Silvia Engels: Heute kommt unter der Überschrift "Familienbewusste Arbeitszeiten" eine hochrangige Gesprächsrunde in Berlin zusammen. Bundeskanzlerin Merkel, DGB-Chef Sommer, Arbeitgeberpräsident Hundt und andere Spitzenfunktionäre der Wirtschaft beraten über Möglichkeiten, wie Berufs- und Familienleben besser unter einen Hut zu bekommen ist. Mit dabei ist die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), und sie ist nun am Telefon. Guten Morgen, Frau Schröder.
Kristina Schröder: Guten Morgen!
Engels: Viele Vorstandsvorsitzende werben in Sonntagsreden ja immer damit, man habe Arbeitszeiten, die auf Familien abgestimmt seien, doch in der Praxis müssen dann Mütter und Väter häufig doch dem Chef noch ein paar Überstunden ableisten, wenn das dringende Projekt es verlangt. Schlagen Sie da heute in der Runde auf den Tisch?
Schröder: Na ja, in der Tat sind Arbeitszeiten der Taktgeber für Familienleben, und deshalb: egal wie unterschiedlich die Anforderungen nach Familienpolitik sind, da sind sich eigentlich alle Familien einig, dass sie Zeit für ihr Familienleben brauchen. Da ist es in der Tat so, dass die Praxis in den Unternehmen in Deutschland oft noch an den Wünschen von jungen Eltern vorbeigeht. Wir haben junge Eltern befragt, wie ihre reale Arbeitszeit aussieht und wie ihre Wunscharbeitszeit aussieht, und da sagen uns vor allen Dingen die jungen Mütter, vor allen Dingen die, die nur 20 Stunden arbeiten, wir würden gerne etwas mehr arbeiten, nicht unbedingt 40 Stunden, aber etwas mehr, und 60 Prozent der Väter sagen – und das hat mich sehr positiv überrascht -, wir würden gerne etwas weniger arbeiten, damit wir eben unser Kind nicht nur am Wochenende wach erleben.
Engels: Das heißt, der Chef ist schuld. – Schlagen Sie dann wirklich in der Runde auf den Tisch?
Schröder: Also ich weiß nicht, ob auf den Tisch schlagen da irgendwas bringt, zumal es schon so ist, dass da auch viel Einsicht inzwischen in Unternehmen da ist. Neulich hat wieder ein Unternehmer zu mir gesagt, er müsse schon zugeben, es gingen Dinge, von denen er vor zehn Jahren noch nicht gedacht hat, dass sie gehen, und ich glaube, in zehn Jahren werden wir auch noch mal sehen, okay, es geht noch mehr, als wir heute denken. Zum Beispiel Führungspositionen auch in Teilzeit, zum Beispiel in 30 Stunden Teilzeit, behaupte ich, ist viel mehr möglich, als man denkt. Man muss nicht als Chef ständig dem Mitarbeiter über die Schulter gucken. Man kann zum Beispiel auch sehr effizient per SMS und via Mails steuern. Ich habe ja selbst eine Chefin, die das sehr gut hinbekommt.
Engels: Jetzt schauen wir aber genau auf solche Fälle. Gerade bei Führungspositionen sagt der Arbeitgeber aber auch, ich will einen Ansprechpartner, eine Ansprechpartnerin, hier zwei Teilzeitjobs, das möchte ich nicht, gerade bei Spitzenpositionen ist Teilzeit nicht möglich. Wie wollen Sie das mit freiwilligen Vereinbarungen lösen?
Schröder: So pauschal sagen das die Unternehmer ja gar nicht, sondern ganz im Gegenteil. Viele sagen, wir haben es jetzt mal probiert, vielleicht am Anfang zähneknirschend, aber wir wollten auf unsere Spitzenkraft einfach nicht verzichten, und siehe da: Es geht.
Engels: Viele andere erleben auch, dass sie nicht mehr in die Spitzenposition kommen.
Schröder: Führungskräfte, das ist sicherlich kein Job, den man in 20 Stunden machen kann und danach ist dann alles erledigt. Aber was zum Beispiel geht, ist, dass man natürlich weiter in Notfällen ansprechbar ist - das muss jede Führungskraft sein, auch abends, auch am Wochenende -, aber eben wirklich nur in Notfällen. Diese Forderung, dass man quasi ständig präsent sein muss, sogar im Urlaub abends seine E-Mails checken muss, ich behaupte, das ist selbst in Führungspositionen nicht notwendig. Die skandinavischen Länder machen uns das zum Beispiel auch vor.
