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Fans in Bundesliga-Stadien
"Zeit von Großveranstaltungen längst vorbei"

In Zeiten von "galoppierenden Infektionszahlen" kritisiert Thomas Isenberg (SPD, Berliner Abgeordnetenhaus) Großveranstaltungen deutlich. Das sei parallel zu Einschränkungen in der Gastronomie und an Schulen nicht vermittelbar, sagte Isenberg im Dlf. Den Freizeitsport will er dagegen offen halten.

Thomas Isenberg im Gespräch mit Maximilian Rieger |
Eine Zuschauerin mit Maske im nahezu leeren Leipziger Stadion
Eine Zuschauerin mit Maske im nahezu leeren Leipziger Stadion (imago / Picture Point LE)
Knapp 9.000 Fans in Hannover und 5.000 Fans bei Union Berlin. Trotz hoher Inzidenzwerte hat es auch an diesem Wochenende noch Profi-Fußball unter den Augen von tausenden Fans gegeben. Rechtlich war das in Ordnung - denn sowohl Niedersachsen als auch Berlin schreiben in ihren Coronaschutzverordnungen keinen Inzidenz-Grenzwert für Großveranstaltungen vor.
Für Thomas Isenberg waren die Spiele trotzdem nicht angemessen. "Ich bin der Überzeugung, dass alle Bundesländer sicherstellen müssen und auch alle Kommunen, dass das nicht mehr passieren kann", sagt der gesundheitspolitische Sprecher der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus im Dlf über Sportveranstaltungen mit so vielen Fans.
Thomas Isenberg steht am Rednerpult.
Thomas Isenberg (SPD) spricht im Berliner Abgeordnetenhaus (picture alliance/Bernd von Jutrczenka/dpa)
Isenberg erklärt, dass die Intensivstationen in Berlin in vier bis sechs Wochen überflutet sein würden, wenn die aktuelle Entwicklung der Menge an Corona-Erkrankten anhalte. Er fordert daher strenge Kontaktbeschränkungen, um nicht in drei Wochen einen noch härtern Lockdown verhängen zu müssen. Die Entscheidungen von Gesundheitsämtern, die Zuschauermengen zuließen, nennt Isenberg "nicht haltbar".
Veranstaltungen mit Zuschauern "nicht vermittelbar"
"Ich bin der Meinung, dass die Landesparlamente hier mehr Verantwortung hier jetzt übernehmen können und auch müssen zukünftig, bei all den Maßnahmen, damit wir eine Rechtssicherheit haben in Deutschland", sagt Isenberg, der ausdrücklich die Entscheidung für die Zuschauer beim Union-Spiel nicht verteidigen möchte.
Fans von Union Berlin verfolgen das Spiel mit Abstand und Gesichtsmasken.
Fans von Union Berlin verfolgen das Spiel mit Abstand und Gesichtsmasken. (dpa-Pool/Andreas Gora)
Isenberg hält es für nicht vermittelbar, dass einerseits über verringerte Klassengrößen gesprochen werde, um den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten, und es Einschränkungen in der Gastronomie gebe, während andererseits in anderen Bereichen die Kontaktreduzierung nicht die Maxime sei.
"Bewegung wollen wir offen halten"
Isenberg lobt zwar die Hygienekonzepte in den Stadien. Die Zeit habe sich aber geändert, es gebe galoppierende Infektionszahlen und exponentielles Wachstum bei der Belegung im Krankenhaus. Angesprochen darauf, dass die Gesundheitsministerien bis jetzt keine Erkenntnisse darauf hätten, dass die bisherigen Spiele mit Fans Infektionsherde gewesen seien, erwiderte Isenberg, dass die Herkunft vieler Infektionen inzwischen nicht mehr immer nachvollziehbar sei. Der Einfluss von Veranstaltungen sei daher nicht klar.
Das Hauptziel sei es eher, Freizeitsport zu ermöglichen. In diesem Bereich hat es in den vergangenen Wochen vermehrt Infektionen gegeben, wie die Gesundheitsministerien dem Deutschlandfunk mitgeteilt haben.
Daher vermutet Isenberg, dass Indoorsport in Gruppen in den nächsten Wochen auch wieder reduziert und geschlossen werde. "Aber Bewegung wollen wir ja offen halten, so lange wie es geht." Die Wettbewerbe müssten aber wahrscheinlich vorerst ad acta gelegt werden. In Kleingruppen könne Sport eher möglich bleiben.