die Korruptionsfälle auf Jahrzehnte hinaus belastet sein. So habe die Regierung gerade angekündigt, die staatlichen Zuwendungen für den Sport um 87 Prozent zu kürzen.
IOC spielt sich als Retter auf
"Dieses olympische Abenteuer war eine einzige Katastrophe", sagte Kistner. Man mache es sich aber viel zu einfach, wenn man nur die Brasilianer als Schuldige sieht und nicht auch die Olympier.
Das IOC werde versuchen sich jetzt als Retter in der Not aufzuspielen. So stellte das IOC fest, dass man allen finanziellen Forderungen des Organisationskomitees 2016 nachgekommen sei. Die finanzielle Beteiligung hätte sogar die vertraglichen Verpflichtungen übertroffen.
"Das Erbe der Rio-Spiele ist schon jetzt ein Furchtbares. Das IOC muss hier helfen", schilderte Kistner das traurige Szenario in Brasilien in der Zeit nach Olympia.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.