Engels: Aber warum sollte der Arbeitgeber denn hier nachgeben, denn für Führungspositionen werden sich ja noch genug Fachkräfte auch finden und es ist natürlich einfacher, wenn man ständig und fortwährend jemand auch im Urlaub, auch abends anrufen oder anmailen kann.
Schröder: Selbst in Führungspositionen wachsen gute Leute nicht auf den Bäumen, und wenn man jemand hat, der richtig gut ist und der auch richtig eingearbeitet ist, und der sagt jetzt, ich will jetzt aber mal eine Zeit lang auf 80 Prozent reduzieren, dann sagt man nicht so einfach, dann suche ich mir den nächsten. So ist es zum Glück nicht, und was ja auch toll ist, dass auch immer mehr Männer, die selbst in Führungspositionen sind, trotzdem sagen, ich brauche eine gewisse Zeit für meine Familie. Zum Beispiel die Vätermonate im Elterngeld werden auch in den Führungspositionen sehr stark genommen. Das ist nicht nur ein Phänomen der mittleren und unteren Ebenen.
Engels: Frau Schröder, in den allermeisten Fällen ist es ja so, dass Frauen den Spagat zwischen der Familie und dem Job hinbekommen müssen. Sie leiden zum einen unter dem ewigen Zeitmangel, zum anderen aber auch unter der Tatsache, dass sie dann vielleicht doch nicht aufsteigen, und Bundesarbeitsministerin von der Leyen hat sich ja in diesem Zusammenhang kürzlich auf eine 30-Prozent-Quote eingeschossen. Sie soll verbindlich für die Vorstände und Aufsichtsräte großer Konzerne gelten. Sie sind da nicht auf dieser Linie. Was ist falsch daran?
Schröder: Ich finde es falsch, eine staatliche Einheitsquote vorzuschreiben über alle Branchen hinweg. Allein schon, wenn sie den ganz unterschiedlichen Frauenanteil in den verschiedenen Branchen betrachten. Die Maschinenbauindustrie können sie nicht vergleichen mit der Medien- und Kommunikationsbranche. Außerdem will ich die Unternehmen zwingen, dass sie sich wirklich selbst mit den Ursachen auseinandersetzen. Eine staatliche Quote, die vielleicht dann pflichtschuldig erfüllt wird, zwingt die Unternehmen nicht, sich wirklich auch mit den Ursachen auseinanderzusetzen. Mein Konzept einer flexiblen Quote würde das erfüllen.
Engels: Freiwillige flexible Quote sagen Sie. Das sieht so aus, dass ein Unternehmen selber festlegen soll, wie hoch die Quote sein soll. Dazu soll es verpflichtet werden. Das heißt, das Unternehmen sagt, eine Quote von drei Prozent Frauen in Führungsetagen, das wäre für uns das richtige. Dann ist das in Ordnung?
Schröder: Na ja, dann muss das Unternehmen dies aber öffentlich machen und dann muss dieses Unternehmen sich dafür auch rechtfertigen, und da kann ich Ihnen sagen, dann wird es eine ganz schöne öffentliche Debatte geben. drei Prozent ist sicherlich immer zu niedrig, aber wenn zum Beispiel ein Unternehmen der Stahlindustrie sagt, wir haben nur so wenige Frauen, wir nehmen eine niedrigere Quote, kann das Unternehmen das vielleicht noch irgendwie rechtfertigen. Wenn das ein Unternehmen tut, die auf allen Ebenen richtig viele gute Frauen haben, dann werden die sicherlich böse in die Diskussion geraten. Die Unternehmen müssen diese Quote ja auch vor der eigenen Belegschaft, vor dem eigenen Betriebsrat rechtfertigen. Also das wird Druck geben, das wird Druck durch Wettbewerb geben, und genau den will ich.
Engels: Mit Freiwilligkeit habe sich in den Unternehmen in den letzten zehn Jahren wenig getan. Das sagt Ihre Kabinettskollegin Ursula von der Leyen. Sind Sie da etwas naiv?
Schröder: Ich will ja gerade einen Schritt weitergehen. Meine Selbstverpflichtungen sind ja gerade nicht freiwillig, sondern sie sind verpflichtend.
Engels: Aber wie hoch die Quote ist, ist dann freiwillig?
Schröder: Das ist richtig, aber bisher konnten Unternehmen sagen, was kümmern uns die Selbstverpflichtungen, was kümmert uns das ganze Thema. Das können die Unternehmen jetzt nicht mehr sagen, sondern sie müssen Farbe bekennen. Und ich bin ganz sicher, dass Wettbewerbsdruck der beste Motor auch für gesellschaftspolitische Veränderungen ist.
