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Fankultur
Kurvenkonflikt in Braunschweig

Im September prügelten sich rechte Braunschweiger Fans mit den Ultras des Vereins beim Auswärtsspiel in Mönchengladbach. Gerichtsurteile sehen die Aggressoren bei den rechten Fans. Mit Sanktionen tut sich der Zweitligist aber bisher schwer.

Von Thorsten Poppe |
    Es war ein Kampf unter Fans desselben Vereins: Fäuste pflogen, es wurde getreten und gespuckt, dazu soll es zu rassistischen Beleidigungen gekommen sein.
    Fast 100 meist rechts orientierte Anhänger von Eintracht Braunschweig stürmten aus dem Gästeblock im Borussia Park von Mönchengladbach den Sitzplatzbereich mit den über 30 antirassistischen „Ultras Braunschweig". Ein bundesweit einmaliger Vorfall, dass sich in diesem Ausmaß eigene Anhänger untereinander prügelten.
    Ein Mitglied der Ultras Braunschweig erinnert sich an die damaligen Vorfälle. Da er sich von den Rechten akut bedroht fühlt, bleibt er anonym und seine Schilderung ist nachgesprochen. Sie liegt der Redaktion aber im Original vor, sein Name ist uns ebenfalls bekannt: "Die sind schon aggressiv auf mich los, so aggressiv halt, mit Gesten, mit hochlaufen, über die Stühle laufen auf einen zu. Es waren auf jeden Fall mehr als wir. Was macht man da? Man versucht halt irgendwie wegzukommen, man versucht sich zu verteidigen so gut es geht. Also so wirklich auf Abwehrmechanismus zu gehen. Man versucht einfach nur heile rauszukommen aus der Situation. "
    Eintracht Braunschweig reagierte nach den Übergriffen zügig, und schloss in der Woche danach die Ultras Braunschweig (UB 01) als Fan-Gruppe aus. Angeblich habe der Ausschluss aber nichts mit den Übergriffen in Mönchengladbach zu tun. So hieß es in der damaligen Presseerklärung des Vereins: "Aus Sicherheits- und organisatorischen Gründen erteilt der Verein UB01 ein Verbot, als Gruppe bei Spielen von Eintracht Braunschweig zu erscheinen. Einzelne Mitglieder von UB01 dürfen die Spiele auch weiterhin besuchen."
    Die UBs hatten immer wieder die Vereinsführung wegen ihres laschen Umgangs mit den offensichtlichen rechten Eintracht-Fans in der Öffentlichkeit kritisiert. Dies führte zwangsläufig zu Konflikten unter den Braunschweiger Anhängern, die sich beim Auswärtsspiel in Gladbach entluden. Das Verbot bedeutete gleichzeitig, dass es keinen antirassistisch motivierten Fanklub mehr in der Eintrachtkurve gab. Gleichzeitig stellte der Verein in seiner damaligen Presseerklärung klar: "Eine von rechten Hooligans dominierte und gesteuerte Kurve entspricht nicht der Wirklichkeit im Eintracht-Stadion."
    Nach der Aufarbeitung der Übergriffe durch das Amtsgericht Mönchengladbach, ergibt sich nun aber erst einmal ein anderes Bild. In mehreren einzelnen Verfahren sind ausschließlich Mitglieder des rechtsoffenen Fanklubs „Alte Kameraden" verurteilt worden.
    Gleichzeitig ist ein Angeklagter der Ultras Braunschweig vom Gericht freigesprochen worden, der angeblich als Aggressor in dem Handgemenge von der Polizei ausgemacht werden konnte. Allerdings zeigte das Stadionvideo eindeutig, dass er sich nur verteidigte, wie Gerichtssprecher Dr. Martin Alberring erläutert: "Das Amtsgericht Mönchengladbach hat in der Sache ein Urteil gefällt, und hat den Angeklagten frei gesprochen. Dies hatte auch die Staatsanwaltschaft und der Verteidiger beantragt. Alle Prozess-beteiligten konnten auf dem Video sehen, dass der Angeklagte nicht selbst angegriffen hat, sondern dass er einem anderen zur Hilfe geeilt ist, und Nothilfe geleistet hat. Er war deshalb frei zu sprechen."
    Damit ist nun klar von wem die Eskalation ausging: Die rechten Hooligans um die Gruppierung „Alte Kameraden" überfielen die anti-rassistische Gruppe „Ultras Braunschweig". Dabei hatte die Eintracht nach den Vorfällen noch alle Fanklubs aufgefordert klar gegen Gewalt und Rassismus Stellung zu beziehen. Der Verein wirbt heute noch auf seiner Webseite damit, dass diesem Aufruf auch die „Alten Kameraden" gefolgt sind. In deren Stellungnahme zur Distanzierung heißt es: "Desweiteren ergingen durch kein Mitglied unseres Fanclubs Übergriffe gegenüber UB01."
    Das ist falsch wie jetzt alle Beteiligten nach den Übergriffen auf die Ultras Braunschweig durch die Urteile des Amtsgerichts wissen. Diese konterkariert somit auch die allgemeine Distanzierung des Fanklubs von Rassismus auf der Eintracht-Webseite. Dazu kommt, dass bis heute noch keiner die Aggressoren der damaligen Vorfälle öffentlich benannt hat. Auch der Verein nicht. Der Anwalt des freigesprochenen Ultras Braunschweig, Rasmus Kahlen, bezieht dazu klar Stellung: "Mein persönlicher Eindruck ist, dass der Verein Eintracht Braunschweig bis heute versucht hat Dinge unter den Teppich zu kehren. Und Ruhe reinzubringen, egal auf Kosten welcher Leute auch immer. Es hat sich hier aber dann doch noch einmal gezeigt, dass es tatsächlich eine Vielzahl von Personen gibt, die mit der politischen Ausrichtung einiger Fans nicht einverstanden sind, und die auch bereit, dies zur Not mit Gewalt durchzusetzen. Dass es sich dabei nicht um eine kleine Gruppe handelt, sondern um eine Vielzahl von Personen hat man auch auf dem Video auch gesehen."
    Die Eintracht will den Freispruch des Ultras Braunschweig in den laufenden Mediationsprozess zwischen sich, UB 01, und der restliche Fanszene mit einfließen lassen. Mit einer öffentlichen Benennung der Aggressoren oder gar Sanktionierung tut sich die Eintracht weiter schwer.