• Musikbeispiel: Hector Berlioz - Un bal: Valse (Ausschnitt) aus: Symphonie fantastique, op. 14
Und noch ein Jubiläum feiert die Musikwelt im Jahre 2003: den 200. Geburtstag des französischen Komponisten Hector Berlioz. Und es war Valery Gergiev, der aus diesem Anlass im Mai mit den Wiener Philharmonikern Berlioz’ wohl bekanntestes Werk, die Symphonie fantastique, für die Plattenfirma Philipps aufnahm. Die Produktion kam jetzt Ende Oktober auf den Markt.
Hector Berlioz stammte aus der Dauphiné und machte in Grenoble sein Abitur. Von seinem Vater berichtet ein Musiklexikon, dass er aus Liebhaberei als Arzt praktizierte, die Lektüre liebte und "mit Gelassenheit die Anwesenheit einer zänkischen Frau" ertrug. Und über den jungen Hector erfährt man an selber Stelle, dass er als Knabe auf Flöte und Gitarre improvisierte, viel las und auf Spaziergängen durch die Landschaft stundenlang träumen konnte. Hier sei auch, "unter dem zwiefachen Einfluss von Religion und Poesie", "seine romantische Seele" erwacht. Nun gut. Nach dem Abitur jedenfalls ging Berlioz nach Paris, quartierte sich im Quartier Latin ein und sollte nach dem Willen des Vaters Medizin studieren. Viel lieber jedoch besuchte er die Oper, bestaunte und kopierte Partituren in der Bibliothek des Konservatoriums und wurde schließlich Kompositionsschüler von Lesueur. Auseinandersetzungen mit der Familie waren vorprogrammiert, zumal Berlioz bald in arge Geldnöte geriet, weil er mit Krediten die offenbar musikalisch durchaus erfolgreiche Uraufführung einer eigenen Messe finanziert hatte. Ebenso unsterblich wie vergeblich verliebte er sich in eine Schauspielerin, die er in Shakespeare-Aufführungen im Odéon als Ophelia und Julia erlebt hatte. Die, wie gesagt, längst erwachte romantische Seele glühte, brodelte und kochte. In dieser Stimmung, entschlossen, dieses poetische Leben zu leben oder ins Nichts zu versinken, hört er zum ersten Mal Beethovens Sinfonien – völlig zerschmettert soll er danach jeweils gewesen sein.
All dieses und noch viel mehr spiegelt sich in der Symphonie fantastique wider, die Berlioz in diesen jungen Jahren verfasst hat: musikalischer Ausdruck romantischer Träume und Alpträume, tönendes Tagebuch eines ungestümen Lebens, klingendes Kaleidoskop einer aufgewühlten Gedankenwelt. Der Untertitel des Werkes "Episode aus dem Leben eines Künstlers" , die Überschriften der einzelnen Sätze und eine Reihe von Werkerläuterungen des Komponisten erleichtern das Verfolgen des außermusikalischen Programms. Mit einer gehörigen Portion romantischer Selbstironie erläutert Berlioz: "Ein junger Komponist von krankhafter Empfindsamkeit und glühender Fantasie hat sich in einem Anfall verzweifelten Liebeskummers mit Opium vergiftet. Die Dosis versenkt ihn in einen langen Schlaf, den die seltsamsten Visionen begleiten. Die Geliebte wird für ihn zu einer Melodie, zu einer "idée fixe", die er überall wieder findet und überall hört." Soweit Berlioz.
Das Werk beginnt mit den Träumen und Leidenschaften des jungen Komponisten, seltsam schwebend, schwankend zwischen Euphorie und Melancholie. Im 2. Satz, aus dem Sie vorhin einen Ausschnitt hörten, begegnet er der Geliebten bei einem Ball in festlichem Rahmen und im Walzertakt. Das darauf folgende Adagio, eine "Szene auf dem Land", könnte eine von Flötenspiel und Donnergrollen durchzogene Erinnerung an die heimatliche Alpenlandschaft von Berlioz’ Jugend sein. Danach lassen sich Realität und fiebriger Traum nicht mehr auseinanderhalten: Hat der Künstler seine Geliebte nun ermordet oder nicht? Drogenumnebelt jedenfalls sieht er sich beim makabren Marsch auf den Richtplatz, wo eine trompetenschmetternde selbstsicher-unerschütterliche Staatsmacht erbarmungslos und mit affirmativem Pomp das grausige Urteil vollstreckt.