Engels: Das trifft vielleicht auf gut gehende große Firmen zu. Aber was machen Sie mit den kleinen Firmen, die sagen, wir können uns solche Geschichten, dass man Frauen quotiert, gar nicht leisten? Muss man die nicht doch stärker dann unter Druck setzen?
Schröder: Ach, das ist ja Quatsch, dass das irgendwas mit sich leisten können zu tun hat. Anders herum ist es richtig. Die Unternehmen werden es sich überhaupt nicht mehr leisten können, auf die Frauen zu verzichten, gerade auch die kleineren Unternehmen. 70 Prozent der Unternehmen sagen inzwischen, sie haben ein Problem, Fachkräfte zu bekommen, und wenn sie dann auf die Frauen mal eben verzichten, verzichten sie auf die Hälfte des Potenzials. Gerade deswegen werden die Unternehmen gar nicht mehr anders können, als auf die Frauen zu setzen.
Engels: Wie bewerten Sie es denn, Frau Schröder, dass auch in der Union selbst nicht nur Frau von der Leyen, sondern viele andere etwas ältere Frauen ihre frühere Meinung geändert haben und sagen, die Quote muss her, weil sich sonst nichts tut?
Schröder: Das wird in der Union sehr unterschiedlich gesehen. Aber ich nehme zum Beispiel sehr erfreut zur Kenntnis, dass jetzt auch nach dem Deutschlandtrend 70 Prozent der Deutschen – und ich glaube, das trifft dann durchaus auch für die Union zu – meine Vorstellung einer flexiblen Quote richtig finden, weil es eben eine marktwirtschaftliche Lösung ist und keine staatliche Planlösung.
Engels: Frau von der Leyen sagt auch, viele jüngere Frauen glaubten, keine Quote zu brauchen, da sie die gläsernen Decken noch nicht kennengelernt hätten. Sie, Frau Schröder, sind selbst noch recht jung. Macht Sie das nachdenklich?
Schröder: Nein. Ich denke, man kann hier nicht unbedingt mit dem Alter argumentieren. Ich kenne auch viele ältere Frauen, die geradezu empört sind, wenn man ihnen eine staatliche Einheitsquote vorsetzen würde, weil das immer auch die Gefahr mit sich bringt, dass dann die Leistung von Frauen nicht mehr richtig anerkannt wird.
Engels: Kristina Schröder (CDU), sie ist die Bundesfamilienministerin. Vielen Dank für das Gespräch.
Schröder: Bitte sehr!
Kristina Schröder: Guten Morgen!
Engels: Viele Vorstandsvorsitzende werben in Sonntagsreden ja immer damit, man habe Arbeitszeiten, die auf Familien abgestimmt seien, doch in der Praxis müssen dann Mütter und Väter häufig doch dem Chef noch ein paar Überstunden ableisten, wenn das dringende Projekt es verlangt. Schlagen Sie da heute in der Runde auf den Tisch?
Schröder: Na ja, in der Tat sind Arbeitszeiten der Taktgeber für Familienleben, und deshalb: egal wie unterschiedlich die Anforderungen nach Familienpolitik sind, da sind sich eigentlich alle Familien einig, dass sie Zeit für ihr Familienleben brauchen. Da ist es in der Tat so, dass die Praxis in den Unternehmen in Deutschland oft noch an den Wünschen von jungen Eltern vorbeigeht. Wir haben junge Eltern befragt, wie ihre reale Arbeitszeit aussieht und wie ihre Wunscharbeitszeit aussieht, und da sagen uns vor allen Dingen die jungen Mütter, vor allen Dingen die, die nur 20 Stunden arbeiten, wir würden gerne etwas mehr arbeiten, nicht unbedingt 40 Stunden, aber etwas mehr, und 60 Prozent der Väter sagen – und das hat mich sehr positiv überrascht -, wir würden gerne etwas weniger arbeiten, damit wir eben unser Kind nicht nur am Wochenende wach erleben.
Engels: Das heißt, der Chef ist schuld. – Schlagen Sie dann wirklich in der Runde auf den Tisch?
