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Falsche Todesnachrichten
Übersterblichkeit unter Celebrities

Immer wieder erklären Medien prominente Menschen im Internet für tot, die es gar nicht sind. Schauspieler Morgan Freeman erlebte das schon mehrfach, und sogar Facebook-Chef Mark Zuckerberg war davor nicht gefeit, erinnert unser Kolumnist Arno Orzessek.

Von Arno Orzessek |
Eine Szene aus dem Film "Evan Allmächtig", die Morgan Freeman und Steve Carell zeigt
Morgan Freeman (r.) spielt Gott - in einem Film "Evan Allmächtig" mit Steve Carell (Image courtesy UNIVERSAL PICTURES)
Vor der Erfindung der Sozialen Medien verhielt es sich jahrtausendelang so: Man konnte die Nachrichten über sein eigenes Ableben beim besten Willen nicht mehr zur Kenntnis nehmen, weil man halt tot war. Selbst Jesus musste laut Überlieferung erst wieder auferstehen, um so richtig mitzubekommen, inwieweit sein vorübergehender Abgang die Runde machte.
Heutzutage dagegen erfahren jede Menge Prominenter in den Sozialen Medien, sie seien über die Wupper gegangen, ohne dass sie für diese Info das Wunder der Auferstehung strapazieren müssten. "Ich lese immer wieder, dass ich tot bin. Ich hoffe, dass diese Geschichten nicht wahr sind", seufzte der Schauspieler Morgan Freeman 2012 auf Facebook, nachdem die Meldung über sein Ableben – ebenfalls auf Facebook – hunderttausendfach geliket worden war.
Guns N' Roses Frontmann Axl Rose stritt 2014 gar nicht erst ab, dass er – wie im Netz verbreitet – das Irdische gesegnet hat. Doch eine Frage plagte Rose auf Twitter: "Wenn ich tot bin, muss ich dann immer noch Steuern zahlen?"

Madonna statt Maradona betrauert

So sehr die Nutzer nach Todesmeldungen gieren, wählerisch sind sie nicht. Die englische Boulevard-Zeitung "Daily Mail" berichtete: Als kürzlich der Kicker Diego Maradona starb, wurde in rund 114.000 Tweets kurzerhand der Tod der Pop-Ikone Madonna betrauert.
Das Bild zeigt die Sängerin Madonna während einer Rede. Sie trägt ein schwarzes Gewand mit vielen Lagen silbernen Schmuck um ihren Hals und um ihre Handgelenke. Auf dem Kopf trägt sie eine Art Krone mit spitzen Zacken.
Madonna lebt, Maradonna nicht mehr (gettyimages / Michael Loccisano)
Umgekehrt hat im vergangenen Herbst nicht das Publikum, sondern das seriöse Radio France Internationale für Übersterblichkeit unter den Celebrities gesorgt. RFI blies neben Queen Elizabeth, Pelé und Brigitte Bardot gleich Hunderten Prominenter per Online-Nachruf versehentlich das Lebenslicht aus, das - so weit uns bekannt - in Wirklichkeit noch heute flackert.

Facebook-Nachruf auf Mark Zuckerberg

Die unheimliche Todessehnsucht hat sogar die Algorithmen der Big Data-Konzerne infiziert. Das glauben Sie nicht? Dann erklären Sie bitte mal Folgendes: Warum bekam der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg vor einigen Jahren einen automatisierten Facebook-Nachruf auf Mark Zuckerberg zu lesen, in dem es hieß: "Wir hoffen, die Menschen, die Mark lieben, finden Trost in den Dingen, die hier geteilt werden"?
Als die Meldung über die Falschmeldung um die Welt ging, kommentierte übrigens ein Leser in der "Zeit": "Wenn Facebook sagt, man ist tot, dann ist das eine Tatsache, [...] der man sich anzupassen hat!!!"
Immerhin: Die Nachricht über Zuckerbergs Tod war kein trojanisches Pferd. Oft werden solche Falschmeldungen nämlich pietätlos genutzt, um Viren einzuschleusen und Daten zu erschnüffeln. Und am Ende lebt der Promi heiter weiter, dafür beißt das eigene Laptop ins Gras oder der Kontostand kollabiert.
Arno Orzessek. Seit 1966 Arbeiter- und Bauernsohn, geboren in Osnabrück. Studierte in Köln Philosophie und anderes. Dank "unverlangt eingesandt": SZ- und DLF-Autor; auch: zwei Romane. Lebt seit 2000 rundfunktreu in Berlin. Angesichts der Unordnung der Dinge thematisch unspezialisierter Stoffwechsel-Spezialist. Welt-Erfahrung per Motor- und Rennrad, plus Lektüre. Radio-Ideal: Geistvolles in sinnlicher Sprache; Ziel: Gedankenübertragung; Methode: Arbeit am Text; Verfassung: der Nächste bitte!

"Gott ist tot"

Ob so oder so: Die sprachlich originellste Todesnachricht ist älter als die Sozialen Medien. Im April 1964 tickerte die dpa, KPdSU-Chef Nikita Chruschtschow sei aufgrund einer "akuten Hephocapalytirosises" gestorben. Der WDR meldete das so – und meldete sich 15 Minuten später erneut. Nun war, wie der "Spiegel" damals lästerte, "die dpa-Meldung gestorben". Denn Chruschtschow hatte keine "Hephocapalytirosises", es gibt kein Gebrechen dieses Namens – und bald darauf gab's auch kein dpa-Büro in Moskau mehr. Die KPdSU fühlte sich von den Fake News nicht gut unterhalten.
Leider findet man im ganzen Netz keine verbindliche Auskunft darüber, ob auch die berühmteste Todesnachricht der Moderne zu den Fake News gehört. Sie stammt von Friedrich Nietzsche: "Gott ist tot."