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Fanpolitik im Hochglanzformat

Der Markt für Fußball-Publikationen ist überschaubar. Der "Kicker" steht für Sachlichkeit und Statistik, "Sport-Bild" bedient den Boulevard, "11 Freunde" pflegt einen feuilletonistischen Ansatz. Wer aber treibt politische Debatten im Fußball voran? Junge Journalisten wollen darauf Antworten geben. In ihrem neuen Hochglanz-Magazin "Transparent".

Von Ronny Blaschke |
    Mit 15 hat Pavel Brunßen seine ersten Artikel geschrieben. Der Fan des SV Werder Bremen schilderte Eindrücke von Fußball-Spielen, ohne am Fußball haften zu bleiben. Anfangs auf einer Internetseite, später in einem Fanzine, einem Heft von Fans für Fans. Pavel Brunßen engagierte sich im Bremer Fanprojekt, er gehört zu einer Bewegung, die den Fußball auch als politisches Forum betrachtet. Immer mehr Fanzines griffen Themen auf, die woanders zu kurz kamen.

    "Wir haben beobachtet, dass in den meisten Berichten über Fußballfans in den Medien sehr schlecht recherchiert wurde, sehr pauschalisiert wurde, wenig differenziert wurde. Und das ganze, was eigentlich um das Fußballspiel herum auf den Tribünen passiert, unglaublich vielfältig ist, im positiven wie auch im negativen Sinn. Und dass es eigentlich an einem Medium fehlt, das sich damit im Schwerpunkt beschäftigt."

    Die Idee für ein überregionales Magazin hatte Pavel Brunßen seit langem – konkret wurde es Anfang 2011. Junge Autoren und Studenten mit einem Bezug zur Fankultur entwickelten ein Konzept. Ihre Herkunft und Qualifikation: Höchst unterschiedlich. Sie nahmen einen Kredit auf, gründeten einen Verlag, schrieben Ultra-Gruppen, Fanprojekte, Buchläden an. Sie hielten Konferenzen in ihren Wohnungen ab, entwarfen ein Layout, fanden Unterstützung für Vertrieb und Lektorat. Die erste Ausgabe von Transparent erschien im Frühling 2012, nun ein Jahr später kommt Ausgabe fünf auf den Markt. Pavel Brunßen ist Mitglied Chefredaktion.

    "Es unterscheidet sich deutlich von den klassischen Fanzines, die oft in A5 sind, oft in Schwarz-Weiß, hier hingegen in A4, Hochglanz, komplett in Farbe. Aber auch der Ansatz ist ein komplett anderer als bei Fanzines. Es ist keine Innenperspektive. Wir begeben uns in einer externe Position und gucken uns dann die Fanszenen an. Klar ist es Vorteil, unseres Magazins, dass wir nicht an einer Fanszene gebunden sind, dass wir uns nicht auf eine Seite schlagen müssen, wo wir es nicht möchten."

    Die Themen von Transparent sind vielfältig: Es geht um die Zukunft der Stehplätze, die Rolle der Polizei, den Antrieb der Ultras in Ägypten oder im Baskenland. Es geht um Gleichstellung, Homophobie, Pyrotechnik. In ihrer vierten Ausgabe haben die Autoren in ihrer Titelgeschichte das Wiederaufleben von rechten Hooligans beschrieben. Eine solche Vertiefung über den politisch motivierten Streit in Fankurven hatte es in keinem etablierten Medium gegeben.

    "Ich glaube schon, dass wir auch Gedanken anstoßen, neue Thesen und Ideen reinbringen, die vielleicht so noch nicht diskutiert worden sind. Ich finde es total wichtig, dass Öffentlichkeit hergestellt wird. Dass rechte Neonazis in Fanszenen auch aus der Deckung geholt werden, sie treten ja nicht unbedingt als Neonazis auf, man sieht es ihnen ja nicht auf der Stirn geschrieben an. Und da haben natürlich Magazine, aber auch ganz normale Tageszeitungen, die nicht Fußball oder Fankultur im Schwerpunkt haben, eine Rolle, eine Verantwortung oder auch: eine Chance."

    Die ursprüngliche Auflage von Transparent wurde von 3000 Exemplaren auf 3500 erhöht, täglich werden Abonnements bestellt. Die Gründer suchen nach neuen Vertriebswegen, Redaktionsräume besitzen sie noch nicht, dafür viele Ideen.

    "Andere Projekte: Veranstaltungen, Vorträge, Lesungen, vielleicht mal einen Podcast, eine Radiosendung, vielleicht mal ein Buch. Es ist alles denkbar, aber klar wollen wir auch Geld damit verdienen. Also es ist ein Vollzeitprojekt, es ist unglaublich viel Arbeit. Rein aus ideellen Gründen lässt sich so ein Projekt nicht machen."

    Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für neue Magazine sind schlecht, doch das schreckt die Gründer von "Transparent" nicht ab. Pavel Brunßen studiert Soziale Arbeit in Düsseldorf, der Altersdurchschnitt der Redaktion liegt bei Mitte zwanzig. Mehr als zehn Jahre schreibt Brunßen nun Artikel über die Fankultur. Er ist sich sicher: das ist der Anfang.