• Musikbeispiel: Hector Berlioz - ’Marche au supplice’ aus: Symphonie fantastique, op. 14
Berlioz hatte der Partitur seiner Symphonie fantastique ein Zitat von Victor Hugo vorangestellt: "Das Buch meines Herzens hat jede Seite geschrieben...alles, was ich erlitten, alles, was ich versucht habe." Valery Gergiev und die Wiener Philharmoniker setzen alles daran, dem Hörer diese Herzensbotschaften in größter Eindringlichkeit zu übermitteln. Sie nehmen Berlioz’ jugendliche Gefühlsstürme sehr ernst. Mit höchster Musikalität, bewundernswerter technischer Perfektion gelingt ihnen eine selten dichte, von großer Leidenschaft geprägte Interpretation aus einem Guss. Werden Sie zum Schluss nun Zeuge eines ebenso grotesken wie beängstigend-unheimlichen Hexensabbats: Im Schluss-Satz der Sinfonie sieht sich der Künstler umringt von Ungeheuern und Gespenstern, die sich zu seinem Begräbnis versammelt haben - mit Totenglocken und dem berühmten "Dies irae", das von den Schrecken des Jüngsten Gerichts kündet.
• Musikbeispiel: Hector Berlioz - 5. Satz: 'Songe d’une nuit du Sabbat’ (Ausschnitt) aus: Symphonie fantastique, op. 14
Die Neue Platte – heute mit einer fantastischen Neuproduktion der Symphonie fantastique von Hector Berlioz. Valery Gergiev dirigierte die Wiener Philharmoniker. Neben der Sinfonie bietet diese Philipps-Produktion übrigens noch Berlioz’ Lyrische Szene "La Mort de Cléopâtre". Im Studio verabschiedet sich Ludwig Rink.
CD :
Titel: Hector Berlioz - "Symphonie fantastique", op. 14
Orchester: Wiener Philharmoniker
Leitung: Valery Gergiev
Label: Philips
Labelcode: LC 00305
Bestellnr.: 475 095-2
Und noch ein Jubiläum feiert die Musikwelt im Jahre 2003: den 200. Geburtstag des französischen Komponisten Hector Berlioz. Und es war Valery Gergiev, der aus diesem Anlass im Mai mit den Wiener Philharmonikern Berlioz’ wohl bekanntestes Werk, die Symphonie fantastique, für die Plattenfirma Philipps aufnahm. Die Produktion kam jetzt Ende Oktober auf den Markt.
Hector Berlioz stammte aus der Dauphiné und machte in Grenoble sein Abitur. Von seinem Vater berichtet ein Musiklexikon, dass er aus Liebhaberei als Arzt praktizierte, die Lektüre liebte und "mit Gelassenheit die Anwesenheit einer zänkischen Frau" ertrug. Und über den jungen Hector erfährt man an selber Stelle, dass er als Knabe auf Flöte und Gitarre improvisierte, viel las und auf Spaziergängen durch die Landschaft stundenlang träumen konnte. Hier sei auch, "unter dem zwiefachen Einfluss von Religion und Poesie", "seine romantische Seele" erwacht. Nun gut. Nach dem Abitur jedenfalls ging Berlioz nach Paris, quartierte sich im Quartier Latin ein und sollte nach dem Willen des Vaters Medizin studieren. Viel lieber jedoch besuchte er die Oper, bestaunte und kopierte Partituren in der Bibliothek des Konservatoriums und wurde schließlich Kompositionsschüler von Lesueur. Auseinandersetzungen mit der Familie waren vorprogrammiert, zumal Berlioz bald in arge Geldnöte geriet, weil er mit Krediten die offenbar musikalisch durchaus erfolgreiche Uraufführung einer eigenen Messe finanziert hatte. Ebenso unsterblich wie vergeblich verliebte er sich in eine Schauspielerin, die er in Shakespeare-Aufführungen im Odéon als Ophelia und Julia erlebt hatte. Die, wie gesagt, längst erwachte romantische Seele glühte, brodelte und kochte. In dieser Stimmung, entschlossen, dieses poetische Leben zu leben oder ins Nichts zu versinken, hört er zum ersten Mal Beethovens Sinfonien – völlig zerschmettert soll er danach jeweils gewesen sein.
