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"Familienunternehmen sind besonders wichtig für Deutschland"

In der Auseinandersetzung um die umstrittene Erbschaftssteuerreform geht es auch darum, unter welchen Bedingungen selbst genutztes Wohneigentum und Familienunternehmen von der Regelung ausgeschlossen werden. Nach Ansicht von Patrick Adenauer, Präsident des Verbandes der Deutschen Familienunternehmer, muss der Übergang auf die nächste Generation erleichtert werden. Deshalb müsse eine Erbschaftssteuer so ausgestaltet sein, dass die Erben die Belastung auch tragen könnten.

Patrick Adenauer im Gespräch mit Dirk Müller |
    Müller: Ganz abgesehen von den vielen neuen Aufgaben, die nun auf ihn zukommen; Horst Seehofer hat seit seiner Doppelnominierung inhaltlich gleich klargestellt: bei der umstrittenen Erbschaftssteuerreform bleibt die CSU knallhart. Seitdem liegt dieses Megaprojekt der Großen Koalition auf Eis. Dabei geht die Auseinandersetzung darum schon seit Monaten, viele sagen ja auch seit Jahren. Heute Abend wiederum ein Treffen in Berlin, um einen Kompromiss zu finden. Bleibt selbst genutztes Wohneigentum bei Vererbung steuerfrei, wie auch steuerfrei bei Familienunternehmen, die weitergeführt werden? - Das sind zwei der wichtigen Fragen.

    O-Ton Peer Steinbrück: Was die Erbschaftssteuer betrifft, die ist nicht mehr Gegenstand von Kabinettberatungen. Das Kabinett hat beschlossen - übrigens unter Beteiligung und Zustimmung von Herrn Seehofer, was gelegentlich verloren geht in der öffentlichen Wahrnehmung. Die beiden Bundestagsfraktionen der Großen Koalition haben auch beschlossen, es gibt eine gemeinsame Resolution, was gelegentlich auch in Vergessenheit gerät. Aber ich gebe Ihnen Recht, dass dieses Thema Erbschaftssteuer innerhalb der nächsten Tage so gelöst werden muss, dass wir rechtzeitig den Bundesrat in einer zweiten Lesung erreichen.

    Müller: So weit also die Einschätzung des Bundesfinanzministers Peer Steinbrück. - Wir wollen nun darüber mit Patrick Adenauer reden, Präsident des Verbandes der Deutschen Familienunternehmer. Guten Morgen!

    Adenauer: Guten Morgen, Herr Müller.

    Müller: Herr Adenauer, wer darf denn in der Großen Koalition nicht zum Zuge kommen?

    Adenauer: Nicht zum Zuge darf kommen der ursprünglich ins Kabinett eingebrachte Gesetzesvorschlag. Der ist eben deutlich verbesserungswürdig. Das ist der, auf den Herr Steinbrück in dem gerade eingespielten Beitrag hingewiesen hatte.

    Müller: Das heißt, die SPD darf nicht zum Zuge kommen?

    Adenauer: So sehe ich das, ja.

    Müller: Warum?

    Adenauer: Weil das Gesetz, so wie es eingebracht ist, gigantische Sollbruchstellen hat, die dazu führen, dass eine Verfassungswidrigkeit drohen kann. Das ist ein Zustand, der vom Grunde her schon mal schlecht ist, weil er Unsicherheit bringt. Dazu wird aber auch das Ziel, das eigentliche Ziel zumindest auf die Familienunternehmen nicht erreicht, denn es droht für viele, insbesondere die größeren Familienunternehmen, die ja auch besonders wichtig sind für Deutschland, eine deutliche Mehrbesteuerung, was dazu führen wird, dass die verkaufen oder abwandern oder sich sonst wie verändern. Auf jeden Fall führt das nicht dazu, dass der Übergang auf die nächste Generation erleichtert wird.

    Müller: Bleiben wir, Herr Adenauer, bei den Familienunternehmen. Das ist auch Ihr Portfolio mit Ihrem Verband. Wenn wir jetzt das Beispiel nehmen: ein mittlerer Familienbetrieb wird vererbt, wird weitergegeben an Sohn, Tochter etc. Wenn der dann nun sieben Jahre, zehn Jahre wie auch immer weiter innerhalb bestimmter Haltefristen gehalten wird, dann sagt auch die SPD, dann ist das in Ordnung. Was ist falsch daran?

    Adenauer: Im Gesetzesentwurf stehen 10 beziehungsweise 15 Jahre drin, die man halten muss. Man kriegt die Steuererleichterung, die Verschonung von 85 Prozent aber nur, wenn man bestimmte Kriterien einhält. So sieht es das Gesetz momentan vor. Wenn man dann im 9. Jahr, von mir aus im 9,5 Jahr diese Kriterien nicht einhält oder später im 14. Jahr unter bestimmten Voraussetzungen, dann ist die gesamte Erbschaftssteuer doch zu zahlen. Das wird als Fallbeilmethode beschrieben und kann dazu führen, dass genau in dem Moment, in dem dann eine Schwierigkeit entsteht, weil der Markt nicht gut läuft und man vielleicht doch Mitarbeiter abbauen muss, noch die Erbschaftssteuer kommt und dann das Unternehmen endgültig in den Bach geht.

    Müller: Herr Adenauer, Sie haben es gesagt. 10 bis 15 Jahre, das steht drin in dem Ursprungsvorschlag der SPD. Ich hatte eben die Zahl sieben genannt, weil die sieben jetzt immer häufiger als Kompromisslinie genannt wird. Wäre das ein Kompromiss, mit dem Sie leben könnten?

