Krauter: Frau Raabe, wie sind die Forscher denn vorgegangen?
Raabe: Das war eine ganz bekannte Arbeitsgruppe vom MIT in Boston unter der Leitung des japanischen Nobelpreisträgers Susumu Tonegawa, und die Forscher haben ein ganz raffiniertes Experiment gemacht: Sie haben Mäuse in eine neue Umgebung gebracht, sagen wir einmal eine blaue Schachtel, und dann haben sie geschaut: Welche Nervenzelle sind bei der Maus aktiv, während sich die Erinnerung an diese blaue Schachtel, an diese neue Umgebung bildet. Und dann wurde die Maus in eine andere Umgebung gebracht, sagen wir mal in eine rote Schachtel, und dann haben die Forscher eben diese Nervenzellen wieder aktiviert, die bei der Erinnerungsbildung auch aktiv waren und haben quasi die Erinnerung noch einmal abgerufen durch diese Aktivierung dieser speziellen Nervenzellen. Und gleichzeitig haben sie den Mäusen kleine Elektroschocks an den Füßen beigebracht. Und dann wurde die Maus wieder in die blaue Schachtel versetzt, und dann hat die Maus, das war das überraschende, die Maus hat sofort reagiert mit einer..., in dem sie erstarrt ist, was bei Mäusen so eine typische Angstreaktion ist. Dabei war ja vorher in der blauen Schachtel eigentlich gar nichts passiert. Die Elektroschocks hatten wir in der roten Schachtel bekommen. Und das führen die Forscher eben darauf zurück, dass sich eine falsche Erinnerung bei der Maus gebildet hatte, weil sie eben diese eine Erinnerung aktiviert hatten, als sie eben die Elektroschocks gegeben haben. Und dass das erstmals in einem Mäuseexperiment gelungen ist, das ist schon eine kleine wissenschaftliche Sensation.
Krauter: Die Maus dachte also: Blaue Schachtel bedeutet Schmerz, obwohl sie die Schmerzen in der roten Schachtel verabreicht bekommen hatte. Was kann man denn aus solchen Versuchen lernen?
Raabe: Ja im Moment noch nicht sehr viel. Also ich habe den Artikel wirklich gründlich gelesen, und da stand nichts drin, nichts Neues drin über falsche Erinnerungen, was ja ein Forschungsfeld ist, wo sich anderes Forscher auch schon mit befasst haben. Die Autoren behaupten aber auch gar nicht, dass sie da etwas Neues zu dieser Erinnerungsbildung herausgefunden haben, sondern sie sagen eigentlich: Uns ist es zum ersten Mal gelungen, so etwas in einem Tiermodell künstlich hervorzurufen. Und mit diesem Tiermodell wollen sie jetzt weitere Untersuchungen machen, um eben mehr zu erfahren über die Bildung von künstlichen Erinnerungen. Was da jetzt wirklich dann in Zukunft bei herauskommt, ob das wirklich etwas bringt, das muss man erst einmal abwarten.
Krauter: Die Gretchenfrage ist ja: Sind diese Ergebnisse von Mäusen irgendwie auf Menschen übertragbar? Vermutlich ist unser Gehirn und Gedächtnis ja deutlich komplexer.
Raabe: Ja und nein. Also auf dieser sehr grundlegenden Ebene, also auf dieser zellulären Ebene, wenn wir von Zellen sprechen, von Botenstoffen, von Rezeptoren und auch vielleicht von Genen. Dann sind so grundlegende Mechanismen da aktiv, die eigentlich bei Mäusen genau gleich sind wie auch beim Menschen. Das wäre sehr überraschend, wenn da bei uns etwas anderes laufen würde als bei der Maus. Andererseits muss natürlich ganz klar sagen: Menschen sind, was Lernen und Gedächtnisbildung angeht, eigentlich absolute Ausnahmetiere. Also da sind wir eigentlich so viel besser und so viel komplexer auch als eine kleine Maus, dass man wirklich noch immer gucken muss, ob das dann tatsächlich auch immer alles passt. Deswegen machen eben auch viele Forscher lieber Experimente mit menschlichen Versuchspersonen, wenn es um falsche Erinnerungen geht. Und bei denen setzt man dann zum Beispiel bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanz-Tomographie ein. Und die Ergebnisse sind auch wirklich sehr beeindruckend. Man kann beispielsweise mit Hilfe eines solchen Magnetresonanz-Tomographen erkennen, ob jemand gerade eine falsche Erinnerung abrufen oder eine echte Erinnerung.
Krauter: Wird so etwas denn auch schon vor Gericht verwendet, um quasi die Spreu vom Weizen zu trennen?
Raabe: Solche Verfahren sind tatsächlich schon in Prozessen angewandt worden, auch schon in Deutschland. Allerdings muss man sagen, dass diese Sachen, die aus dem Labor statt, im Labor stattfinden, das sind einfach andere Situationen. Und das lässt sich nicht so ohne weiteres übertragen auf einen Mordprozess. Da gibt es auch inzwischen wissenschaftliche Studien dazu, die das auch belegt haben: die Ergebnisse aus..., in Mordprozesse sind die Zeugen und auch der Angeklagte einfach unter extremem Druck. Und diese künstliche Laborsituation, wo so etwas untersucht wird, das lässt sich da nicht einfach tatsächlich auf das reale Leben und diese extreme Situation eines Mordprozesses übertragen. Da muss man aus sehr vorsichtig sein.
