Jasper Barenberg: Wie oft darf ein Vater sein Kind sehen, wenn er längst von der Mutter und von dem Kind getrennt lebt, wenn er bisher kein enges Verhältnis haben konnte oder haben wollte, wenn er mit der Mutter nicht mehr verheiratet ist, oder nie verheiratet war? In vielen solcher Fälle hat der biologische Vater bisher keine Chance, eine Beziehung zu seinem Kind aufzubauen. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in zwei Urteilen bemängelt. Jetzt reagiert die Bundesregierung mit einem Gesetz, das die Rechte dieser Väter stärken soll.
Am Telefon begrüße ich Ingeborg Rakete-Dombek, Fachanwältin für Familienrecht. Schönen guten Tag.
Ingeborg Rakete-Dombek: Guten Tag!
Barenberg: Frau Rakete-Dombek, vielleicht mal zunächst: Wie viele Väter sind denn eigentlich betroffen?
Rakete-Dombek: Ja da sind wir auf Schätzungen angewiesen. Ich bin auch keine Statistikerin. Aber vielleicht erinnern Sie sich an die Presse, die es gab, als es um Kuckuckskinder ging, also um Kinder, die nicht von dem Ehemann gezeugt sind, sondern von einem Dritten. Da ging es laut Statistik darum, dass 44 Prozent aller Frauen ihren Partner schon einmal betrogen haben und dass vielleicht jedes zehnte oder jedes achte Kind einen Vater hat, der zwar der rechtliche Vater, aber nicht der biologische Vater ist. Insofern kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, wie viele es in Wahrheit sind. Da gibt es eine große Dunkelziffer, die uns gelegentlich in konkreten Fällen im Familienrecht beschäftigt, wenn es um ein untergeschobenes Kind geht.
Barenberg: Es müssen ja auch nicht unbedingt Zahlen sein, die uns beschäftigen sollen, sondern vielleicht die Frage, wie gravierend Sie das Problem einschätzen, so wie es bisher geregelt war.
Rakete-Dombek: Ich habe eine ziemlich große Praxis mit einem Schwerpunkt im Familienrecht. Ich hatte dieses Problem bisher noch nicht, wenn Sie davon ausgehen, dass vielleicht, sagt mein Kollege aus Regen in Bayern, dass vielleicht in jeder Klasse ein Kind sitzt, bei dem es so ist, aber wo es ja noch keiner weiß. Also wenn der biologische Vater sich nicht müht und den Kontakt herstellen will, dann wird das nicht relevant, und manche biologischen Väter sind möglicherweise auch froh darüber, dass das nicht problematisiert wird. Sie schulden dann keinen Unterhalt oder sie wollen sich auch nicht outen, sind vielleicht selbst verheiratet.
Barenberg: Nun sollen die Regeln verändert werden, und zwar so, dass die Väter jedenfalls, die ein Interesse haben und die sich Mühe geben, Umgangsrechte mit ihren Kindern, einen Umgang mit ihren Kindern, mit ihrem Kind haben sollen. Würden Sie sagen, das stärkt die Rechte der Väter, allerdings zulasten der Mütter?
Rakete-Dombek: Ich wüsste jetzt nicht, inwieweit das die Rechte der Mütter beeinträchtigen sollte. Es ist tatsächlich ein Novum, weil es dazu führen kann, dass ein Kind in Zukunft zwei Väter hat: einen biologischen und einen rechtlichen Vater. Und ob die Ehe noch hält, wenn der biologische sich meldet, steht ja in den Sternen. Aber im Prinzip ist es so, dass es ein Konflikt ist zwischen der Situation des Kindes in seiner sozialen Beziehung - es lebt in einer Familie, hat vielleicht auch Geschwister, die von seinem rechtlichen Vater mit abstammen -, und manche sagen dann, und jetzt kommt der Lover und setzt sich an den Kaffeetisch. Das birgt einige Konflikte, die zu bewältigen sind natürlich. In den Fällen, in denen es diese Konflikte nicht gibt und wo die Mütter schon bisher immer den biologischen Vater an dem Leben des Kindes beteiligt haben, werden wir davon nicht hören.