Schröder: Also ich weiß nicht, ob auf den Tisch schlagen da irgendwas bringt, zumal es schon so ist, dass da auch viel Einsicht inzwischen in Unternehmen da ist. Neulich hat wieder ein Unternehmer zu mir gesagt, er müsse schon zugeben, es gingen Dinge, von denen er vor zehn Jahren noch nicht gedacht hat, dass sie gehen, und ich glaube, in zehn Jahren werden wir auch noch mal sehen, okay, es geht noch mehr, als wir heute denken. Zum Beispiel Führungspositionen auch in Teilzeit, zum Beispiel in 30 Stunden Teilzeit, behaupte ich, ist viel mehr möglich, als man denkt. Man muss nicht als Chef ständig dem Mitarbeiter über die Schulter gucken. Man kann zum Beispiel auch sehr effizient per SMS und via Mails steuern. Ich habe ja selbst eine Chefin, die das sehr gut hinbekommt.
Engels: Jetzt schauen wir aber genau auf solche Fälle. Gerade bei Führungspositionen sagt der Arbeitgeber aber auch, ich will einen Ansprechpartner, eine Ansprechpartnerin, hier zwei Teilzeitjobs, das möchte ich nicht, gerade bei Spitzenpositionen ist Teilzeit nicht möglich. Wie wollen Sie das mit freiwilligen Vereinbarungen lösen?
Schröder: So pauschal sagen das die Unternehmer ja gar nicht, sondern ganz im Gegenteil. Viele sagen, wir haben es jetzt mal probiert, vielleicht am Anfang zähneknirschend, aber wir wollten auf unsere Spitzenkraft einfach nicht verzichten, und siehe da: Es geht.
Engels: Viele andere erleben auch, dass sie nicht mehr in die Spitzenposition kommen.
Schröder: Führungskräfte, das ist sicherlich kein Job, den man in 20 Stunden machen kann und danach ist dann alles erledigt. Aber was zum Beispiel geht, ist, dass man natürlich weiter in Notfällen ansprechbar ist - das muss jede Führungskraft sein, auch abends, auch am Wochenende -, aber eben wirklich nur in Notfällen. Diese Forderung, dass man quasi ständig präsent sein muss, sogar im Urlaub abends seine E-Mails checken muss, ich behaupte, das ist selbst in Führungspositionen nicht notwendig. Die skandinavischen Länder machen uns das zum Beispiel auch vor.
Engels: Aber warum sollte der Arbeitgeber denn hier nachgeben, denn für Führungspositionen werden sich ja noch genug Fachkräfte auch finden und es ist natürlich einfacher, wenn man ständig und fortwährend jemand auch im Urlaub, auch abends anrufen oder anmailen kann.
Schröder: Selbst in Führungspositionen wachsen gute Leute nicht auf den Bäumen, und wenn man jemand hat, der richtig gut ist und der auch richtig eingearbeitet ist, und der sagt jetzt, ich will jetzt aber mal eine Zeit lang auf 80 Prozent reduzieren, dann sagt man nicht so einfach, dann suche ich mir den nächsten. So ist es zum Glück nicht, und was ja auch toll ist, dass auch immer mehr Männer, die selbst in Führungspositionen sind, trotzdem sagen, ich brauche eine gewisse Zeit für meine Familie. Zum Beispiel die Vätermonate im Elterngeld werden auch in den Führungspositionen sehr stark genommen. Das ist nicht nur ein Phänomen der mittleren und unteren Ebenen.
Engels: Frau Schröder, in den allermeisten Fällen ist es ja so, dass Frauen den Spagat zwischen der Familie und dem Job hinbekommen müssen. Sie leiden zum einen unter dem ewigen Zeitmangel, zum anderen aber auch unter der Tatsache, dass sie dann vielleicht doch nicht aufsteigen, und Bundesarbeitsministerin von der Leyen hat sich ja in diesem Zusammenhang kürzlich auf eine 30-Prozent-Quote eingeschossen. Sie soll verbindlich für die Vorstände und Aufsichtsräte großer Konzerne gelten. Sie sind da nicht auf dieser Linie. Was ist falsch daran?
Schröder: Ich finde es falsch, eine staatliche Einheitsquote vorzuschreiben über alle Branchen hinweg. Allein schon, wenn sie den ganz unterschiedlichen Frauenanteil in den verschiedenen Branchen betrachten. Die Maschinenbauindustrie können sie nicht vergleichen mit der Medien- und Kommunikationsbranche. Außerdem will ich die Unternehmen zwingen, dass sie sich wirklich selbst mit den Ursachen auseinandersetzen. Eine staatliche Quote, die vielleicht dann pflichtschuldig erfüllt wird, zwingt die Unternehmen nicht, sich wirklich auch mit den Ursachen auseinanderzusetzen. Mein Konzept einer flexiblen Quote würde das erfüllen.