    Adenauer: Ich denke ja. Es sind ja immer wieder neue Kompromisslinien gezogen worden. Man hat verschiedene Lösungswege in der Presse lanciert. Aber nichts ist bisher beschlossen. Wenn es nun tatsächlich auf die sieben Jahre käme und die Verschonungsregeln tatsächlich so ausgelegt sind, dass sie einhaltbar sind, und die Fallbeilregelung wegfällt, dann, glaube ich, kommen wir zu einer Lösung, die auch die Familienunternehmen akzeptieren können.

    Müller: Aber ein mittelständischer Familienunternehmer hätte bei der Sieben-Jahre-Regelung, also Sieben-Jahre-Haltefrist (er muss dieses Unternehmen 7 Jahre weiterführen, um nicht die große Erbschaftssteuer zu bezahlen), nach 6,5 Jahren, wenn er das will, wenn er das ökonomisch muss, wenn das sinnvoll ist, das Unternehmen zu verkaufen, doch ein Riesen Problem?

    Adenauer: Das muss eben entsprechend gelöst werden. Man muss das Doppelbesteuerungsproblem lösen, was auch noch momentan im Gesetzesentwurf drinsteckt, dass also nicht Erbschaftssteuer und Einkommenssteuer zu zahlen sind. Und man muss eben dafür sorgen, dass pro Rata, pro Jahr weiter gehaltenes Unternehmen auch ein Siebtel der Steuer dann entfällt.

    Müller: Steuer, Erbschaftssteuer, das hat ja auch das Bundesverfassungsgericht argumentiert, hat auch immer etwas mit Sozialpolitik oder auch mit Gerechtigkeit zu tun. Wir wollen nicht darüber diskutieren, wie gerecht ein Steuersystem sein kann oder im Moment in der Bundesrepublik ist. Wenn wir auf die privaten Immobilien schauen - das ist ja auch für viele Unternehmer ein Kriterium. Nehmen wir das Beispiel, was wir eben von unserem Korrespondenten gehört haben, was zugegebenermaßen häufig zitiert wird: die Witwe am Starnberger See mit einer Millionen-Immobilie, die sie dann weiter vererbt. Haben Sie etwas dagegen, dass derjenige, der es dann bekommt, dafür auch etwas zahlen muss?

    Adenauer: Mit Immobilien ist ja das Problem, dass die dann möglicherweise veräußert werden muss, weil sie so einen Wert hat, dass sie den Wert des anderen Vermögens übersteigt, und dann muss sie verkauft werden, weil die Kinder sie nicht halten können. Das finde ich vom Grunde immer etwas problematisch. Aber das ist jetzt nicht unser Punkt als Familienunternehmen. Wir sehen ein, dass Erbschaftssteuer auch sozialpolitische Aspekte hat. Deshalb fordern wir auch nicht eine Abschaffung der Erbschaftssteuer, sondern sie muss so ausgestaltet sein, dass die Erben sie eben auch zahlen können und dass sie auch ein Stück weit berechenbar ist. So ein Grundsatz muss eben meines Erachtens letztlich für alle Vermögensgegenstände gelten. Aber bei Familienunternehmen ist das Besondere: sie sind als einzige bei den Unternehmen davon betroffen und sie sind so bedeutend für den Standort Deutschland, wie wir jetzt ja gerade in den Turbulenzen der aktuellen Tage wieder sehen, dass man alles tun sollte, sie vor einer solchen Bedrohung zu schützen.

    Müller: Herr Adenauer, Sie haben viele Gespräche geführt in Ihrem Verband, in dem Verband der Familienunternehmer. Können Sie uns ein Beispiel, ohne das namentlich zu belegen, nennen, der dann nach der bisherigen Regelung oder nach dem SPD-Vorschlag tatsächlich Existenzprobleme bekommt?

    Adenauer: Keiner wird an so einer Stelle jetzt sagen, ich wandere dann aus. Er wird es zumindest öffentlich nicht tun. Ich weiß von vielen Gesprächen, dass die sagen, wenn der ursprüngliche Gesetzentwurf kommt, dann sind wir vorbereitet, dann werden wir nach und nach eben als Gesellschafter ins Ausland gehen und alles so gestalten, dass wir diese Risiken nicht zu tragen haben. Das sind sehr konkrete Überlegungen und die muss man ernst nehmen. Die Firmen bleiben dann zwar hier, aber wenn die Gesellschafter dieser Firmen irgendwann mal weg sind, dann werden sie die neuen Firmen und die neuen Aktivitäten dann auch im Ausland gründen und das ist langfristig dann eine Katastrophe für Deutschland. Deshalb muss man alles tun, es hier einfach zu machen, die Firmen hier zu halten, ein faires, aber berechenbares Steuerrecht zu schaffen, damit die künftigen Arbeitsplätze dann auch in Deutschland entstehen und nicht irgendwo in Österreich, in Schweden oder an anderen Stellen dieser Welt.

    Müller: Österreich, Schweden. - Wo würden Sie hingehen, wenn Sie es müssten?

    Adenauer: Ich habe mir darüber keine Gedanken gemacht, weil ich persönlich in einem Geschäft tätig bin, das eher auf Deutschland ausgerichtet ist. Insofern kommt das für mich nicht in Frage. Aber ein Großteil der erfolgreichen deutschen Mittelständler haben 80 Prozent Exportquote und dafür müssen sie nicht unbedingt in Deutschland sitzen.

    Müller: Patrick Adenauer war das bei uns im Deutschlandfunk, Präsident des Verbandes der Deutschen Familienunternehmer. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Adenauer: Sehr gerne, Herr Müller.