Barenberg: Und was diese Konflikte angeht, wenn wir jetzt einen Augenblick auf die Interessen und auf die Bedürfnisse der Kinder schauen, sehen Sie da die Vorkehrung getroffen in dem, was Sie von diesem Gesetzentwurf wissen, sehen Sie da die Vorkehrung getroffen, dass die Interessen der Kinder gut vertreten sind, dass die berücksichtigt sind in dem, was geplant ist?
Rakete-Dombek: Es ist ja, wenn es streitig wird, ein Gerichtsverfahren vorzuschalten, und das Gericht muss auch nach der Begründung des Gesetzentwurfs sehr sorgfältig prüfen, ob dieser Umgang im konkreten Fall dem Wohl des Kindes dient, also nicht nur dem Wohl des Kindes nicht widerspricht, sondern ob es für das konkrete Kind wirklich gut ist, diesen Kontakt zu haben. Da wird man alles mögliche berücksichtigen müssen, also die Familiensituation oder das Alter des Kindes, die Stabilität und Belastbarkeit der Familie, die Beziehungskonstellation und das Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen.
Barenberg: Die Väter müssen, so habe ich es mir jedenfalls gemerkt aus dem Gesetzentwurf, erkennbar Verantwortung übernehmen und übernehmen wollen. Wie kann man das feststellen?
Rakete-Dombek: Ja es steht im Gesetz eigentlich eher, dass der leibliche Vater durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er für das Kind tatsächlich Verantwortung tragen will. Da muss ich zugeben, dass das rechtlich schwer zu fassen ist und ich mir auch jetzt nicht vorstellen kann, wie das sein soll, wenn ein Vater sich vielleicht erst meldet, wenn das Kind schon sechs oder acht Jahre alt ist. Was hat er denn dann gezeigt in Bezug auf seine zu übernehmende Verantwortung? Es kann natürlich sein, dass er immer Interesse gezeigt hat und die Mutter ihn konsequent ausgeschlossen hat davon. Denn nach der bisherigen Rechtslage konnte sie das, jedenfalls wenn sie nicht mit ihm und dem Kind wenigstens eine Zeit lang zusammengelebt hat.
Barenberg: Die Bundesregierung will in bestimmten Konstellationen die Rechte von leiblichen Vätern stärken - vielen Dank für dieses Gespräch, Ingeborg Rakete-Dombek.
Rakete-Dombek: Danke schön!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Was ist von der Neuregelung zu halten? Hier diskutieren unsere Hörer.
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Ingeborg Rakete-Dombek: Guten Tag!
Barenberg: Frau Rakete-Dombek, vielleicht mal zunächst: Wie viele Väter sind denn eigentlich betroffen?
Rakete-Dombek: Ja da sind wir auf Schätzungen angewiesen. Ich bin auch keine Statistikerin. Aber vielleicht erinnern Sie sich an die Presse, die es gab, als es um Kuckuckskinder ging, also um Kinder, die nicht von dem Ehemann gezeugt sind, sondern von einem Dritten. Da ging es laut Statistik darum, dass 44 Prozent aller Frauen ihren Partner schon einmal betrogen haben und dass vielleicht jedes zehnte oder jedes achte Kind einen Vater hat, der zwar der rechtliche Vater, aber nicht der biologische Vater ist. Insofern kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, wie viele es in Wahrheit sind. Da gibt es eine große Dunkelziffer, die uns gelegentlich in konkreten Fällen im Familienrecht beschäftigt, wenn es um ein untergeschobenes Kind geht.
Barenberg: Es müssen ja auch nicht unbedingt Zahlen sein, die uns beschäftigen sollen, sondern vielleicht die Frage, wie gravierend Sie das Problem einschätzen, so wie es bisher geregelt war.
Rakete-Dombek: Ich habe eine ziemlich große Praxis mit einem Schwerpunkt im Familienrecht. Ich hatte dieses Problem bisher noch nicht, wenn Sie davon ausgehen, dass vielleicht, sagt mein Kollege aus Regen in Bayern, dass vielleicht in jeder Klasse ein Kind sitzt, bei dem es so ist, aber wo es ja noch keiner weiß. Also wenn der biologische Vater sich nicht müht und den Kontakt herstellen will, dann wird das nicht relevant, und manche biologischen Väter sind möglicherweise auch froh darüber, dass das nicht problematisiert wird. Sie schulden dann keinen Unterhalt oder sie wollen sich auch nicht outen, sind vielleicht selbst verheiratet.