Raabe: Das war eine ganz bekannte Arbeitsgruppe vom MIT in Boston unter der Leitung des japanischen Nobelpreisträgers Susumu Tonegawa, und die Forscher haben ein ganz raffiniertes Experiment gemacht: Sie haben Mäuse in eine neue Umgebung gebracht, sagen wir einmal eine blaue Schachtel, und dann haben sie geschaut: Welche Nervenzelle sind bei der Maus aktiv, während sich die Erinnerung an diese blaue Schachtel, an diese neue Umgebung bildet. Und dann wurde die Maus in eine andere Umgebung gebracht, sagen wir mal in eine rote Schachtel, und dann haben die Forscher eben diese Nervenzellen wieder aktiviert, die bei der Erinnerungsbildung auch aktiv waren und haben quasi die Erinnerung noch einmal abgerufen durch diese Aktivierung dieser speziellen Nervenzellen. Und gleichzeitig haben sie den Mäusen kleine Elektroschocks an den Füßen beigebracht. Und dann wurde die Maus wieder in die blaue Schachtel versetzt, und dann hat die Maus, das war das überraschende, die Maus hat sofort reagiert mit einer..., in dem sie erstarrt ist, was bei Mäusen so eine typische Angstreaktion ist. Dabei war ja vorher in der blauen Schachtel eigentlich gar nichts passiert. Die Elektroschocks hatten wir in der roten Schachtel bekommen. Und das führen die Forscher eben darauf zurück, dass sich eine falsche Erinnerung bei der Maus gebildet hatte, weil sie eben diese eine Erinnerung aktiviert hatten, als sie eben die Elektroschocks gegeben haben. Und dass das erstmals in einem Mäuseexperiment gelungen ist, das ist schon eine kleine wissenschaftliche Sensation.
Krauter: Die Maus dachte also: Blaue Schachtel bedeutet Schmerz, obwohl sie die Schmerzen in der roten Schachtel verabreicht bekommen hatte. Was kann man denn aus solchen Versuchen lernen?
Raabe: Ja im Moment noch nicht sehr viel. Also ich habe den Artikel wirklich gründlich gelesen, und da stand nichts drin, nichts Neues drin über falsche Erinnerungen, was ja ein Forschungsfeld ist, wo sich anderes Forscher auch schon mit befasst haben. Die Autoren behaupten aber auch gar nicht, dass sie da etwas Neues zu dieser Erinnerungsbildung herausgefunden haben, sondern sie sagen eigentlich: Uns ist es zum ersten Mal gelungen, so etwas in einem Tiermodell künstlich hervorzurufen. Und mit diesem Tiermodell wollen sie jetzt weitere Untersuchungen machen, um eben mehr zu erfahren über die Bildung von künstlichen Erinnerungen. Was da jetzt wirklich dann in Zukunft bei herauskommt, ob das wirklich etwas bringt, das muss man erst einmal abwarten.
Krauter: Die Gretchenfrage ist ja: Sind diese Ergebnisse von Mäusen irgendwie auf Menschen übertragbar? Vermutlich ist unser Gehirn und Gedächtnis ja deutlich komplexer.
Raabe: Ja und nein. Also auf dieser sehr grundlegenden Ebene, also auf dieser zellulären Ebene, wenn wir von Zellen sprechen, von Botenstoffen, von Rezeptoren und auch vielleicht von Genen. Dann sind so grundlegende Mechanismen da aktiv, die eigentlich bei Mäusen genau gleich sind wie auch beim Menschen. Das wäre sehr überraschend, wenn da bei uns etwas anderes laufen würde als bei der Maus. Andererseits muss natürlich ganz klar sagen: Menschen sind, was Lernen und Gedächtnisbildung angeht, eigentlich absolute Ausnahmetiere. Also da sind wir eigentlich so viel besser und so viel komplexer auch als eine kleine Maus, dass man wirklich noch immer gucken muss, ob das dann tatsächlich auch immer alles passt. Deswegen machen eben auch viele Forscher lieber Experimente mit menschlichen Versuchspersonen, wenn es um falsche Erinnerungen geht. Und bei denen setzt man dann zum Beispiel bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanz-Tomographie ein. Und die Ergebnisse sind auch wirklich sehr beeindruckend. Man kann beispielsweise mit Hilfe eines solchen Magnetresonanz-Tomographen erkennen, ob jemand gerade eine falsche Erinnerung abrufen oder eine echte Erinnerung.
Krauter: Wird so etwas denn auch schon vor Gericht verwendet, um quasi die Spreu vom Weizen zu trennen?
Raabe: Solche Verfahren sind tatsächlich schon in Prozessen angewandt worden, auch schon in Deutschland. Allerdings muss man sagen, dass diese Sachen, die aus dem Labor statt, im Labor stattfinden, das sind einfach andere Situationen. Und das lässt sich nicht so ohne weiteres übertragen auf einen Mordprozess. Da gibt es auch inzwischen wissenschaftliche Studien dazu, die das auch belegt haben: die Ergebnisse aus..., in Mordprozesse sind die Zeugen und auch der Angeklagte einfach unter extremem Druck. Und diese künstliche Laborsituation, wo so etwas untersucht wird, das lässt sich da nicht einfach tatsächlich auf das reale Leben und diese extreme Situation eines Mordprozesses übertragen. Da muss man aus sehr vorsichtig sein.