All dieses und noch viel mehr spiegelt sich in der Symphonie fantastique wider, die Berlioz in diesen jungen Jahren verfasst hat: musikalischer Ausdruck romantischer Träume und Alpträume, tönendes Tagebuch eines ungestümen Lebens, klingendes Kaleidoskop einer aufgewühlten Gedankenwelt. Der Untertitel des Werkes "Episode aus dem Leben eines Künstlers" , die Überschriften der einzelnen Sätze und eine Reihe von Werkerläuterungen des Komponisten erleichtern das Verfolgen des außermusikalischen Programms. Mit einer gehörigen Portion romantischer Selbstironie erläutert Berlioz: "Ein junger Komponist von krankhafter Empfindsamkeit und glühender Fantasie hat sich in einem Anfall verzweifelten Liebeskummers mit Opium vergiftet. Die Dosis versenkt ihn in einen langen Schlaf, den die seltsamsten Visionen begleiten. Die Geliebte wird für ihn zu einer Melodie, zu einer "idée fixe", die er überall wieder findet und überall hört." Soweit Berlioz.
Das Werk beginnt mit den Träumen und Leidenschaften des jungen Komponisten, seltsam schwebend, schwankend zwischen Euphorie und Melancholie. Im 2. Satz, aus dem Sie vorhin einen Ausschnitt hörten, begegnet er der Geliebten bei einem Ball in festlichem Rahmen und im Walzertakt. Das darauf folgende Adagio, eine "Szene auf dem Land", könnte eine von Flötenspiel und Donnergrollen durchzogene Erinnerung an die heimatliche Alpenlandschaft von Berlioz’ Jugend sein. Danach lassen sich Realität und fiebriger Traum nicht mehr auseinanderhalten: Hat der Künstler seine Geliebte nun ermordet oder nicht? Drogenumnebelt jedenfalls sieht er sich beim makabren Marsch auf den Richtplatz, wo eine trompetenschmetternde selbstsicher-unerschütterliche Staatsmacht erbarmungslos und mit affirmativem Pomp das grausige Urteil vollstreckt.
• Musikbeispiel: Hector Berlioz - ’Marche au supplice’ aus: Symphonie fantastique, op. 14
Berlioz hatte der Partitur seiner Symphonie fantastique ein Zitat von Victor Hugo vorangestellt: "Das Buch meines Herzens hat jede Seite geschrieben...alles, was ich erlitten, alles, was ich versucht habe." Valery Gergiev und die Wiener Philharmoniker setzen alles daran, dem Hörer diese Herzensbotschaften in größter Eindringlichkeit zu übermitteln. Sie nehmen Berlioz’ jugendliche Gefühlsstürme sehr ernst. Mit höchster Musikalität, bewundernswerter technischer Perfektion gelingt ihnen eine selten dichte, von großer Leidenschaft geprägte Interpretation aus einem Guss. Werden Sie zum Schluss nun Zeuge eines ebenso grotesken wie beängstigend-unheimlichen Hexensabbats: Im Schluss-Satz der Sinfonie sieht sich der Künstler umringt von Ungeheuern und Gespenstern, die sich zu seinem Begräbnis versammelt haben - mit Totenglocken und dem berühmten "Dies irae", das von den Schrecken des Jüngsten Gerichts kündet.
• Musikbeispiel: Hector Berlioz - 5. Satz: 'Songe d’une nuit du Sabbat’ (Ausschnitt) aus: Symphonie fantastique, op. 14
Die Neue Platte – heute mit einer fantastischen Neuproduktion der Symphonie fantastique von Hector Berlioz. Valery Gergiev dirigierte die Wiener Philharmoniker. Neben der Sinfonie bietet diese Philipps-Produktion übrigens noch Berlioz’ Lyrische Szene "La Mort de Cléopâtre". Im Studio verabschiedet sich Ludwig Rink.
CD :
Titel: Hector Berlioz - "Symphonie fantastique", op. 14
Orchester: Wiener Philharmoniker
Leitung: Valery Gergiev
Label: Philips
Labelcode: LC 00305
Bestellnr.: 475 095-2