Barenberg: Nun sollen die Regeln verändert werden, und zwar so, dass die Väter jedenfalls, die ein Interesse haben und die sich Mühe geben, Umgangsrechte mit ihren Kindern, einen Umgang mit ihren Kindern, mit ihrem Kind haben sollen. Würden Sie sagen, das stärkt die Rechte der Väter, allerdings zulasten der Mütter?
Rakete-Dombek: Ich wüsste jetzt nicht, inwieweit das die Rechte der Mütter beeinträchtigen sollte. Es ist tatsächlich ein Novum, weil es dazu führen kann, dass ein Kind in Zukunft zwei Väter hat: einen biologischen und einen rechtlichen Vater. Und ob die Ehe noch hält, wenn der biologische sich meldet, steht ja in den Sternen. Aber im Prinzip ist es so, dass es ein Konflikt ist zwischen der Situation des Kindes in seiner sozialen Beziehung - es lebt in einer Familie, hat vielleicht auch Geschwister, die von seinem rechtlichen Vater mit abstammen -, und manche sagen dann, und jetzt kommt der Lover und setzt sich an den Kaffeetisch. Das birgt einige Konflikte, die zu bewältigen sind natürlich. In den Fällen, in denen es diese Konflikte nicht gibt und wo die Mütter schon bisher immer den biologischen Vater an dem Leben des Kindes beteiligt haben, werden wir davon nicht hören.
Barenberg: Und was diese Konflikte angeht, wenn wir jetzt einen Augenblick auf die Interessen und auf die Bedürfnisse der Kinder schauen, sehen Sie da die Vorkehrung getroffen in dem, was Sie von diesem Gesetzentwurf wissen, sehen Sie da die Vorkehrung getroffen, dass die Interessen der Kinder gut vertreten sind, dass die berücksichtigt sind in dem, was geplant ist?
Rakete-Dombek: Es ist ja, wenn es streitig wird, ein Gerichtsverfahren vorzuschalten, und das Gericht muss auch nach der Begründung des Gesetzentwurfs sehr sorgfältig prüfen, ob dieser Umgang im konkreten Fall dem Wohl des Kindes dient, also nicht nur dem Wohl des Kindes nicht widerspricht, sondern ob es für das konkrete Kind wirklich gut ist, diesen Kontakt zu haben. Da wird man alles mögliche berücksichtigen müssen, also die Familiensituation oder das Alter des Kindes, die Stabilität und Belastbarkeit der Familie, die Beziehungskonstellation und das Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen.
Barenberg: Die Väter müssen, so habe ich es mir jedenfalls gemerkt aus dem Gesetzentwurf, erkennbar Verantwortung übernehmen und übernehmen wollen. Wie kann man das feststellen?
Rakete-Dombek: Ja es steht im Gesetz eigentlich eher, dass der leibliche Vater durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er für das Kind tatsächlich Verantwortung tragen will. Da muss ich zugeben, dass das rechtlich schwer zu fassen ist und ich mir auch jetzt nicht vorstellen kann, wie das sein soll, wenn ein Vater sich vielleicht erst meldet, wenn das Kind schon sechs oder acht Jahre alt ist. Was hat er denn dann gezeigt in Bezug auf seine zu übernehmende Verantwortung? Es kann natürlich sein, dass er immer Interesse gezeigt hat und die Mutter ihn konsequent ausgeschlossen hat davon. Denn nach der bisherigen Rechtslage konnte sie das, jedenfalls wenn sie nicht mit ihm und dem Kind wenigstens eine Zeit lang zusammengelebt hat.
Barenberg: Die Bundesregierung will in bestimmten Konstellationen die Rechte von leiblichen Vätern stärken - vielen Dank für dieses Gespräch, Ingeborg Rakete-Dombek.
Rakete-Dombek: Danke schön!
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