Engels: Freiwillige flexible Quote sagen Sie. Das sieht so aus, dass ein Unternehmen selber festlegen soll, wie hoch die Quote sein soll. Dazu soll es verpflichtet werden. Das heißt, das Unternehmen sagt, eine Quote von drei Prozent Frauen in Führungsetagen, das wäre für uns das richtige. Dann ist das in Ordnung?
Schröder: Na ja, dann muss das Unternehmen dies aber öffentlich machen und dann muss dieses Unternehmen sich dafür auch rechtfertigen, und da kann ich Ihnen sagen, dann wird es eine ganz schöne öffentliche Debatte geben. drei Prozent ist sicherlich immer zu niedrig, aber wenn zum Beispiel ein Unternehmen der Stahlindustrie sagt, wir haben nur so wenige Frauen, wir nehmen eine niedrigere Quote, kann das Unternehmen das vielleicht noch irgendwie rechtfertigen. Wenn das ein Unternehmen tut, die auf allen Ebenen richtig viele gute Frauen haben, dann werden die sicherlich böse in die Diskussion geraten. Die Unternehmen müssen diese Quote ja auch vor der eigenen Belegschaft, vor dem eigenen Betriebsrat rechtfertigen. Also das wird Druck geben, das wird Druck durch Wettbewerb geben, und genau den will ich.
Engels: Mit Freiwilligkeit habe sich in den Unternehmen in den letzten zehn Jahren wenig getan. Das sagt Ihre Kabinettskollegin Ursula von der Leyen. Sind Sie da etwas naiv?
Schröder: Ich will ja gerade einen Schritt weitergehen. Meine Selbstverpflichtungen sind ja gerade nicht freiwillig, sondern sie sind verpflichtend.
Engels: Aber wie hoch die Quote ist, ist dann freiwillig?
Schröder: Das ist richtig, aber bisher konnten Unternehmen sagen, was kümmern uns die Selbstverpflichtungen, was kümmert uns das ganze Thema. Das können die Unternehmen jetzt nicht mehr sagen, sondern sie müssen Farbe bekennen. Und ich bin ganz sicher, dass Wettbewerbsdruck der beste Motor auch für gesellschaftspolitische Veränderungen ist.
Engels: Das trifft vielleicht auf gut gehende große Firmen zu. Aber was machen Sie mit den kleinen Firmen, die sagen, wir können uns solche Geschichten, dass man Frauen quotiert, gar nicht leisten? Muss man die nicht doch stärker dann unter Druck setzen?
Schröder: Ach, das ist ja Quatsch, dass das irgendwas mit sich leisten können zu tun hat. Anders herum ist es richtig. Die Unternehmen werden es sich überhaupt nicht mehr leisten können, auf die Frauen zu verzichten, gerade auch die kleineren Unternehmen. 70 Prozent der Unternehmen sagen inzwischen, sie haben ein Problem, Fachkräfte zu bekommen, und wenn sie dann auf die Frauen mal eben verzichten, verzichten sie auf die Hälfte des Potenzials. Gerade deswegen werden die Unternehmen gar nicht mehr anders können, als auf die Frauen zu setzen.
Engels: Wie bewerten Sie es denn, Frau Schröder, dass auch in der Union selbst nicht nur Frau von der Leyen, sondern viele andere etwas ältere Frauen ihre frühere Meinung geändert haben und sagen, die Quote muss her, weil sich sonst nichts tut?
Schröder: Das wird in der Union sehr unterschiedlich gesehen. Aber ich nehme zum Beispiel sehr erfreut zur Kenntnis, dass jetzt auch nach dem Deutschlandtrend 70 Prozent der Deutschen – und ich glaube, das trifft dann durchaus auch für die Union zu – meine Vorstellung einer flexiblen Quote richtig finden, weil es eben eine marktwirtschaftliche Lösung ist und keine staatliche Planlösung.
Engels: Frau von der Leyen sagt auch, viele jüngere Frauen glaubten, keine Quote zu brauchen, da sie die gläsernen Decken noch nicht kennengelernt hätten. Sie, Frau Schröder, sind selbst noch recht jung. Macht Sie das nachdenklich?
Schröder: Nein. Ich denke, man kann hier nicht unbedingt mit dem Alter argumentieren. Ich kenne auch viele ältere Frauen, die geradezu empört sind, wenn man ihnen eine staatliche Einheitsquote vorsetzen würde, weil das immer auch die Gefahr mit sich bringt, dass dann die Leistung von Frauen nicht mehr richtig anerkannt wird.
Engels: Kristina Schröder (CDU), sie ist die Bundesfamilienministerin. Vielen Dank für das Gespräch.
Schröder: Bitte sehr!